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Machen Sie sich frei Herr Doktor!

Machen Sie sich frei Herr Doktor!

Titel: Machen Sie sich frei Herr Doktor! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Gordon
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ihn hinstellte.
    »Dr. Runchleigh ist wirklich ganz ausgezeichnet«, sagte Dulcie bewundernd. »Am ersten Abend auf See gab er mir ein Mittel gegen Schlaflosigkeit, und seitdem schlafe ich wie ein Murmeltier.«
    »Aber nein, was gab er Ihnen denn?«
    »Laudanum«, unterbrach der Doktor.
    »Benutzen Sie am Ende auch noch Blutegel?« entfuhr es Sir Lancelot. »Ich meine«, verbesserte er sich hastig, »nehmt ihr Mediziner noch Egel, um Blut abzuzapfen?«
    Der Schiffsarzt lachte. »Meine Güte, nein. Haben Sie aber eine altmodische Vorstellung von unseren modernen Wundern.«
    Sir Lancelot fragte sich, warum Dr. Runchleighs Sprechweise so klang, als habe er den Mund voller heißer Aniskugeln. »Wo haben Sie promoviert, Doktor?« fragte er.
    »Im High-Cross-Spital in London.«
    »High Cross!« wieherte Sir Lancelot, »von dort kommen ja die Roßärzte - ich meine«, verbesserte er sich, als Dulcie lachte, »wir im Schweinegeschäft nennen die Ärzte so. Es ist in Wahrheit bewundernd gemeint.«
    »Das habe ich noch nie gehört«, sagte Dr. Runchleigh etwas steif. »Wie fühlen Sie sich gesundheitlich, Sir Lancelot?«
    »Ganz ausgezeichnet. Obwohl ich glaube, eine leichte Salmonelleninfektion zu haben - in einer geschlossenen Gemeinschaft keine Seltenheit.«
    Der Schiffsarzt streckte einen Finger aus und zog Sir Lancelots Augenlid herab. »Hm. Du meine Güte.« Er setzte eine feierliche Miene auf. »Mir scheint, wir haben eine Neigung zu Anämie.«
    »Quatsch. Ich wollte sagen, tatsächlich?«
    Dr. Runchleigh nickte. »Anämie.« Er wurde noch ernster. »Perniziös. Obwohl wir Ärzte auch das Gott sei Dank heilen können. Mit Leber. Ich rate Ihnen, beim Lunch viel gegrillte Leber zu essen.«
    »Gegrillte Leber orall«
    »Lancelot! Fehlt Ihnen etwas?«
    »Nur... nur ein kleiner Schüttelfrost. Ich dachte, Leber müsse mittels Injektionen verabreicht werden - ich habe ein paar anämische Tanten -, aber zweifellos irre ich mich. Tut mir leid, daß ich meinen Drink über Sie geschüttet habe, Dulcie. Steward! Tupfer. Will sagen, etwas zum Abwischen.«
    Dr. Runchleigh beugte sich zu Sir Lancelot und flüsterte diskret: »Sie leiden also unter Anfällen von Schüttelfrost?«
    »Ganz furchtbar.«
    »Ich glaube, es wäre das beste, mich zu konsultieren. Kommen Sie heute um fünf Uhr nachmittag in meine Ordination. Leider - ich möchte das gleich klarstellen, um späteren Mißverständnissen vorzubeugen - muß ich ein Honorar verlangen. Das National Health Service endet an der Gangway. Aber Sie werden in guten Händen sein. Wir werden uns gründlich untersuchen lassen und dann werden wir uns viel besser fühlen.« - »Es ist außerordentlich liebenswürdig von Ihnen, Doktor«, sagte Sir Lancelot, »mich zu warnen, daß ich an Anämie leide - ein Leiden, das letal sein kann.«
    »Letal? Anämie? O du mein Gott, nein. Aber wir werden uns auf der Reise ein wenig schonen müssen.« - »Und auch Ihr Vorschlag, Sie wegen meiner Anfälle zu konsultieren, ist reizend. Ich würde Ihnen gern als Gegenleistung eine Speckseite zu verbilligtem Preis offerieren, aber leider verbietet die Schweinemarktordnung jedes Anwerben von Kunden. Wenn Sie beide mich jetzt bitte entschuldigen wollen, werde ich auf Deck Spazierengehen und meinen Organismus stimulieren, indem ich ihm Ozon zuführe.«

9

    »Bonsoir.«
    Um halb sechs betrat der Dean, wie gewöhnlich, das Wohnzimmer und rieb sich vergnügt die Hände. Es war ein Samstag, aber er hatte den ganzen Nachmittag in St. Swithin mit den Vorbereitungen des bevorstehenden Besuches verbracht. Jetzt freute er sich auf ein Glas Sherry, sein Dinner und einen ruhigen Abend, den er damit verbringen wollte, rote Tinte über die Prüfungsarbeiten seiner Studenten zu schütten.
    Mit gefalteten Händen blieb er stehen. Faith saß auf einem kleinen Stuhl, die Finger sittsam im Schoß verschränkt. Josephine saß sehr gerade auf dem Sofa. Nach dem Gesichtsausdruck der beiden zu schließen, warteten sie auf den Leichenbestatter, der den Sarg abholen sollte. »Was ist hier los?« erkundigte er sich mit erstauntem Stirnrunzeln. »Que’est-ce que c’est hier?«
    »Auberon«, sagte Josephine, »er ist in einem furchtbaren Zustand.«
    »Hat ihn ein Kritiker wieder einmal den Savona-ola der Vorstadt genannt?« fragte der Dean.
    »Er droht mit Selbstmord.«
    »Warum, weil er Samantha verlassen hat? Wie lächerlich. Wenn ich meinem eigenen Ehebett entschlüpft wäre, würde ich viel mehr an einem anderen Bett interessiert

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