Machen Sie sich frei Herr Doktor!
zusammenzupassen«, sagte Josephine.
»Oh, man gewöhnt es sich ganz leicht ab, sich in der Öffentlichkeit Dinge an den Kopf zu werfen.« Auberon leerte sein zweites Glas und reichte es Faith zum Nachfüllen. »Aber heute morgen behauptete sie, ich schriebe Kitschromane. Kitschromane! >Die Bordelle des Geistes< ein Kitschroman! Ebensogut könnte man behaupten, Lady Chatterley sei ein Lehrbuch für Wildhüter. Ich gebe gern zu, daß die Zeiten vorbei sind, wo man Schriftsteller auf der Straße erkannte. Und wo man besonders gute Gerichte in besonders guten Restaurants nach ihnen benannte, wie zum Beispiel Schellfisch Arnold Bennett - Schellfisch mit Paprika, eher widerlich.«
Er schüttete ein weiteres Glas Whisky hinunter. »Es ist bedauerlich, aber wer heutzutage Romane schreibt, ist ein armseliger Heimarbeiter.«
»Aber, Auberon, deine Bücher sind doch nur für die einfühlsamsten Leser bestimmt«, tröstete ihn Josephine.
»O ja. Sie könnten alle miteinander in einer mittelgroßen Bar ein Seminar über meine Arbeiten abhalten. Außerdem beziehen diese Kreaturen meine Bücher sowieso aus der Bibliothek. Und man kann es ihnen nicht einmal übelnehmen«, fuhr er plötzlich mit trauriger Resignation fort. »Wer würde den Preis von einigen Flaschen Gin für ein gebundenes Buch ausgeben, wenn man es sechs Monate später als Taschenbuch für den Preis eines Glases Bier bekommt? Ich glaube, meine Schmerzen kommen wieder.«
»Faith, gib deinem Onkel noch einen Drink.«
»Aber Samantha, die hat es geschafft«, fuhr Auberon fort. »Seit sie im Fernsehen auftritt, wird sie von Guildford gefeiert. Von mir nimmt niemand Notiz. Ich bin bloß ihr Mann. Mr. Samantha Dougal. Wie bereits eine Reihe von Leuten feststellte - von John Wesley bis J. Arthur Rank -, kann die öffentliche Moral in diesem Land ein gutes Geschäft sein. Überdies spricht Samantha unaufhörlich von der Heiligkeit der Ehe. Ich habe genug von dieser verdammten Heiligkeit. Bei ihr frage ich mich immer, ob ich ins Bett oder in die Kirche gehe. Und jetzt kommt sie mir auch noch mit selbst gezüchtetem, selbst gemahlenem Brotgetreide, Rosenblätterjam und biologisch zuträglicher Minze.« Er rülpste laut. »So, jetzt ist mir besser. Kann ich noch einen Whisky haben?«
»Du hast dich schändlich gegen die arme Samantha benommen«, sagte der Dean unvermittelt. Jeder starrte ihn an. »Ich wollte sagen, nichts ist geheimnisvoller als die ehelichen Krisen anderer Menschen«, fügte er vage hinzu.
»Fühlst du dich kräftig genug, ein wenig Nahrung zu dir zu nehmen, Auberon?« fragte Josephine und glättete die Schöße seines pflaumenblauen Jacketts. »Du mußt mit deinen Kräften haushalten, was für Krisen auch immer in Guildford ausbrechen.«
Der Autor sah schon etwas munterer aus. »Vielleicht könnte ich ein kleines Dinner vertragen. Nichts Schweres natürlich. Ich aß mit meinem Verleger im Ritz - ein außerordentlich guter Lunch.«
»Im Ritz Hotel«, brummte der Dean, »was für ein Luxus.«
»Alle Verleger Londons speisen im Ritz Hotel«, klärte ihn Auberon auf. »Es ist ein Stammesinstinkt.«
»Es wird nett sein, zur Abwechslung einmal ein intellektuelles Gespräch zu führen.« Josephine stand auf. »Und die Liga der Freunde von St. Swithin wird ganz aufgeregt sein, wenn sie hören, daß du bei uns wohnst. Manche von ihnen sind nämlich literarisch sehr interessiert und gehen regelmäßig zu den Foyle-Lunches im Dorchester Hotel. Dort haben sie die Gewißheit, nur wirklich respektable Schriftsteller kennenzulernen. Lionel, du könntest Samantha anrufen und ihr die Situation erklären.«
Der Dean sprang auf. »Warum ausgerechnet ich?«
»Du behauptest doch immer, die Hälfte der medizinischen Kunst bestehe darin, die Beziehungen zwischen anderen Menschen zu ebnen. Offensichtlich ist der arme Auberon dazu nicht imstande. Er ist emotionell erschöpft.«
»Stimmt«, pflichtete Auberon bei. »Übrigens vergaß ich - ich habe ein Taxi vor der Tür warten lassen. Kann jemand es bezahlen? Für mich ist bestimmt jede Bewegung gefährlich.«
»Natürlich, Auberon. Faith, nimm dir Geld aus meiner Handtasche.«
Der Dean blickte himmelwärts. »Anscheinend sind alle fou geworden.«
Er fühlte sich verwirrt, irritiert und isoliert. Wie ruft man eine Dame an, die man bewundert und respektiert, um ihr mitzuteilen, daß ihr Wurm von einem Gatten aus dem ehelichen Joch gekrochen ist? Und wie wird man den Mann selbst los? Wie verhindert man, daß er
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