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Machos weinen nicht

Machos weinen nicht

Titel: Machos weinen nicht Kostenlos Bücher Online Lesen
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und weh und legten sich nicht eher hin, als bis es ihm wieder besser ging. Am nächsten Morgen flößten sie ihm extra gekochtes Kompott ein.
    Trinken konnte Schutt überhaupt nicht. Er kannte seine Schwäche, litt darunter, becherte aber trotzdem bis zum Umfallen. Als Ergebnis kam es dann zu anekdotenreifen Stürzen mit dem Gesicht in den Salat. Einmal lud mich ein Bekannter, der amerikanische Journalist Jacob, zu einer Fahrt nach Tallinn ein. Schutt hatte noch ein paar Wochen Zeit bis zu seiner nächsten Tour. Er fuhr mit.
    Die Schaffner trugen Körbe mit Bier und Erdnüssen durch die Abteile. Im Zugrestaurant tranken wir widerlichen estnischen Wodka. Schon auf dem Bahnsteig hatte Gleb Schluckauf und stierte mit leerem Blick durch die Gegend. Im Hotel musste er sich übergeben, gleich neben der Rezeption. Wir kamen nur deshalb nicht in die Ausnüchterungszelle, weil Jacob einen amerikanischen Pass hatte. Morgens fand ich Schutt schlafend in der Toilette. Dort verbrachte er auch drei
    von den vier folgenden Nächten. Jacob nannte ihn »puker« – Kotzer.
    Gegenüber vom Hotel standen Telefonzellen für Ferngespräche. Jeden Morgen, nachdem er sich gewaschen und mit Kölnisch Wasser bespritzt hatte, lief Schutt hinüber, um Sweta anzurufen. Einen Tag vor der Abfahrt schleppte er mich durch die Geschäfte, um Geschenke für sie zu kaufen.
    »Kannst du schnell rechnen? Wie viel ist das in Dollar? In Rubel wäre das also ... Ich muss meinem kleinen Mädchen unbedingt was mitbringen. Ich amüsiere mich hier, und sie ... Weißt du eigentlich, dass Sweta kürzlich ihre zweite Abtreibung hat machen lassen? Armes Ding!«
    »Warum zum Henker macht ihr so was? Das ist doch gefährlich.«
    »Das weiß ich selber. Aber du siehst doch, in welcher Situation wir sind.«
    »Was für eine Situation?«
    »Weißt du denn nicht Bescheid? Wir haben kein Geld!«
    »Jetzt hör mir bloß damit auf, ja? Weißt du, wie viel mir meine Zeitung zahlt?«
    »Da kannst du mich ja gleich mit einem Penner vergleichen! Habe ich eine Wohnung? Ich habe keine! Denkst du, es macht Sweta Spaß, bei meiner Mutter zu wohnen? Und wenn nun ein Kind kommt? Ich kann Sweta ja nicht mal normale Kleider kaufen. Sie läuft herum wie ein Schulmädchen. Alles, was ich anschleppe, muss ich verkaufen. Und wenn ein Kind kommt, dann – na, was weiß ich – Pampers und was sonst alles dazugehört. Ein anständiger Kindergarten. Dann eine gute Schule. Überall heißt es bezahlen. Ein Computer wird sicher auch nötig sein. Ich will nicht, dass mein Sohn auf der Straße leere Bierflaschen sammelt.«
    »Hast du eine Vorstellung davon, was heutzutage eine Wohnung kostet?«
    »Na und? Wenn ich ein Wörtchen mit dem Kapitän rede und mich auf das Verschieben von geklauten Autos verlege ... Ich habe ausgerechnet: Bei zehn Fahrten müsste sogar eine Zweizimmerwohnung drin sein. Nicht im Zentrum, aber eine ganz normale. Auf die erste Karre leihe ich mir Geld, und dann kann‘s richtig losgehen.«
    »Zehn Fahrten, das sind noch vier Abtreibungen. Kinder kannst du da vergessen.«
    »Nein, Abtreibungen wird es keine mehr geben. Das hab ich Swetka auch gesagt: ›Mach es noch ein letztes Mal, und dann Schluss !‹ Beim nächsten Mal heiraten wir einfach. Bis dahin verdiene ich auch genug.«
    Wir standen auf dem huckeligen Marktplatz von Tallinn. Die spitzgiebligen gotischen Häuser warfen fette Schatten. Schutt suchte in teuren Boutiquen Geschenke aus. Aber nachdem er sein Bargeld gezählt hatte, kaufte er nur ein T-Shirt mit dem Rathaus und eine Flasche Likör Vane Tallinn.
    »Was verdient denn dein Amerikano bei seiner Zeitung?«
    »Weiß ich nicht. Er ist ein bekannter Journalist.«
    »Wenigstens ungefähr?«
    »Ich denke, etwa fünfzigmal so viel wie ich.«
    »Also wie viel?«
    Ich sagte, wie viel.
    »Im Monat? Boah, das ist ja irre! Dieser Hund! Kein Wunder, dass er so ein teures Hotel ausgesucht hat!«
    »Das Hotel bezahlt seine Zeitung.«
    »Und die Nutten, bezahlt die auch seine Zeitung? So ein Schweinegeld! Und wofür? Ich ruiniere mir für ein paar Kopeken meine Gesundheit, und der! Du weißt doch: Ich kann keinen Seegang vertragen. Kaum sind wir auf dem Atlantik, geht‘s mir saudreckig. Das ist ein Geschaukel, eben ein richtiger Ozean. Verstehst du? Das ist kein Autobus, bis zum nächsten Hafen bedeutet das mindestens einen Monat Kotzerei. Und dieser Schweinehund schmiert nur einen kleinen Artikel und kriegt dafür so viel Geld! Die Hälfte davon sollte man mir zahlen,

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