Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Machos weinen nicht

Machos weinen nicht

Titel: Machos weinen nicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren:
Vom Netzwerk:
Machno-Soldaten vor der Syphilis gefürchtet haben. Die Kompagnons plumpsten in die Sessel. Auf dem Couchtisch standen Schnapsgläser. In kleinen Schalen schwammen Salzgurken und marinierte Pilze. Sie ähnelten den Abfällen, die bei der Prozedur der Beschneidung übrig bleiben. Auf einem großen Teller lag Hackwurst.
    Neben Edik saß der kleine Ruslan. Er hatte um den Mund herum und hinten am Hals schlechte Haut. Es gibt solche ewig pickligen Burschen. Ruslan war früher einmal Boxer gewesen. Ich habe ihn nie im Ring gesehen, aber wahrscheinlich war er ein guter Kämpfer. Einmal war ich dabei, als er aus der Hocke heraus einem Mann ins Gesicht schlug, der Geld fürs Parken von ihm haben wollte. Ruslan setzte sich ins Auto und fuhr davon. Der Mann brauchte zehn Minuten, bis er wieder aufstehen konnte.
    Der Club, für den Ruslan früher gekämpft hatte, kaufte ihm eine Wohnung im Zentrum. Von wo er eigentlich nach Petersburg gekommen war, habe ich ihn nicht gefragt. Man konnte auch so sehen, dass es von sehr weit her sein musste. Er hatte nackte Haut anstelle der Augenbrauen und vorstehende spitze Backenknochen. Solche Typen sehen bis ins Alter aus wie halbstarke Rowdys mit glasigen Augen, denen es Spaß macht, Fröschen mit der Rasierklinge die Beine abzuschneiden und Mädchen in Anwesenheit ihrer Freunde zu kneifen.
    Sweta brachte aus der Küche einen großen Korb mit einem Berg Weichbrot. Im Fernsehen wurde jemand nach allen Regeln der Kunst verdroschen. Es war schon spät, nur die Musiksender und die Kabelkanäle sendeten noch. Die Kompagnons streiften ihre Schuhe ab und lachten laut. Füße müssen atmen können.
    »Mit wem wart ihr gestern unterwegs? War der Koreaner dabei?«
    »Alle waren dabei.«
    »Das Wichtigste, sag ich dir, ist die Methode!«
    »Und der Koreaner war auch dabei?«
    »Die ganze Bande war da.«
    »Einen Kerl weich zu kochen – wie soll ich sagen? Man muss eben wissen, wie man das macht.«
    »Erzähl lieber, wie du diese Zwölfjährige gevögelt hast, Borman.«
    »Halt‘s Maul!«
    »Genierst du dich, oder was? Aber beim Vögeln hast du dich nicht geniert?«
    »Halt‘s Maul!«
    »Weißt du noch, wie sie geweint hat: O-onkelchen! Bi-itte-niicht! Weißt du noch?«
    Borman grinste.
    »Woher weißt du, dass sie geweint hat? Du warst doch stockbesoffen und bist eingeschlafen. Und sie hat ja auch gar nicht geweint. Sie hat überhaupt nicht geweint. Sie hat das Geld genommen und danke schön gesagt.«
    In meiner Gegenwart nannte niemand Borman beim Vornamen. Er war Ediks engster Freund. Seine Finger waren ewig schwarz. Auf den Nägeln zeichneten sich große Längsrisse ab. Ein paarmal hatte ich ihn im Fitness-Studio gesehen. Borman war von Kopf bis Fuß mit alten, grünen Tätowierungen geschmückt. Muster, wie man sie im Gefängnis eintätowiert, indem man die Sohle eines Kunstlederstiefels über einem Streichholz erhitzt.
    Edik hat auch erzählt, dass Borman im Penis ein Implantat aus Plexiglas hatte. Vor Langeweile und vom Onanieren halb verrückt, durchbohren sich die Gefangenen mit den Griffen der Aluminiumlöffel ihr Glied und setzen dort Klötzchen oder Kugeln ein. Die langen Jahre bis zur Entlassung träumen sie davon, wie sich auf diesem Glied üppige Frauen der Freiheit winden werden. Nach einiger Zeit eitern die Implantate heraus. Aber zunächst scheint das Leben weniger eintönig.
    »Mir hat man neulich Amphetamin gezeigt, das man mit Alkohol fressen kann.«
    »Scheiße sind deine Amphetamine!«
    »Und was ist keine Scheiße?«
    »Alkohol ist keine Scheiße.«
    »Alkohol ist was für Ochsen. Macht blöde. Na ja, das ist ein Endlosthema.«
    »Ist noch Käse da?«
    »Amphetamine darf man nicht mit Alkohol mischen. Aber bei diesem geht es. Es heißt Benzodol. Chemiker haben mir das geraten. Diese einen, weißt du noch?«
    »Ist noch Käse da, frag ich!«
    »Swetka, bring noch Käse! Und Pilze! Wir haben nichts mehr.«
    »Wo ist der Käse denn?«
    »Im oberen Fach. Du findest ihn schon.«
    »Wenn man Amphetamine mit Alkohol zusammen nimmt, wird man total depressiv. Aber mit Benzodol geht es. Und das ist gar nicht teuer.«
    Normalerweise trinke ich zu Wodka was dazu. Noch besser ist es, ihn mit Cola zu mischen. Auf die Idee, Limonade zu kaufen, war keiner gekommen. Ich beschloss, Käse dazu zu essen. Bald war wieder nichts mehr da. Ich lehnte mich auf dem Sofa zurück. Jetzt versperrte mir Wadiks Rücken die Sicht auf den Fernseher. Wadik sah dem jungen John Malkovich ähnlich. Er

Weitere Kostenlose Bücher