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Machen Sie sich frei Herr Doktor!

Machen Sie sich frei Herr Doktor!

Titel: Machen Sie sich frei Herr Doktor! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Gordon
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nicht wußten. Es ist seltsam. Vielleicht erpreßte er den armen Alten? Ich würde es Sir Lancelot durchaus Zutrauen.« Der Dean stand auf und kratzte sich am Kinn, während Josephine in die Küche verschwand. Vielleicht sollte er dem Chirurgen in dieser Angelegenheit ein zweites Kabel schicken? Aber der verdammte Kerl antwortete ja nicht. Und wenn er es mit bezahlter Rückantwort schickte?
    An diesem Abend saß Sir Lancelot Spratt vor dem Dinner in seinem weißen Smoking an der Cocktailbar des Schiffes. Vor ihm auf der Theke stand ein Glas Whisky. Neben ihm auf einem Barhocker saß Dulcie Yarborough.
    »Hat Ihnen noch niemand gesagt, daß Sie besonders schöne Hände haben, Lancelot?«
    Er blickte auf seine ausgestreckten Finger. »Ich hatte niemals Lust, mich einer Maniküremamsell anzuvertrauen.«
    »Ich finde, sie sind so kräftig, so positiv.« Mit den Fingerspitzen streichelte sie seine Hand. »Sie wären ein berühmter Chirurg geworden.«
    »Leider bin ich nicht einmal imstande, einen Fisch zu tranchieren.«
    »Schade. Oder vielleicht ein berühmter Konzertpianist? Der sein Publikum fasziniert?«
    »Bedauerlicherweise konnte ich niemals etwas anderes spielen als >Hänschen klein<, und meine Eltern gaben mir zu verstehen, daß ich auch das nicht sehr einfühlsam spielte.«
    Dulcie fuhr fort, seinen blassen Handrücken zu streicheln. »Ich wüßte gern, wie viele Frauen ihre zarte Liebkosung kennengelernt haben?« fragte sie träumerisch.
    »Meine verstorbene Frau bekam leider bei der leisesten Berührung einen wochenlangen Ausschlag. Wie uns der Hausarzt sagte, neigte sie zu Allergien.« Er bemerkte einen Steward mit Silbertablett neben sich.
    »Ein Telegramm, Sir.«
    »Werfen Sie es über Bord.«
    »Die Antwort ist bereits bezahlt, Sir.«
    »Behalten Sie es als Trinkgeld.«
    »Danke, Sir.«
    »Ihre Hände«, flüsterte Dulcie, »haben direkt eine hypnotische Wirkung auf mich. Ich frage mich, was sie schon alles angegriffen haben.«
    »Sie würden sich wundern«, sagte Lancelot.

11

    Montag morgens um punkt neun Uhr ging der Dean durch die sich automatisch öffnende Glastür von St. Swithin und rieb sich in Gedanken an die nicht nur arbeitsreiche, sondern auch aufregende Woche, die vor ihm lag, die Hände. Er stieß mit Professor Oliphant zusammen, der, in weißem Mantel, die Arme in einem Winkel von 45 Grad steif von sich gestreckt hatte.
    »Mein Gott, Gerry, leidest du an einem orthopädischen Gebrechen?«
    »Mein weißer Mantel wurde von der Wäscherei des Krankenhauses gestärkt. Sicherlich verwendet sie die neuesten Erkenntnisse der Waschwissenschaft, nur benötige ich leider, um in die Ärmel des Mantels zu kommen, einen Hammer und ein Stemmeisen.«
    »Ich werde gleich mit dem Aufseher der Wäscherei sprechen.« Der Dean versuchte vorbeizukommen, doch der gut gestärkte Ärmel hielt ihn zurück. »Die neuen Rollwagen für die Chirurgiepatienten, Dean. Wußtest du, daß sie unter keinen Umständen in den Aufzug passen, wie raffiniert man sie auch dreht? Also müssen wir die Patienten in die alten Wagen kippen. Vermutlich sind sie durch die präoperative Behandlung zu betäubt, um es zu bemerken, aber jedenfalls ist das ein weiterer Beitrag zu der in St. Swithin herrschenden Atmosphäre katastrophaler und hoffnungsloser Verwirrung.«
    »Nur in den Augen nicht eingeweihter Beobachter«, erwiderte der Dean und versuchte vergeblich vorbeizukommen.
    »Genau. Und zu dieser Kategorie gehören alle unsere Patienten. Gott allein weiß, warum sie nicht in panischer Angst fortlaufen. Übrigens traf heute morgen um sieben Uhr ein orthopädischer Chirurg aus Italien bei mir ein; nach seinem Aussehen und seiner melodischen Stimme zu urteilen, kann er jeden Augenblick in eine Arie über abgenutzte Bandscheiben ausbrechen. Auch ein Gynäkologe aus Belgien erschien.«
    »Gut. Mit dem kann ich französisch sprechen.«
    »Nein. Er ist kein Wallone und besteht auf flämisch.«
    »Du mußt mich wirklich entschuldigen«, wiederholte der Dean und versuchte verzweifelt, an dem Professor vorbeizukommen. »Ich habe jetzt Probe.«
    »Du hast keine Probe. Weißt du, wo ich den Großteil des Sonntags zubrachte?«
    Der Dean seufzte. »Im Aufzug?«
    Professor Oliphant nickte. »Wie hast du das erraten? Du kommst jetzt mit mir aufs Dach und siehst dir selbst den Mechanismus an.«
    »Ich kann dir versichern, ich bin eine völlige Niete, was mechanische Dinge betrifft. Wenn ich zu Hause eine Sicherung auswechsle, kriege ich jedesmal einen

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