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Macho-Mamas

Titel: Macho-Mamas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michèle Binswanger , Nicole Althaus
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Bereits nach einem halben Jahr muss man total umgeschult werden, weil sich so viel geändert hat. Wenn man dann nach einer gewissen Zeit eröffnet, dass man wieder schwanger ist, was erwartet man dann vom Chef? Eine Kollegin von mir hat für einen freiwilligen Abschied eine Million Dollar angeboten bekommen, als sie zum zweiten Mal schwanger war. Offenbar verliert die Firma durch die Babypause wesentlich mehr Geld.»
    Im Extremfall muss eine Mutter sich in der heutigen Arbeitswelt nicht mehr selbst unsichtbar machen, sie wird unsichtbar gemacht. Oder anders: Eine Frau wird nicht eingestellt, weil sie schwanger werden könnte; eine, die schwanger wird, wird wegbestochen, also abgefunden.
    Seit Jahren werden in vielen Bereichen gezielt Frauen gefördert, und doch ist zugleich ein Stillstand eingetreten. Die Lohnlücke will und will sich nicht schließen. Laut der jüngsten OECD-Erhebung Doing Better for Families zeigt sich in fast allen westlichen Ländern dasselbe Bild: Junge Frauen und Männer verlassen in gleicher Zahl die Universitäten und höheren Berufsschulen, sie werden in gleicher Zahl von Firmen angeheuert und befördert. Doch etwa auf halber Höhe der Karriereleiter sind die Frauen weg. In der Familie verschwunden oder als Teilzeitkräfte unsichtbar geworden.
    «Man sieht dir die Mutterschaft gar nicht an» konnte sich nur zum Kompliment entwickeln, weil es ein Imperativ ist. Und immer mehr entpuppt sich die unsichtbare Mutter als Falle. Denn mit dem Nachwuchs wird das wesentliche Problem in einer Gesellschaft versteckt, in der die Frauen gerade dabei sind, die Männer bei der Qualität der Ausbildung zu überholen: Diese topqualifizierte weibliche Elite wird nicht die verantwortungsvollen Posten übernehmen, wenn nicht jetzt über Kinder, deren Rolle und Kosten im Leben der Elternteile verhandelt wird.
Strukturwandel statt Quote
    Unsichtbar sind Mütter vor allem deshalb, weil die Arbeitswelt noch immer einer Dynamik gehorcht, die sich in den fünfziger Jahren verfestigte. Sie folgt dem Modell eines flexibel einsetzbaren Ernährers, dessen Frau ihm zu Hause sämtliche außerberuflichen Pflichten abnimmt. Zwar ist die klassische Rollenteilung längst nicht mehr die Norm, sondern im Verlauf des letzten Jahrzehnts sogar zur Ausnahme geworden. Doch die Arbeitsstrukturen haben sich der gesellschaftlichen Entwicklung nicht oder nur ungenügend angepasst. Auch wenn heute kaum mehr ein Arbeitnehmer seine Anwesenheit stempeln muss, sind lange Präsenzzeiten ein Muss für eine Karriere. Trotz der zunehmend üblichen Home office days gilt Verantwortung noch immer als unteilbar. Das sind Strukturen, die auch immer mehr Vätern ein Dorn im Auge sind, für die meisten Mütter aber sind sie eine unüberwindliche Barriere. Unsichtbar sind Mütter deshalb vor allem an der Spitze von Unternehmen.
    Nun ließe sich pragmatisch einwenden, dass es so auch bleiben könne. Nur: Frauen, die sich damit nicht zufriedengeben, werden eben einfach nicht mehr schwanger. Und hochqualifizierte Mütter, die ihr Potential nicht zur Entfaltung bringen können, wurden umsonst ausgebildet. Kurz: Es handelt sich nicht nur um eine moralische Gleichstellungsfrage, sondern um ein volkswirtschaftliches Problem.
    Wer die Frauen links liegenlässt, wird über kurz oder lang wirtschaftlich verlieren. Das haben auch Politiker und Wirtschaftsbosse begriffen, seit Beratungsfirmen wie McKinsey für die Wettbewerbsfähigkeit des europäischen Marktes schwarzsehen, wenn er es verpasst, brachliegendes weibliches Potential auszuschöpfen. Diversity ist nicht länger bloß ein Schlagwort von Gleichstellungsbüros und Frauenförderungsbeauftragten. Diversity ist zur Chefsache geworden. Und zu einem Wort, das Vorgesetzten seit neuestem fast so geläufig ist wie Cashflow und Downsizing.
    Als Konsequenz daraus ist die Frauenquote vom Kampfbegriff zum Smalltalk-Thema geworden. Selbst ein Zahlenfresser wie der Banker Josef Ackermann fühlt sich nachgerade genötigt, den Quoten etwas Positives abzugewinnen und sich öffentlich über die Aussicht zu freuen, dass «das alles dann irgendwann farbiger sein wird, und schöner auch».
    Norwegen und Spanien haben eine solche Quote verabschiedet, Frankreich zu Beginn des Jahres 2011 ebenfalls, die deutsche Regierung denkt darüber noch nach, und am 6. Juli 2011 hat das Europaparlament eine Resolution verabschiedet, in der es mindestens vierzig Prozent Frauen in Verwaltungsratspositionen börsenkotierter Unternehmen bis zum

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