Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Macho-Mamas

Titel: Macho-Mamas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michèle Binswanger , Nicole Althaus
Vom Netzwerk:
des prekären Gendergleichgewichts.
    Die Frauen sind heute in vieler Hinsicht unabhängiger. Nicht unbedingt von ihren romantischen Visionen vom Mann als perfektem Liebhaber, Ernährer und fürsorglichem Vater. Aber wenn die Vision sich in eine Wirklichkeit verwandelt, die in keinem Punkt mit ihr übereinstimmt, dann haben sie heute die Option, sich zu trennen. Auch das ist ein Grund für die steigenden Scheidungsraten – nicht weil die Frauen heute allgemein unzufriedener sind mit ihren Ehen, sondern weil sie nicht mehr gezwungen sind, ihre Unzufriedenheit hinzunehmen. Nicht nur für die Männer ist das eine bittere Erkenntnis. Es ist auch bitter, weil der Zusammenhalt in der Gesellschaft weiter erodiert.
    Historische Ereignisse lassen sich immer noch am besten verstehen, wenn man ihre Ursache und ihren Auslöser unterscheidet. Die Ursache der Emanzipation war die strukturelle Ungleichheit der Geschlechter. Der Auslöser war die gesellschaftspolitische Umwälzung der Sechziger- und Siebzigerjahre. Innerhalb der Familien hat sich die strukturelle Ungleichheit mittlerweile gegen die Väter gewandt. Das hat in der Schweiz zu einer zuweilen hitzig geführten Scheidungsrechtsdiskussion geführt.
    Bis ins Jahr 2011 wurden in der Schweiz bei einer Scheidung die Kinder im Regelfall der Mutter zugesprochen, sofern sich die Eltern über die elterliche Sorge nicht einigen konnten. Die Frauen saßen also am längeren Hebel und konnten die Väter aus der Familie ausschließen. Die Väter wurden vom Gesetz gezwungen, mit ihrem Einkommen zwei Haushalte zu finanzieren, hatten aber kein erzieherisches Mitspracherecht – und manche durften ihre Kinder nicht einmal mehr sehen. Das liegt auch darin begründet, dass viele Väter ihr Bindungsbedürfnis zum Nachwuchs erst dann entdecken, wenn die Beziehung zur Partnerin schon zerbrochen ist. Denn viele Männer definieren nach wie vor Familie in erster Linie über die Beziehung zur Frau. Frauen hingegen über die Beziehung zum Kind.
    Scheidungsväter sehen sich vom Gesetz strukturell benachteiligt und haben begonnen, sich mit Väter- und Männerorganisationen für ihre Rechte einzusetzen. Männer haben damit vielleicht zum ersten Mal in ihrer Geschichte als Geschlechtskollektiv erfahren, dass die Feministinnen mit einer ihrer wichtigsten Kampfansagen recht haben: Das Private ist politisch! Viele Väter sind wütend über die vielen Scheidungsurteile, die sie zu Bezahlpapas degradieren. Und das zu Recht. Viele sympathisieren mit den Antifeministen, die im Feminismus die Wurzel ihres Problems ausgemacht haben und sich die traditionellen Rollenmuster oder sich gleich in die Steinzeit zurückwünschen.
    Dabei übersehen die Väter aber eins: Es sind über den Daumen gepeilt fast doppelt so häufig Richter, und nicht Richterinnen, welche die besagten Väter in die Schranken weisen. Und das eben gerade nicht, weil sie feministisch indoktriniert sind und davon ausgehen, dass Mütter auch arbeiten und Väter auch Kinder betreuen können. An der skandalös niedrigen Zahl von einem halben Promille Väter, die das Sorgerecht zugesprochen bekommen, sind veraltete, patriarchale Denkmuster schuld. Denkmuster, welche die Antifeministen zu konservieren versuchen. Recht haben sie zumindest in dem Punkt, dass wir die Rolle des Vaters in der modernen Gesellschaft überdenken müssen. Denn im Idealfall wäre sie ein Vorbild für die männliche Emanzipation.
Männer in der Krise
    Wer oder was emanzipierte Männer sein sollen ist bislang unklar. Klar ist nur, dass eine Auseinandersetzung mit dem gängigen Männerbild stattfindet. Das wird deutlich in den Medien gespiegelt. In einer Flut von Artikeln über den ominösen «neuen Mann», über Metrosexuelle und Retrosexuelle, Omega-Männer, Opfer-Maskulisten und Antifeministen wird nach Antworten auf die Frage gesucht, was aus dem Mann werden soll. Sendungsbewusste junge Autorinnen diagnostizieren bei den Männern ihrer Generation eine neue Orientierungslosigkeit. Ständig seien sie bemüht, ihr Handeln und Fühlen sensibel wahrzunehmen, verhedderten sich dabei «auf einer ewigen Metaebene» und versäumten es zu handeln. Was eine ziemlich blauäugige Kritik ist, denn die Alternative dazu wäre, sich wieder am hypermaskulinen Mann zu orientieren. Die Männer ihrerseits geben zurück, dass die dominanten Frauen auch nicht gerade das Gelbe vom Ei seien, schweigen zum Hauptvorwurf aber irritiert. Sie sind schließlich selber in Verlegenheit bei der Frage, wie sie

Weitere Kostenlose Bücher