Macho-Mamas
Jahr 2020 fordert.
Ist die Frauenquote also, wenn sie derartige Unterstützung auf allen höchsten Ebenen erfährt, ein wesentlicher Teil der Problemlösung? Leider nein. Auch eine Quote wird das Hindernis nicht aus dem Weg räumen: Den Frauen stehen längst nicht mehr die Männer im Weg, sondern der gefühlte oder erfüllte Kinderwunsch.
Das wird deutlich, wenn man die gängigen Hürden weiblicher Berufskarrieren auf ihre Ursache überprüft.
Lohnungleichheit existiert, weil Frauen Mütter werden und Mütter sein wollen. Denn kinderlose Frauen verdienen heute nicht zwanzig Prozent weniger als Männer.
Eine geschlechtsspezifische Berufswahl erfolgt in erster Linie, weil junge Frauen einmal Mütter werden und Mütter sein wollen und in den gewählten Branchen eher eine Möglichkeit sehen, Teilzeit zu arbeiten.
In die Teilzeitfalle stolpern Frauen nicht, sondern sie wählen sie bewusst, weil sie Mütter werden und Mütter sein wollen.
Der Frauenmangel in der Chefetage ist so groß, weil Frauen Mütter werden und Mütter sein wollen – und offenbar nur wenige glauben, das mit einem Führungsjob vereinbaren zu können. Die vereinzelten Frauen, die oben ankommen, sind fast immer kinderlos. In ganz Deutschland befindet sich gemäß Auskunft von Headhunter Heiner Torborg bloß eine einzige Mutter an der Spitze eines börsenkotierten Unternehmens. Weitet man in der Schweiz die Suche auf die Führungskräfte der 319 Firmen auf dem SMI aus, findet man knapp zwanzig Frauen. Die Mütter unter ihnen lassen sich an einer Hand abzählen: Magdalena Martullo-Blocher bei der Ems-Chemie, Jasmin Staiblin an der Spitze der ABB Schweiz, Antoinette Hunziker-Ebneter, Verwaltungsratsvize der BKW FMB Energie AG, Elisabeth Schirmer-Mosset an der Spitze der Basellandschaftlichen Kantonalbank, Fiona Frick, CEO der Unigestion. Im Herbst 2012 kommt noch Susanne Ruoff an der Spitze der Post hinzu. Alle anderen Topmanagerinnen haben entweder keine Kinder, oder sie haben sie so gut versteckt, dass sie bei der Recherche in einschlägigen Business-Datenbanken unsichtbar bleiben.
Was soll eine Quote an diesem Dilemma ändern? Sie mag ein paar vereinzelten Frauen höher hinaufhelfen. Aber wenn wir wirklich eine Veränderung der Verhältnisse wollen und nicht nur einen Personalwechsel zugunsten der Frauen reicht das nicht. Die Biologie lässt sich nicht durch die Quote aushebeln. Vielmehr macht die Quotendebatte selbst die Mütter einmal mehr unsichtbar: Weil sie die spezifischen Mutterprobleme hinter den Genderproblemen versteckt.
Der Teufelskreis lässt sich erst aufbrechen, wenn die Scheinwerfer der Öffentlichkeit auf den Nachwuchs gerichtet und folgende Fragen geklärt werden: Warum bremsen auch nach vierzig Jahren Emanzipation Kinder noch immer bloß die Mütter aus? Was müsste sich ändern, damit Frauen sich nicht zwischen Kind und Karriere entscheiden müssen? Warum trauen sich Frauen, sobald sie Mütter werden, keinen Führungsjob mehr zu? Und warum wird Müttern Macht- und Führungswillen abgesprochen?
Drosseln Mütter das Tempo, weil sie feige sind, wie das die ehemalige Chefredakteurin der taz Bascha Mika in ihrem Buch Die Feigheit der Frauen behauptet? Zu feige zu Hause, ihre Männer in die Pflicht zu nehmen, im Büro, die Stimme zu erheben und sich vorzudrängen, wenn es um die Vergabe eines Chefpostens geht?
Oder sind Frauen einfach anders gewickelt, wie das mehrere Autorinnen, darunter die Ökonomin Sita Mazumder, behaupten: Sie nehmen lieber Umwege in Kauf, als die Leiter in die Teppichetage zu erklimmen, weil ihnen andere Werte wichtiger sind?
Für die Verteidigung der Thesen von Feigheit und unterschiedlicher Wertehaltung werden sich viele Mütter finden. Und wohl auch viele Väter. Nur können die oft nicht anders als klettern, weil sie eine Familie zu ernähren haben.
Daran schließt sich die letzte Frage an: Sind wir Frauen heute vielleicht gar nicht gleichberechtigt, sondern privilegiert? Weil wir uns andere Werte leisten können? Weil wir es uns leisten können, auf Karriere zu verzichten, solange wir Männer an unserer Seite haben, die brav klettern?
Solange wir nur von Geschlechtern reden und von Quoten – und nicht von Menschen, die Bedürfnisse haben, zum Beispiel das Bedürfnis, sich fortzupflanzen und dem Nachwuchs auch einen Platz im Leben und nicht nur im Bilderrahmen auf dem Bürotisch einzuräumen –, solange werden wir uns immer wieder die alten Geschichten erzählen. Geschichten von
Weitere Kostenlose Bücher