Machen Sie das Beste aus Ihrem Kopf
Kontaktfreudigkeit verursacht oder ob sich bei warmherzigen und kontaktfreudigen Menschen mit der Zeit mehr graue Zellen an diesen Stellen bilden, ist noch unklar. 6
Die Beteiligung unterschiedlicher kognitiver Fähigkeiten im sozialen Miteinander mit anderen Menschen wurde bereits mehrfach erforscht und nachgewiesen. Gesellig lebende Menschen mit vielen Sozialkontakten verfügen danach in der Regel über eine größere geistige Fitness als isoliert lebende Menschen. Sind sozial aktive Menschen auch geistig aktivere Menschen oder bedingt eine hohe geistige Leistungskraft ein größeres Interesse auch an sozialen Kontakten? Einen direkten und ursächlichen Einfluss von sozialer Interaktion auf das Ausmaß der geistigen Fähigkeiten konnte erstmalig Oscar Ybarra von der University of Michigan 2008 nachweisen. Von 3600 Menschen im Alter von 24 bis 96 Jahren wurde das Ausmaß ihrer sozialen Kontakte erhoben. Sie wurden gefragt, wie oft sie mit Freunden, Bekannten, Kollegen und Verwandten Kontakt haben und wie oft sie sich miteinander trafen.Gleichzeitig wurden ihre kognitiven Leistungsdaten anhand von Fragen zum Allgemeinwissen und Tests zur Kapazität des Kurzzeitgedächtnisses erhoben. Es stellte sich heraus, dass über alle Altersgruppen hinweg die geistige Leistungsfähigkeit umso höher ist, je aktiver soziale Kontakte gepflegt werden. 7 Geselligkeit erhöht die geistige Leistungsfähigkeit. Man sollte also das besonders den Frauen nachgesagte größere Kommunikationsbedürfnis durchaus nicht belächeln – sondern dieses pflegen!
Die Richtung der ursächlichen Beeinflussung ist auch nach diesen Untersuchungsergebnissen nicht klar. Bringt Geselligkeit mehr Geisteskraft? Zieht eine größere Geisteskraft automatisch mehr Geselligkeit nach sich? Sind gesundheitsorientiert und aktiv lebende Menschen sowohl geselliger als auch geistig fitter?
Eine zweite Studie brachte hierzu jedoch wichtige Erkenntnisse. Eine Gruppe junger Erwachsener wurde auf ihre geistige Leistungsfähigkeit getestet. Erhoben wurden die Schnelligkeit, mit der sie Informationen aufnehmen und verarbeiten konnten, sowie Daten über die Speicherkapazität ihres Kurzzeitgedächtnisses. Eine Gruppe durfte vor der Erhebung der Daten 10 Minuten mit anderen über ein Thema diskutieren. Eine zweite Gruppe beschäftigte sich 10 Minuten mit Denkaufgaben und logischen Rätseln. Eine dritte Gruppe sah sich 10 Minuten einen Film an. Sowohl diejenigen, die sich vorher mit Denksportaufgaben beschäftigt hatten, als auch diejenigen, die angeregt miteinander kommuniziert hatten, zeigten deutlich bessere Leistungsergebnisse als diejenigen, die nur passiv einen Film gesehen hatten. Damit war erstmalig klar, dass soziale Kontakte direkt zu einer höheren geistigen Leistungskraft führen. Der positive Effekt ist sogar leicht größer als der Effekt von kognitiven Trainingsaufgaben. Die Sequenz von 10 Minuten zeigt auch, dass bereitskleine Einheiten von unmittelbaren Kontakten zu positiven Ergebnissen führen. 8 Wir müssen also nicht immer die große Party planen, wenngleich auch das natürlich Spaß macht. Der kleine Small Talk zwischendurch mit dem Kollegen beim Kaffee, mit der Nachbarin, mit der Freundin am Telefon oder mit der Verkäuferin, dem Kellner oder dem Briefträger reicht schon aus, um etwas für die grauen Zellen zu tun. Betreten Sie doch das nächste Mal einfach mit einem fröhlichen »Guten Tag« den Aufzug und erkundigen Sie sich nach der Befindlichkeit der anderen Fahrstuhlbesucher. Das führt zunächst sicher zu einiger Verunsicherung. Der eine oder andere ist aber vielleicht auch erfreut und geht auf die kurze Gesprächsmöglichkeit ein. Bei Reisen in den USA habe ich diese schnellen und unverbindlichen Kontaktaufnahmen überall im Alltag stets als überaus angenehm und anregend empfunden.
Warum wirken soziale Kontakte so positiv auf unsere geistige Fitness? Sicher hat das etwas damit zu tun, dass unser Gehirn bei der sozialen Interaktion auf vielen verschiedenen Ebenen gefordert ist. Viele unterschiedliche geistige Prozesse sind beteiligt und die Vernetzung im Gehirn wird gefördert. Schon von frühester Kindheit an lernen wir mithilfe der sogenannten Spiegelneuronen durch »Abgucken« von anderen Menschen. Jeder Mensch ist einzigartig und gibt uns Impulse für neue neuronale Verknüpfungen in unserem Gehirn. Schon bei einer simplen Unterhaltung über das Wetter passiert eine ganze Menge in unserem Kopf. Das Gehirn stellt fest, ob wir den
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