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Machos weinen nicht

Machos weinen nicht

Titel: Machos weinen nicht Kostenlos Bücher Online Lesen
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haben, hat der Arzt mir meinen Sohn gezeigt.«
    »Kosmetika?«
    »Ja. Cremes. Lotionen gegen Falten. Aus meinem Kind sind ausgezeichnete Kosmetika geworden. Sehr teure. Ich könnte mir solche Cremes nicht leisten. Bei mir zu Hause verdiene ich sehr wenig Geld.«
    »Nun hör aber auf! Du hast auch so eine wunderbare Haut.«
    »Danke.«
    Dann sprang der Italiener auf. Schrie irgendwas. Stolperte mehrmals auf dem Weg zur Tür.
    Bevor die Tür zuschlug, leckte kurz helles Licht über Brigittas weiße Haut.
    »Er wird doch nicht die Polizei holen?«
    »Nun bring doch endlich zu Ende ... Das, was du machst.«
    »Gleich. Entschuldige. Gleich.«
    In der Flasche war noch unerträglich viel Alkohol übrig. Ich schloss die Augen und sah eine Roulettekugel, die über die verschiedenfarbigen Sektionen hüpfte. Sie drehte sich in wahnsinnigem Tempo.
    Interessant – hatte ich gewonnen? – oder verloren?
    »Du hast einen Sohn. Du hast es gut. Aber ich werde nie wieder ein Kind haben.«
    Die Kugel hüpfte weiter. Das Rad drehte sich immer schneller.
    7
    D ie Abschlusszeremonie des Kongresses »Die religiöse Jugend an der Schwelle zum dritten Jahrtausend« fand auf einem offenen Platz hinter der Kantine statt.
    Die Redner kletterten auf eine niedrige Bühne und sagten etwas. Die an den Palmenstämmen aufgehängten Lautsprecher rauschten. Die Stimmen brachen sich in einem endlosen Echo. Auch der Lama Gesche Tschokji Nidal hielt eine kurze Rede. Ich konnte nicht ein Wort verstehen.
    Alle klatschten in die Hände, lächelten, umarmten sich, sagten, wie schade es sei, dass man Abschied nehmen müsse. Zum Schluss sangen sie im Chor ein Lied.
    Ich fühlte mich prächtig. Nichts tat mir weh. Allerdings beunruhigten mich laute Geräusche. Schlagende Türen lösten bei mir hysterische Anfälle aus. Außerdem war ringsum eine merkwürdige Bewegung zu spüren – eine sehr merkwürdige, nicht fassbare Bewegung – eine mir feindlich gesinnte Bewegung – Meine Fingernägel waren so schmutzig, dass ich sie nicht mehr sauber bekam. Stellenweise waren sie bis aufs rosige Fleisch abgebrochen. Die Finger hatten sich durch und durch mit dem Dreck von Kuala Lumpur vollgesogen. Wegschmeißen sollte man die Scheißdinger, sich neue anschaffen. Dann war da noch das Sodbrennen. Aber das beunruhigte mich weniger.
    »Damit hat unser Kongress seine Arbeit beendet. Allen ein herzliches Dankeschön!«
    Die Delegierten klatschten noch eifriger. Ich drängte mich aus der Menge heraus und schlenderte zur Kantine. Stöberte dort Papauskas auf. Ob wohl meine Unrasiertheit genauso widerwärtig aussieht?
    »Die Malaien sind Schweinehunde. Die halbe Nacht haben sie unter meinem Fenster gegrölt: ›Torpedo! Moskau !‹ Hast du das nicht gehört?«
    »Nein, eigentlich nicht. Ich schlafe fest.«
    Wir schwiegen eine Weile.
    »Den wievielten haben wir heute?«
    »Wir fliegen morgen ab. Wenn du das meinst.«
    »Morgen schon? Irgendwie geht das alles – ein bisschen zu schnell.«
    »Zu schnell?«
    Ich füllte mir Fleisch nach. Obwohl ich morgens gewöhnlich kein Fleisch esse. Meine Arme fühlten sich weich und schwach an. Das Fleisch verschwand wie von selbst. Unterhalb des Zwerchfells herrschte feierliche Stille. Ich nahm mir noch eine Portion. Dann merkte ich plötzlich, dass mir gleich übel werden würde.
    Die Kantine war ungewöhnlich riesig – unermesslich – und ich war klein. So klein, dass man ungestraft mit mir schimpfen konnte, aber noch nicht so klein, um gar nicht mehr aufzufallen. Überhaupt, die Dimensionen machten mir Probleme.
    Ringsum saßen Leute. Viele Leute – oder wenig Leute? Irgendwo hatte ich diese Gesichter bestimmt schon gesehen – aber wo? Die Leute hatten verkniffene Münder. Vielleicht wussten sie irgendein peinliches Geheimnis über mich? Wussten überhaupt alles über mich? Jedes Gesicht war wie ein Hieb – traf mich ins Zwerchfell. Ich hätte am liebsten die Augen zugekniffen und ganz schnell den Kopf geschüttelt. Und außerdem wäre ich am liebsten nie im Leben geboren worden.
    Ich fuhr mir mehrmals mit allen fünf Fingern durchs Haar. Es fühlte sich an wie der Damm bei einer Frau. Über dem Augenlid klopfte eine Ader. Auf den Rhythmus wären selbst The Prodigy neidisch geworden. Auf der anderen Seite der Pupillen drängten sich bruchstückhaft unwahrscheinliche Erinnerungen. Nicht eine davon ergab auch nur ein Drittel einer Geschichte. Irgendwelche Fratzen – Worte, die nichts bedeuteten – und nicht der kleinste Hinweis

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