Mach sie fertig
ganze Zeit eiskalt.
Mahmud antwortete: »Nein, wer von beiden ist der heißere Kandidat?«
»Der Holländer, ich hab vierzig Riesen auf den Holländer gesetzt. Er hat Dynamit in den Händen.«
Das Publikum war voller Erwartung. Mahmud war nicht ganz unbedarft. Manchmal guckte er Eurosport, und die Fighter im Fernsehen zu sehen sorgte für Adrenalinschübe.
Der Rumäne hatte eine blendende Technik, Speed, Timing und Beinarbeit. Heftige Roundkicks und Sprungkicks à la Bruce Lee. Die Schlagserien schnell wie bei Keanu Reeves in
Matrix
. Er parierte auf Weltklasseniveau. Es war kein dummes Gerede – Stefanovic würde seine Knete verlieren.
Die Überlegenheit hielt an, bis die erste Runde zu Ende war.
Die Musik setzte ein. Gangster-Rap auf höchster Lautstärke. Die Coaches kühlten die Gesichter der Kämpfer. Schmierten sie mit Vaseline ein, so dass die Schläge besser abglitten. Eine Braut glitt diagonal über den Boden des Rings. Hielt ein Schild hoch mit einer Zwei drauf.
Der Gong ertönte. Die Kämpfer traten in den Ring. Hielten einige Sekunden inne. Dann ging es wieder los. Der Rumäne imponierte weiterhin. Platzierte einen perfekten Roundkick gegen Fuentes’ Kopf. Der Kerl ging in die Knie. Der Ringrichter begann zu zählen.
Eins, zwei.
Das Publikum brüllte.
Der Speichel des Holländers: wie der Faden eines Spinnennetzes von seinem Mund runter in Richtung Boden.
Drei, vier.
Mahmud hatte schon viele Kämpfe in seinem Leben gesehen. Aber der hier – perfekt.
Fünf, sechs.
Fuentes kam auf die Füße. Langsam.
Das Publikum johlte.
Noch wenige Sekunden bis zum Ende der zweiten Runde. Die Schläge hallten. Der Rumäne versuchte, drei Schläge zu platzieren. Der Holländer senkte das Kinn, hielt beide Handschuhe vors Gesicht. Hielt sich schadlos.
Mahmud schielte rüber zu Stefanovic. Der Jugo wahrte seine steinerne Fassade. Nicht mal ein Anflug von Panik über seine vierzig Riesen, die gerade dabei waren, mit der Klospülung versenkt zu werden.
Die dritte Runde begann.
Irgendwas war passiert. Die Tritte des Rumänen kamen wie in Slowmotion. Er sah müde aus. Doch Mahmud konnte das Ganze aus größerer Nähe als die meisten anderen beobachten – der Kerl war nicht mal kurzatmig. Das hier musste ein Bluff sein. War das wirklich möglich? Vor zwei Minuten noch die absolute Oberhand gehabt und jetzt sah es aus, als stünde er kurz davor, ausgezählt zu werden. Er musste doch irgendwie reagieren.
Das Ganze war lächerlich. Kam ihm vor wie ’n amerikanisches Wrestlingmatch.
Mahmud musste beinahe laut loslachen. Obwohl es nur ein Scheinmatch war, würde Stefanovic reich werden – und sein Chef, R, wahrscheinlich noch reicher.
Der Gong ertönte. Vorbei. Der Rumäne hielt sich mit Mühe und Not auf den Beinen. Der Schiedsrichter nahm die Handschuhe beider in Empfang.
Hob Fuentes’ Arm hoch.
Zum ersten Mal wandte Stefanovic sich Mahmud zu. Sein Lächeln reichte kaum bis zu seinen Lippen – aber in seinen Augen blitzte es.
»Okay, wir reden gleich übers Geschäft. Der nächste Kampf wird ein richtiger Superfight. Das sind Giganten, Supermänner. Wegen den beiden sind sie alle hergekommen. Wenn sich alle Aufmerksamkeit auf den Kampf richtet und keiner uns hört, dann reden wir. Kapiert?«
Mahmud kapierte. Bald würde er seine Chance bekommen. Wenn Gürhan, dieser Homo, das wüsste. Mahmud war dabei, mit den Jugos einen Deal zu machen.
Eine halbe Stunde später: Es ging los. Mahmud saß auf seinem Platz und wartete. In der Pause war er umhergegangen. Hatte Bekannte begrüßt, mit den Jungs aus dem Studio gequatscht. Die Leute freuten sich, ihn wieder draußen zu sehen. »Willkommen zurück, Hänfling. Jetzt ist es an der Zeit, loszulegen und es zu was zu bringen.« Sie hatten recht – der Knast war kein geeigneter Ort zum Trainieren. Eigentlich hätte es perfekt sein können: viel Zeit, kein Alkohol, kein Fastfood. Doch da drinnen konnte man keine Diäten machen, nicht mal Nahrungsergänzungsmittel konnte man im Kiosk des Gefängnisses kaufen. Plus: Das Studio in Asptuna war langweilig. Aber der größte Unterschied war, dass es da drinnen einfach nicht dasselbe war. Der Knast nahm einem die Lust. Mahmud hatte zwanzig Kilo abgenommen.
Die Jugos besaßen den richtigen Drive für ihn. Er wollte nach oben – er
würde
nach oben kommen. Ein halbes Jahr im Knast konnte ihn nicht aufhalten. Keine Chance, dass er auf der Ersatzbank sitzen bliebe. Und alle, die nach oben wollten,
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