Machen Sie sich frei Herr Doktor!
Freunde an Bord, sagte er. Er sprach auch viel mit ihnen. Dann sagte er plötzlich auf einer Reise, sie seien so groß wie Elefanten geworden und verfolgten ihn auf dem ganzen Schiff. Mein Gott, war das eine Aufregung! Wir mußten ihn an Land schaffen und in einer Anstalt in Peru unterbringen. Soviel ich weiß, ist er immer noch dort. Obwohl er es vermutlich nicht sehr angenehm hat, so wie die Anstalt aussieht. Es ist merkwürdig, welche Wirkung das Meer auf Mediziner hat.«
»Sehr merkwürdig.«
Die Tür der Bibliothek öffnete sich. »Lancelot -da sind Sie ja! Ich habe Sie auf dem ganzen Deck gesucht. Dachte nicht, daß Sie ein Bücherwurm sind.«
»Nach einem arbeitsreichen Tag auf der Schweinefarm gibt es nichts Erholenderes, als sich mit einem guten Buch auf die Bärenhaut zu legen. Lassen Sie dieses Buch in meine Kabine bringen, Steward«, befahl er. »Und jetzt werden Sie vielleicht mit mir einen Drink nehmen, Dulcie? Ich nehme an, die Sonne steht bereits über der Rahnock; nach den Barstunden zu schließen, scheint die Rahnock auf diesem Schiff jedenfalls sehr leicht verstellbar zu sein.«
Während sie die paar Schritte zum Rauchsalon zurücklegten, sagte sie: »Lancelot, darf ich Sie etwas furchtbar Persönliches fragen? Wie haben Sie Ihren Adelstitel erhalten?«
»Ich kaufte ihn.«
»Sie kauften ihn?« Dulcie war fassungslos.
»Es ist ganz einfach, wenn man die richtigen Leute kennt. Und der Titel >Sir< ist sehr billig. Den >Peer< fand ich etwas zu kostspielig. Sie werden feststellen, daß alle Personen mit Adelstitel, die Sie kennen, für diese Titel harte Münzen gezahlt haben.«
»Nein! Undenkbar.«
»Doch. Natürlich darf ich keine Namen kennen, aber es ist doch offensichtlich, daß viele Persönlichkeiten unseres öffentlichen Lebens ihre Titel niemals durch eigene Verdienste erworben haben können.«
»Jetzt, wo Sie das sagen, leuchtet es mir durchaus ein.«
Sie schwieg, während sie an einem kleinen Tisch Platz nahmen. Bei einem dienstbefliessenen Kellner bestellte Sir Lancelot Gin and Tonic für seine Begleiterin und ein Bier für sich selbst. »In welcher Gegend Englands wohnen Sie, Lancelot?«
»Nordlondon«, erwiderte er zerstreut.
»Ein etwas ungewöhnlicher Platz für eine Schweinefarm, nicht?«
»Sie ist in einem alten Lagerhaus untergebracht«, erklärte er rasch. »Sehr interessant. Schweinezüchter aus aller Welt kommen, um sie zu besichtigen.«
»Aber beschweren sich die Leute in der Umgebung nicht über den Geruch?«
»Ich züchtete geruchlose Schweine. Vielleicht haben Sie darüber in der >Schweinezeitung< gelesen?«
»Sie sind tatsächlich ein bemerkenswerter Mann.«
Bevor ihm eine charmante Antwort einfiel, sagte eine gepreßte Stimme hinter ihm: »Ist das nicht Sir Lancelot Spratt? Die reizende Mrs. Yarborough kenne ich bereits seit Southampton. Darf ich mich vorstellen? Ich bin Dr. Ivo Runchleigh, der Schiffsarzt.«
Dieser große, magere, sonnenverbrannte Mann in der weißen Uniform mit goldgestickten roten Streifen auf den Epauletten, der jetzt die Finger salutierend an die Kappe legte, erinnerte Sir Lancelot sofort an den Papagei der Oberschwester von St. Swithin. Er netzte die Lippen. »Ich bin Schweinezüchter.«
»Sicher ein überaus interessanter Beruf.«
»Von Medizin und Chirurgie und allen diesen Dingen verstehe ich nicht das geringste.«
»Das ist ganz in Ordnung.« Der Schiffsarzt lächelte überlegen. »Viel besser, man überläßt das alles uns Ärzten. Nichts ist schlimmer als ein Patient, der dreinredet. Jonathan Swift sagte einmal, weniges Wissen sei eine gefährliche Sache.«
»Das sagte er nicht. Er sagte, weniges Lernen sei es. Und außerdem war es Alexander Pope.«
Für einen kurzen Augenblick verlor Dr. Runchleigh die Fassung.
Dann nahm er die Schirmmütze ab und ließ ein silbernes, gut frisiertes Haupt sehen. »Ich hoffe, es hat niemand etwas dagegen, wenn ich mich zu Ihnen setze?«
»Welches Gift trinken Sie?« fragte Sir Lancelot unwirsch.
»Wir Mediziner müssen natürlich stets einen klaren Kopf bewahren. Dürfen niemals unter dem Einfluß von Alkohol stehen, nicht wahr, Mrs. Yarborough? Man weiß nie, wann man zu einem Gang der Barmherzigkeit gerufen wird.«
»Fühlen Sie sich nicht wohl, Sir Lancelot? Sie krümmen sich ja in Ihrem Stuhl.«
»Es ist nur Juckreiz am sacrum — ich meine am Steiß.«
»Ach, ich sehe, der Steward brachte mir das übliche«, erklärte der Schiffsarzt, als der Kellner ein großes Glas Brandy vor
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