Macho Man: Roman (German Edition)
etwa so männlich wie ein kastrierter Geißbock.)
• Ich könnte mein Asthma-Spray benutzen. (Reduziert selbst den Sex-Appeal von Brad Pitt auf das Niveau von Johannes B. Kerner.)
• Ich könnte mir in der Mittagspause ein lustiges T-Shirt mit Diddl-Mäusen kaufen. (Selbst wenn Osama bin Laden eins tragen würde, würden die Frauen in ihm einen Kumpel-Knuddel-Bärchen-mit-dir-kann-man-ja-soooo-gut-reden-Typen sehen.)
• Ich könnte erzählen, dass ich meine Schamhaare in Herzform rasiert habe. (Hätte eine Wirkung, als würde man in einem Diddl-Maus-T-Shirt Reiner Calmund imitieren.)
Vier hervorragende Möglichkeiten, meine Männlichkeit auf null zu reduzieren, stehen mir zur Verfügung, ich muss einfach nur eine auswählen. Aber da spüre ich, dass es ein Problem gibt: Ich will meine Männlichkeit gar nicht reduzieren. Es macht mich stolz, dass Lysa mich endlich als Mann sieht, und jetzt fühle ich mich noch männlicher, was dazu führt, dass Lysa in mir noch mehr einen Mann sieht – ein Teufelskreis.
Langsam begreife ich, was damit gemeint ist, dass Männer und Frauen nicht befreundet sein können. Es geht zwar, aber nur solange die Frau im Mann einen Kumpel-Knuddel-Bärchen-mit-dir-kann-man-ja-soooo-gut-reden-Typen sieht. Sobald sie in ihm einen Mann sieht, ist es vorbei.
Ich muss jetzt etwas tun. Ich muss jetzt reagieren, sonst wird es in Zukunft problematisch mit Lysa. Da ich meine Männlichkeit frisch entdeckt habe, entscheide ich mich folgerichtig für die männlichste aller Konfliktlösungsstrategien: Ich verdränge.
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25
Fünf Stunden später arbeite ich noch eine kleine Korrektur in mein neues Koffeinfreier-Kaffee-Drehbuch ein: Ich habe geschrieben, dass die Kaffeesatzleserin zunächst unverständliche Geräusche vor sich hin murmelt, genau wie Tante Emine es gemacht hat. Das war den Auftraggebern jedoch zu übertrieben und clownesk – die Werbung hat offensichtlich eine instinktive Abneigung gegen die Wahrheit. Also ersetze ich die Realität durch eine Erfindung, die realer wirkt.
Als ich gerade darüber nachdenke, ob ich die Kaffeesatzleserin »Oooh, hier zeichnet sich etwas ab« sagen lassen soll oder lieber »Ahh – hier zeigt sich die Zukunft«, klingelt mein Handy. Es ist Aylin.
»Hallo, Nisanlım!«
»Nisanlim?«
»Mein Verlobter.«
»Ah. Also dann: hallo Nisan...lim.«
»lım. Ein i ohne Punkt. Nisanlım.«
»Hallo, Nisanlım.«
»Super! Du Daniel, ich hab ein Traum-Angebot, für fünf Tage Kinderanimation zu machen, auf der Automobilmesse in Hannover. Ich müsste aber schon heute Nachmittag losfahren.«
»Äh, was wollen denn Kinder auf der Automobilmesse?«
»Eben nichts. Deshalb sollen sie ja animiert werden.«
»Das leuchtet ein. Fünf Tage???«
»Ich werde dich auch vermissen, aber es ist richtig gut bezahlt. Du bist doch nicht sauer, oder? Wenn du's nicht willst, mach ich's nicht.«
Welche deutsche Frau würde ihren Verlobten um Erlaubnis fragen, ob sie einen Job annehmen darf? Könnte man sich vorstellen, dass Angela Merkel ihren Joachim fragt: »Du, ich muss morgen zu einem Krisengespräch mit Putin, aber wenn du's nicht willst, lass ich's sausen«?
Dabei hatten Aylin und ich nicht mal ein festes Programm, das wir jetzt über den Haufen schmeißen müssen. Aber es fühlt sich gut an, großzügig sein zu dürfen.
»Kein Problem, fahr ruhig. Natürlich werde ich dich vermissen, aber das hört sich doch nach einem guten Job an.«
»Du wirst mir auch fehlen ... Heute Abend bist du übrigens schon gut versorgt.«
»Inwiefern?«
»Mein Vater lädt dich ins Männercafé ein.«
»In ein türkisches Männercafé???«
»Ja. Heute spielt Trabzonspor.«
»Aber ich meine, in einem türkischen Männercafé ... ist das nicht eine verbotene Zone? Da darf man doch sicher gar nicht rein als Deutscher! Da muss man doch sicher Moslem sein. Sind die da eigentlich bewaffnet? Gilt da noch das deutsche Grundgesetz?«
Fast kommt es mir vor, als spreche meine Mutter aus mir. Aber türkische Männercafés sind bei mir irgendwie angstbesetzt. Eine Art Staat im Staat, wie der Vatikan in Italien; irgendwelche unsichtbaren Geheimbünde ziehen im Hintergrund die Fäden und bringen jeden Fremden um, der zu tief eindringt. Aylin lacht:
»Mach dir keine Sorgen, Daniel. Du bist doch jetzt für alle Türken Eniste.«
»Wie, für alle Türken?«
»Na, wenn du mit einer Türkin verlobt bist, bist du nicht mehr Deutscher, dann bist du unser Schwager.«
»Wow – das ist ja einfach
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