Mach sie fertig
Tür zum Gewölbe stand entgegen der geltenden Vorschriften bei Cargo Logistics offen, wodurch den Räubern unmittelbarer Zutritt zu dem offenstehenden Gewölbe ermöglicht wurde, als sie durch die offenstehende Feuerschutztür in die Lagerhalle eindrangen.
( III ) Cargo Logistics hat es unterlassen, die geltenden Sicherheitsbestimmungen zu befolgen und das Videoband der Überwachungskamera in dem Teil der Lagerhalle, in dem der Raub stattfand, rechtzeitig auszuwechseln, wodurch der Raub nicht aufgezeichnet werden konnte.
( IV ) Es handelt sich um ein kommerzielles Vertragsverhältnis, so dass die Anforderungen an die Organisation, Sicherheit und Professionalität von Cargo Logistics einem hohen Standard entsprechen sollten.
(V) Es ist umfangreicher Schaden entstanden.
Stockholm
Roger Holmgren
11
Niklas trainierte nach der Joggingrunde noch in der Wohnung. Die Routine war sein Antrieb. Seine Philosophie: Jegliches Training basiert auf Gewohnheit, Wiederholung, Repetition. Viermal fünfzig Push-ups im Wechsel mit diversen Beinübungen. Vier Durchgänge mit Hanteln für den Bizeps im Wechsel mit viermal sechzig Sit-ups. Er schwitzte wie ein Schwein in einem Militärzelt. Dehnte ausgiebig. Wollte die Geschmeidigkeit der Muskeln erhalten. Ruhte sich fünfzehn Minuten lang auf dem Sofa aus.
Stand wieder auf. Zeit für den Höhepunkt – Kata des Tanto Jitsu, Kampf mit Messern. Mit dem Joggen bezweckte er, sich selbst zu testen, Kondition zu bekommen und Fett zu verbrennen. Die Liegestütze und das Muskeltraining waren notwendig, um die Kraft zu erhalten und einigermaßen okay auszusehen. Er gab es ohne weiteres zu: Er war ziemlich eitel. Aber Tanto Jitsu diente einem anderen Zweck: der Entspannung und des Empfindens von Macht. Er konnte sich stundenlang damit beschäftigen. Es war wie Meditation. Er vergaß alles um sich herum. Versank in sich selbst. In den Bewegungen. In der Konzentration auf das Messer. Den Schwüngen, Schrittabfolgen. Stößen.
Er hatte die verschiedenen Techniken vor sechs Jahren von einigen Eliteoffizieren einer Einheit gelernt, mit der er in Afghanistan zusammenarbeitete. Seitdem trainierte er, so oft er konnte. Er brauchte Platz für die Bewegungsabläufe, wie beim Tanzen. Im Feld funktionierte es nicht immer. Aber hier, die leere Wohnung war geradezu wie geschaffen für Nahkampftechniken.
Zuerst stillstehen. Die Fersen aneinandergedrückt. Die Füße schräg nach außen gerichtet, bildeten sie einen Neunziggradwinkel. Die Arme langgestreckt vor dem Körper. Das Messer in der rechten Hand, der Daumen ruhte auf der glatten Seite der Klinge. Die linke Hand mit lockerem Griff über der rechten. Den Kopf gesenkt, das Kinn zum Hals gezogen. Tiefe Atemzüge durch die Nase. Dann der Angriff. Sämtliche Muskeln explodierten. Ein Schritt vor mit dem rechten Bein. Den Schwerpunkt weit unten. Ausatmen durch den Mund. Sauerstoff und Muskeln füllten den Bauchraum aus. Wichtig: keine ausladenden Bewegungen – dann sieht dein Gegner sofort, was du vorhast. Das Messer stach mit voller Kraft zu. Er drehte es in der Rückwärtsbewegung.
Er führte
die Kata
mit absoluter Konzentration durch.
Diese dauerte viereinhalb Minuten. Jede der Bewegungen hatte er schon mindestens fünfhundertmal einzeln geübt. Bauchstöße. Die Technik des Aufschlitzens. Die Chop-chop-Methode.
Ursprünglich handelte es sich um eine japanische Technik. Aber die Soldaten, die sie ihm in Afghanistan beibrachten, hatten sie verändert und erweitert. Die unterschiedlichen Techniken
der Kata
deckten die verschiedensten Anwendungsbereiche ab. Enge Räume wie Fahrstühle, Gefängniszellen und Toiletten. Es gab Techniken für Nahkämpfe in Autos, auf Schiffen, in Flugzeugen. Für heikles Terrain, Kämpfe in dichter Vegetation, auf glattem Untergrund, auf freiem Feld. Techniken fürs Wasser, wo die Langsamkeit der Bewegungen ganz neue Möglichkeiten eröffnete, den nächsten Schritt des Gegners vorherzusehen, Nahkampf auf der Treppe – spezielle Abwehrtechniken für Schläge oder Stöße von schräg oben. Solange Niklas ein Messer bei sich trug, brauchte er, was seine unmittelbare Umgebung betraf, niemals Angst zu haben.
Und dennoch: Da unten im Sandkasten war Angst ein gesundes Zeichen. Die Männer, die während eines Kampfes nicht einmal mehr einen Anflug von Angst verspürten, verloren oftmals die Kontrolle. Die Branche der Söldner tolerierte keine ausgemachten Dummköpfe. Sie konnten gleich nach Hause
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