Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Machen Sie sich frei Herr Doktor!

Machen Sie sich frei Herr Doktor!

Titel: Machen Sie sich frei Herr Doktor! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Gordon
Vom Netzwerk:
abend von Ihnen, als ich sie vor diesem — vor diesem Hundeschursalon traf. Trotzdem muß ich sagen, ich hatte nicht erwartet, daß ein Geistlicher der Anglikanischen Hochkirche im Unterhemd in mein Büro kommt.«
    Reverend Becket ließ sich nicht einschüchtern. »Die Jünger hatten niemals neue Kleider an.«
    »Möglich. Aber sie hatten auch kein Warenhaus wie Marks and Spencers um die Ecke.«
    Unsicher, wie er sich verhalten solle, ordnete der Dean zerstreut die Papiere auf seinem Schreibtisch. Er wollte sich keinesfalls in die Angelegenheiten des Spitalsgeistlichen einmischen. Ja er hoffte zuversichtlich, abgesehen vom Weihnachtsgottesdienst jeden Kontakt mit ihm vermeiden zu können. Anderseits konnte er nicht dulden, daß ein Funktionär des Krankenhauses durch die funkelnagelneuen Abteilungen in einer Hose spazierenging, die den Waschautomaten zweifellos zu oft gesehen hatte. »Wenn Sie etwa knapp an Geld sind - sicher spenden Sie großzügig für die Armen -, die Sozialarbeiter des Spitals haben eine kleine Garderobe aus den Beständen verstorbener Patienten«, schlug er vor; »Sie werden sehen, daß die Sachen in gutem Zustand und gründlich desinfiziert sind.«
    »Die Lebenden scheinen mehr der Wohltätigkeit zu bedürfen als die Toten, nicht wahr?«
    Der Dean fing den Blick des Geistlichen auf und fühlte sich so ungemütlich, als müsse er sich mühevoll durch die zehn Gebote durchackern. »Ich nehme an, Sie kennen Ihre Aufgaben hier. Ich kenne sie nicht. Aber sicher gibt es ein offizielles Zirkular des Gesundheitsministeriums zum Thema Krankenhauskaplan. Es gibt Zirkulare über jedes Thema.«
    Reverend Becket lächelte milde. »Glauben Sie nicht, ich sollte mich von Gottes Wort leiten lassen?«
    »Nach Ansicht des Ministeriums sind die beiden synonym«, erwiderte der Dean kurz. Er strich ein Papier glatt. »Doch wie immer Ihre Pflichten sein mögen, bestimmt sind sie dringend. Also möchte ich Sie nicht länger aufhalten. Bitte lassen Sie in den Krankensälen keine Hymnen singen. Die Krankenschwestern scheinen das nicht zu schätzen. Guten Morgen.« Als seine Sekretärin zurückkehrte, nachdem sie Mr. Becket hinausbegleitet hatte, erklärte der Dean mit bebender Stimme: »Das war der Nachfolger des alten Nosworthy.«
    Sie schnappte kurz nach Luft. »Er sieht aus, als hätte er im Park geschlafen.«
    »Leicht möglich. Es ist ein Jammer, wie diese langhaarigen Streuner alles infiltrieren - sogar die Kirche. Vielleicht bin ich altmodisch, jedenfalls wurde ich dazu erzogen, von einem Geistlichen zu erwarten, daß er einen weißen Kragen trägt, gut Kricket spielt und Gott nur sonntags erwähnt. Nehmen Sie bitte zur Kenntnis, Miss Duffin, daß ich diesen himmlischen Hippie nicht mehr sehen möchte. Unter keinen wie immer gearteten Umständen. Ist das klar?«
    »Absolut, Sir Lionel.«
    »Und sollte ich das Pech haben, einmal hier zu sterben, dann bitte ich Mr. Nosworthy aus Whitstable zurückzurufen, damit er mich begräbt.«

6

    An diesem Abend eilte der Dean kurz nach halb sieben in sein Haus in der Lazar Row, ließ Aktentasche und schwarzen Homburg im Vorzimmer, ging zielstrebigen Schrittes ins Wohnzimmer und öffnete mit einem Schlüssel, den er stets bei sich trug, ein kleines Eckkästchen. Er entnahm ihm eine Karaffe mit Sherry und zwei Gläser. Plötzlich hielt er inne. Schweiß brach auf seinem Nacken aus. Angenommen, beim königlichen Einzug öffnete sich die automatische Glastür nicht? Angenommen, die anderen waren bereits im Gebäude — alle Honoratioren und er selbst, das Kissen mit dem goldenen Schlüssel vor sich haltend -, und Ihre Majestät machte verzweifelte Zeichen, hineingelassen zu werden? Er beschloß, dem Spitalstechniker Anweisung zu geben, die Tür für die Zeremonie offenzulassen. Bestimmt gab es einen Mechanismus dafür. Aber angenommen, stellte er sich mit Entsetzen vor, dem Gebäude gelang es mit seiner üblichen Bosheit, die Tür just in dem Augenblick zufallen zu lassen, in dem Ihre Majestät durchging? Um sie der Länge nach in zwei Majestäten zu teilen?
    Ihn schauderte.
    »Lionel! Was ist geschehen?«
    Er sah Josephine auf der Türschwelle stehen und ihn besorgt anblicken. »Nichts, gar nichts. Ich hatte einen anstrengenden Tag, das ist alles.«
    »Ich auch. Verbrachte einen qualvollen Nachmittag mit der Liga der Freunde von St. Swithin. Ich glaube, heute abend brauche ich einen Whisky.«
    »Whisky? Est-ceque vous croyez que je suis construit d’argent ?« Seine Frau

Weitere Kostenlose Bücher