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Machen Sie sich frei Herr Doktor!

Machen Sie sich frei Herr Doktor!

Titel: Machen Sie sich frei Herr Doktor! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Gordon
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bin ich wenigstens sicher, daß mein lieber Vater mir nicht in die Quere kommt. Wiedersehen.«
    Sie trippelte zur automatischen Tür.
    Im Arbeitszimmer des Dean in seinem Haus in der Lazar Row riß Auberon Dougal eben ein Blatt Papier aus der Schreibmaschine und begann von neuem:

    Seite 1

    DIE WAHRHEIT ÜBER HORTENSE

    Erstes Kapitel
    An diesem späten Augustnachmittag, als die Ärztin durch die Felder ging, um den an Tuberkulose sterbenden Dichter zu besuchen, fühlte sie die scharfe Luft, welche das Herannahen der kurzen Wintertage ankündigt. »Doch die Menschheit«, dachte sie, »ist der gottgegebenen Sommertage noch nicht müde.« Die Sonne war eine brennende Münze am Himmel, doch in den Tälern lag schon der Herbstnebel, rauchgleich dahinwirbelnd.

    Er drehte sich lächelnd um. »Hallo, Faith. Komm herein. Romane schreiben wäre absolut unerträglich, gäbe es keine Unterbrechungen.«
    »Onkel, darf ich dich etwas über die fundamentalen Wahrheiten des Lebens fragen?«
    »Wie klug von dir, genau die richtige Person auszusuchen!«
    »Ich habe das Gefühl, du bist der einzige Mensch im Haus, zu dem ich wirklich sprechen kann, Onkel.«
    »Ich bin überzeugt, daß du völlig recht hast. Deine Eltern kommen mir langsam recht komisch vor. Vermutlich ein Alterungsprozeß. Hast du bemerkt, wie sie mich fortwährend verschämt beobachten? Und als ich in der Hausapotheke deines Vaters nach einem Aspirin suchte, verfolgte er mich eine ganze Weile mit einem langen roten Gummischlauch und einem Trichter. Ich sehe doch nicht krank aus, oder? Jedenfalls fühle ich mich besser denn je, seit ich Samantha verlassen habe.«
    »Darüber wollte ich dich befragen. Über die Ehe.«
    »Du hast die Absicht?«
    »Ich habe ein Angebot«, erwiderte Faith feierlich.
    »Nimm es an. In deinem Alter ist die Ehe ein herrlicher Spaß, den man nicht versäumen sollte. Vielleicht werde auch ich eines Tages, wenn Samantha und ich geschieden sind, wieder heiraten.« Er blickte träumerisch zur Decke auf, seine Phantasie begann wieder einmal zu arbeiten. »Ein neues Mädchen. Neue Speisen. Neue Gewohnheiten. Neue Gespräche. Neue Argumente. Neue Unterwäsche im Schlafzimmer verstreut. Obwohl ich fürchte, daß heutzutage alle Frauen die gleiche Unterwäsche tragen.«
    »Er möchte mit mir vorehelichen Geschlechtsverkehr betreiben.«
    »Jetzt klingst du wie Samantha. Sie wollte ihn ausmerzen. Sie sprach davon, als wäre es eine Art Insekt.«
    »Aber du weißt doch, daß Vater sehr moralisch ist.«
    Auberon lachte laut. »Hör zu, Liebling - ich würde das niemals deiner Mutter verraten, aber weißt du, daß dein Vater letzten Donnerstag, als du in deinem tugendsamen kleinen Bett lagst, durch die verrufensten Plätze Sohos zog? Samantha traf ihn. Es war eines der letzten Dinge, die sie mir erzählte. Natürlich gab dein Alter vor, die Verderbtheit des Nachtlebens nur aus Pflichtgefühl zu inspizieren. Das sagt jeder. Samantha glaubte ihm. Ich nicht. Ich möchte deine Gefühle nicht verletzen, aber der alte Pillendreher ist ein arger Heuchler.«
    Sie lächelte sanft. »Danke, Onkel. Es ist eine Erleichterung, von den töchterlichen Verpflichtungen befreit zu sein. Ich empfand sie als quälend.«
    Er wandte sich wieder der Schreibmaschine zu. »Zurück zur Arbeit. In einer Stunde habe ich mit dem Herausgeber eines Magazins im Mirabelle-Restaurant eine Verabredung zum Lunch. Ich muß irgend etwas schreiben«, fügte er verzweifelt hinzu, »auch wenn es nicht mehr einträgt als den Spott der Kritiker.«
    »Ich verstehe nicht, warum du nicht einmal deine Kritiker attackierst, Onkel.«
    »Nach dem ausgezeichneten Romancier Anthony Trollope«, sagte Auberon, »denkt niemand daran, sich gegen eine Zeitung zu wehren, außer er ist ein
    Esel. Du kannst etwas schreiben, das so wahr ist wie das Evangelium, und sie werden doch einen Grund finden, dich zu verspotten. Und Fleet Street hat sich seit damals nicht verändert.«
    »Ich finde, überhaupt irgendein Buch zu schreiben ist bereits eine großartige Leistung«, sagte Faith bewundernd.
    »Wie nett von dir.«
    Sie sah ihm über die Schulter. »Tuberkulose schreibt man mit >u<, und der eine Nebensatz sollte einen Beistrich haben.«
    »Vielen Dank«, sagte Auberon, »und ich möchte hinzufügen, daß ich ungeheures Mitleid für jene empfinde, die mit der Sprache nichts anderes anfangen können, als sie korrekt zu schreiben.«

12

    An diesem Nachmittag um zwei Uhr fünfundzwanzig entstieg Auberon Dougal - vom

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