Machos weinen nicht
dann würde ich mir auch jeden Tag ‘ne Nutte kaufen!«
Am Vorabend waren wir in der beliebten Disco »La Playa« gewesen. Ein Lokal, das mir ziemlich primitiv vorkam. Dort hatte Jacob sich eine Prostituierte gekauft – ein russisches Mädchen. Wie man weiß, ist in Tallinn alles klein und adrett. Alles bis auf die Zähne und Füße der Estinnen. Schutt kam auf unser Zimmer, knetete seine Finger und kniff das Mädchen sogar zum Spaß in den Busen. Aber mit ihr zu schlafen lehnte er kategorisch ab.
Als wir wieder in Petersburg waren, erzählte er oft von dieser Episode. Wenn es keine frischen Zuhörer gab, erzählte er sie sogar mir. Mit der Zeit ging aus der Erzählung überhaupt nicht mehr hervor, wer die Prostituierte bezahlt und wer eigentlich mit ihr geschlafen hatte. Schutt glaubte wirklich an das, was er erzählte, und meinte, dass auch die anderen daran glauben müssten. Wenn er einen anrief, sagte er nicht: »Hallo! Wie steht‘s?«, sondern brüllte jedes Mal: »Bist du bekloppt? Wieso bist du zu Hause? Hier ist vielleicht was los! Echt geil! Besorg dir ‘ne Karre und komm her!« Ich wusste, dass dort gar nichts los war. Aber das wusste nur ich, nicht er.
Wie ich schon vermutet hatte, bekam er für das Maschinengewehr keine müde Kopeke. Edik traf sich noch ein paarmal mit ihm und machte ihn sogar mit den anderen Kompagnons bekannt – nur auf das Geld wollte die Rede irgendwie nicht kommen. Als Schutt allerdings von der nächsten Tour wieder ein Maschinengewehr mitbrachte, gab Edik ihm doch noch Geld. Sweta prahlte vor mir mit dem Bündel grüner Scheine. Wenn das Bündel noch dicker würde, dann würden sie sich eine Wohnung kaufen. Von den Alkis kriege man Wohnfläche für ein paar Kopeken. Das hätte sogar Edik erzählt. In ihrer Wohnung würden gute Möbel und teure technische Geräte stehen. Sweta zählte auf: Kühlschrank, Polstersofa, Stereoanlage, Küchenmaschine ...
Das Geld, das er für das zweite Gewehr bekommen hatte, ging fast vollständig drauf. Zusammen mit seinen Geschäftspartnern ging Gleb in die Sauna und trank Whisky im »Nemo« an der Gorochowaja. Anschließend musste man unbedingt ins Camping-Motel »Olgino« fahren. Von dort brachte man Schutt in einem solchen Zustand zurück, dass er mehrere Tage lang den Kopf nicht vom Kissen heben konnte. Seine Mutter wollte sogar schon einen Arzt rufen. Er krächzte: »Nicht nötig.« Du willst mit Leuten wie den Kompagnons Geschäfte machen? Dann musst du auch die Spesen akzeptieren.
Mir war die Sache etwas peinlich. Ich bemühte mich, ihm und seinen Kompagnons aus dem Weg zu gehen. Im »Mad Wave« traf ich ihn zum ersten Mal seit – na, bestimmt seit zehn Monaten.
»Gestern waren wir im ›Juschnaja‹! Haben uns in die Hosen gemacht vor Vergnügen! ‘ne tolle Zeit hatten wir, echt geil! Weiber gibt‘s da!«
Schutt saß auf dem Beifahrersitz und fuchtelte mit seinen langen Armen. Edik ruckte am Schalthebel herum. Um drei Uhr nachts wird die Schlossbrücke für kurze Zeit geschlossen. Wir mussten sehen, dass wir noch rechtzeitig durchrutschten. Die anderen fuhren in einem zweiten Auto hinter uns her. Sogar nachts wirkte die Stadt trocken und heiß wie der Händedruck eines Typhuskranken. Als wir über den Newski fuhren, bemerkte ich, dass auf den Stufen des Cafes »Sewer« ein Schwarm erschöpfter Inline-Skater saß. Vor zehn Jahren noch verkehrten hier nur Valutaschieber, teure Zuhälter und die ersten Auftragskiller des Landes. Omni... äh – florent – oder fluerent? Ich hab vergessen, wie‘s weiter heißt.
»Lasst die Schuhe ruhig an. Swetka! Swetik! Wir sind da!« Eine eigene Wohnung hatte er sich noch nicht gekauft. Dafür hatte er in der Wohnung seiner Eltern eine Metalltür mit einem Zerberus-Schloss eingesetzt. Genau die Art von Türen, die Einbrecher heutzutage besonders gern knacken. Die Kompagnons strömten hinterher. Schutt machte sich flaschenklirrend am Kühlschrank zu schaffen. Sein Kühlschrank war auch neu, mit zwei Fächern.
Sweta hatte eine neue Frisur. Im Haus lief sie in einem teuren Sportanzug herum. Als sie mich erblickte, zog sie erstaunt die Brauen hoch. Sagte, ich sähe aber beschissen aus, und verschwand, um den unvermeidlichen Käse zu schneiden.
Ich trinke Alkohol nicht gern zu Hause. Vor langer Zeit habe ich mal jemanden sagen hören, dass das häusliche Trinken der kürzeste Weg zum Alkoholismus sei. Der Satz hat sich mir eingeprägt. Ich fürchte mich vor Alkoholismus ungefähr so, wie sich die
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