Macho-Mamas
vielversprechenden weiblichen Karrieren, die am Herd enden. Geschichten von willigen Vätern, die wegen ihrer Pflicht als Ernährer ans Büro gefesselt bleiben. Geschichten von Personalchefs, die sich beklagen, keine Frauen zu finden, die Karriere machen wollen. Geschichten von Scheidungsanwälten, die sich beklagen, dass Männer keine Väter mehr sein dürfen. Geschichten von Müttern, die jeden Aufstiegsgedanken selber zensieren.
Privilegiert oder benachteiligt sind heute beide Geschlechter. Nur: Es führt kein Weg daran vorbei, dass die Wirtschaft künftig auch die Frauen braucht. Und dass die Gesellschaft Kinder braucht. Das kann nur funktionieren, wenn nicht nur die Mütter, sondern alle Beteiligten den Kindern endlich einen Platz einräumen und sie sich etwas kosten lassen. Und wenn die Gesellschaft und mit ihr auch die Frauen endlich bereit sind, die Bilderbuchmutter mit all den anderen längst überholten Rollenklischees zu entsorgen.
Oder ganz konkret: Erst wenn die Personalabteilung einer Schwangeren nicht nur einen Blumenstrauß schickt, sondern dazu eine Einladung zur Planung der weiteren Karriere, erst dann werden Mütter ermuntert, die Ambitionen nicht mit der Nabelschnur des Kindes zu kappen. Erst wenn auch ein CEO seinen Sohn oder seine Tochter morgens in die Krippe bringt oder abends von der Schule abholt, ist die Vereinbarkeit von Kind und Karriere mehr als ein leeres Wort. Weil dann Sitzungen plötzlich nicht mehr um 18 Uhr einberufen werden. Weil dann Führung nicht mehr Dauerpräsenz bedeutet. Weil Nachwuchs Konsequenzen für beide Geschlechter hat und nicht bloß ein Wettbewerbsnachteil für die Frau ist. Erst wenn die Lehrerin genauso selbstverständlich den Vater anruft, wenn sie die Eltern braucht, sind die Männer in der Familie wirklich präsent. Erst wenn die Mütter sich auch für das Familieneinkommen verantwortlich fühlen und nicht nur ein Zubrot verdienen wollen für die Pflege ihrer Schuhsammlung, verschaffen sie den Männern Raum zum Vatersein.
Erst wenn die Politik die Familien entlastet, steuerlich und strukturell, ist ein gleichberechtigtes Familienmodell zu haben. Ein Vaterschaftsurlaub, der diesen Namen wirklich verdient, wäre ein Anfang.
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Der emanzipierte Mann
Für dieses heikle Thema müssen wir etwas ausholen. Nicht allzu weit – nur etwa eine Armlänge. Dorthin, wo der Vater friedlich schlummert. Die Väter sind so etwas wie das Missing Link der Emanzipation. Sie fehlen genau dort, wo die Mütter nicht mehr ausschließlich sein wollen: im trauten Heim. Die Männer sind zwar mittlerweile in die Küche geschlurft und haben einen skeptischen Blick in den Kühlschrank geworfen. Das ist zumindest ein Anfang, um eine in Maßen gleichberechtigte Paarbeziehung zu führen. Für ein egalitäres Familienleben aber reicht es nicht. Um zu skizzieren, wie ein solches aussehen könnte, braucht es einen Blick zurück. Denn auch die Rolle der Männer hat sich seit den Anfängen der Frauenbewegung gewandelt.
Eine Frage, die berufstätigen Müttern immer wieder gestellt wird, lautet: «Und wo sind deine Kinder?» Es sind nicht «die» Kinder, sondern «deine Kinder».
«Beim Vater», gibt man da etwa zur Antwort und wundert sich. Vätern wird diese Frage nie gestellt – und wenn, dann sind es «die Kinder». «Was macht er denn beruflich?» ist die nächste Frage. «Er kümmert sich um die Kinder.» – «Aha», heißt es dann.
Dieses «Aha» schwingt sich wie eine Hängebrücke über den Abgrund dieser Vorstellung. Dabei sind Mütter, die einen engagierten neuen Vater an ihrer Seite wissen, vom Glück begünstigt. Es ist für arbeitende Mütter oft nicht einfach, das Baby zurückzulassen. Aber bei wem sollte es besser aufgehoben sein als beim verantwortungsvollen Vater? Die meisten Männer haben inzwischen entdeckt, dass eine aktive Vaterschaft eine beglückende Erfahrung ist, auf deren Alltagserlebnisse sie nicht verzichten wollen. Doch wie ihre neue Rolle genau aussehen soll, wissen die wenigsten.
Noch sind diese neuen Väter in freier Wildbahn eine rare Spezies. Um diese Behauptung zu verifizieren, muss man nur zu einem beliebigen Zeitpunkt durch das Quartier, den Park, durch die Stadt oder in den Dorfladen gehen und zählen, wie viele von den Kindern, denen man unterwegs begegnet, in Begleitung von Frauen sind. Es sind neun von zehn. Diese Zahl ist an genau einem Tag unzutreffend: am Samstag. Ja, mittlerweile trifft man samstags sogar vor allem Väter an. Sie
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