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Machen Sie sich frei Herr Doktor!

Machen Sie sich frei Herr Doktor!

Titel: Machen Sie sich frei Herr Doktor! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Gordon
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sämtliche Whiskyflaschen leert und einen an den Rand des Ruins treibt? Wie sagt man seiner Frau nachdrücklich, daß man nicht vergessen hat, wie dieser liebe Bruder einem die Hose verbrannte, während man die Hochzeitsrede hielt? Und daß seine Bücher bloß ein Haufen Kuhmist sind? Wenn er nur einen Freund hätte - einen vernünftigen guten Freund -, an den er sich um Rat wenden könnte... Der Dean schluckte. Niemals hätte er sich vorstellen können, daß er Sir Lancelot vermissen würde.
    Etwa drei Stunden später lehnte Sir Lancelot Spratt in weißem Smoking an der Schiffsreling und blickte über das mondbeschienene Wasser. Er lauschte dem leisen Plätschern der Wellen und den fernen Klängen eines altmodischen Walzers, die aus dem Hintergrund an sein Ohr drangen. In seiner Linken hielt er ein bauchiges Kognakglas und in seiner Rechten das einer vollbusigen, wundervoll frisierten Dame, deren Diamanten in der Märchenbeleuchtung des Schiffes funkelten.
    »Sir Lancelot, welchen Beruf haben Sie?« Er spürte, daß in ihrer Neugier ein schmeichelhafter Anflug von Erregung lag. »Als Sie heute morgen in Teneriffa an Bord kamen, waren Sie von Geheimnis umgeben.«
    »Ich bin Farmer, Mrs. Yarborough.«
    »Nennen Sie mich Dulcie. Es gehört zu den reizvollen Seiten des Bordlebens, daß man so rasch Freundschaft schließt, finden sie nicht auch? Und überdies werde ich nicht mehr lang Mrs. Yarborough sein.«
    »Ach?«
    »Nein, meine Scheidung tritt an dem Tag in Kraft, an dem wir den Äquator überqueren. Ist das nicht ein Zufall? Also Sie sind Farmer. Das hätte ich erraten können. Ich kann mir gut vorstellen, wie Sie im Morgengrauen durch Ihre wogenden Weizenfelder schreiten.« - »Ich bin Schweinezüchter.«
    Das brachte sie für einen kurzen Augenblick zum Schweigen. »Das muß sehr interessant sein.«
    Sir Lancelot führte sein Glas mit einer Hand, die zwanzigtausend Mägen untersucht hatte, an die Lippen. »Wußten Sie, wie viele Krankheiten ein Schwein bekommen kann, Dulcie? Ganz abgesehen vom Schweinefieber kann es von drei völlig unterschiedlichen Wurmarten befallen werden.«
    »Es tut mir leid, aber ich hatte bisher wenig Kontakt mit kranken Schweinen«, sagte sie lustlos.
    »Es gibt einen großen Rundwurm - ascarislumbricoides. Dann natürlich den Lungenwurm. Und den roten Bauchwurm, der zwar klein ist, aber immer in großen Mengen gefunden wird. Soll ich Ihnen die Symptome beschreiben?«
    »Nein, ich... ich nehme an, Sie sind auf diese Kreuzfahrt gegangen, um einen Tapetenwechsel zu genießen.«
    »Wie recht Sie haben«, stimmte er herzlich bei. »Mein Schweinehirt litt die ganze Woche hindurch unter Depressionen und Samstag unter Alkoholismus, bis letztes Wochenende eines zum anderen kam und er sich im Schweinestall erhängte. So habe ich die Schweine an die Wurstverarbeitung verkauft und fuhr ab.«
    »Ach, wie schrecklich.« Dulcie Yarborough runzelte die Stirn. »Wissen Sie, ich fragte mich, an wen Sie mich erinnern. An einen alten Tierarzt, den mein erster Mann beschäftigte.«
    »Ich versichere Ihnen, Dulcie, daß ich schon beim Anblick von Blut in Ohnmacht falle.«
    Ihre Hand berührte wie zufällig seinen Arm. »Sie sind Witwer, nicht wahr?«
    Er zog die Braue hoch. »Wie haben Sie das erraten?«
    »Ach, ich war heute morgen ganz zufällig beim Zahlmeister und mein Blick fiel ganz zufällig auf die offiziellen Passagierlisten. Ja, Steward?« fügte sie ärgerlich hinzu.
    Ein Mann in weißer Jacke mit einem kleinen Silbertablett stand neben ihnen. »Ein Kabel für Sie, Sir.«
    Sir Lancelot setzte die Brille auf und las die Nachricht. Dann zerriß er sie und streute die Papierstücke ins Meer. »Keine Antwort.«
    »Etwas über Ihre Schweine?« erkundigte sich Dulcie.
    »Nein. Von einem alten Freund. Leider war er schon immer etwas labil. Jetzt scheint er ganz übergeschnappt zu sein.« Sir Lancelot strich sich über den Bart. »Haben Sie Lust zu tanzen, Dulcie? Ich glaube, einen langsamen Walzer schaffe ich eben noch.«

7

    Der Dean erwachte.
    »Ach, Majestät, es tut mir wirklich furchtbar leid.«
    »Lionel, seit mehr als zwanzig Jahren teile ich dein Bett. Ich habe mich daran gewöhnt, daß du mich trittst, wenn du aufwachst; anscheinend bist du unfähig, ohne konvulsivische Zuckungen das Bewußtsein wiederzuerlangen. Es ist jedoch nicht nötig, daß du dich so überschwenglich entschuldigst.«
    Der Dean blinzelte. Erleichtert sah er Josephine neben sich auf dem vertrauten Kissen liegen. »Es war

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