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Machos weinen nicht

Machos weinen nicht

Titel: Machos weinen nicht Kostenlos Bücher Online Lesen
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wunderte sich der Dschigit. Niemals hatte er erlebt, dass sein treffsicheres Gewehr zweimal nacheinander das Ziel verfehlte, noch kannte seine Hand, zuverlässig wie Old Surehand, der Freund der Indianer, einen Fehlschuss. Er setzte seine Braut vom Pferd, zielte und – ba-bach! – trug das Echo der Berge den Knall seines Schusses durch die Luft, aber im Gesicht des Bergziegenbocks regte sich kein Muskel. »Gut denn, Bergziegenbock!«, schrie da der Dschigit, »noch nie ist jemand meinem Schuss entkommen, der genau ist wie der Kopf, nicht wie der Nagel! Auch du wirst ihm nicht entkommen!«
    Der Dschigit sprang vom Pferd, legte sich auf den Bergpfad, der gewunden war wie eine Schlange, kniff sein Auge zusammen, das zuverlässig war wie das Wort des Präsidenten-Schmasidenten, und drückte auf den Abzug. Aber ohne abzuwarten, dass die Kugel ihn traf, galoppierte der Bergziegenbock über die Abhänge der kaukasischen Berge davon. So konnte der Dschigit kein Schaschlik aus diesem Bock für seine Geliebte zubereiten, und sie starb vor Hunger, und dann starb auch der Dschigit Zuletzt starb das Pferd. Es brauchte kein Schaschlik, das Pferd, es starb einfach aus Gesellschaft
    So lasst uns unsere Gläser füllen, liebe Gäste, und darauf trinken, dass wir nie im Leben solche Böcke schießen!

3. WARME VORSPEISEN
    Sechstes Rezept – Vorspeise »Neujahr«
    A lles begann, nachdem sie aus Schweden zurückgekommen waren. Sie fuhren nach Hause, jeder zu sich, und zogen all die neuen, gerade erst ausgepackten Sachen an. Sie kam zu ihm in die Redaktion und gab vor den Kollegen lange mit den noch feuchten Fotografien an. Da sind wir auf einer gigantischen Achterbahn – und da füttern wir einen Hai im Museum »Akvaria« – einen lebenden Hai natürlich – und das sind wir vor dem Königsschloss ...
    Da sie nun schon einmal da war, beschloss er, sie auszuführen. Sie waren schon ein Jahr zusammen, alles war schon hundertmal erprobt. Um ehrlich zu sein, der junge Mann fühlte sich zerschlagen. Die vergangene Nacht hatten sie endlose Pass-und Zollkontrollen über sich ergehen lassen. Er hatte fast gar nicht geschlafen. Draußen war es schwül, und er hatte schon früh am Morgen zur Arbeit gemusst. Als das Mädchen davon anfing, dass er sie zu wenig beachte, ganze Tage mit seinen Freunden in den Bars herumhänge, sie aber wahrscheinlich schwanger sei, nutzte der junge Mann die Gelegenheit und brach mit Vergnügen einen Streit vom Zaun. Sie rief ihre Mutter an, die kam mit dem Auto angefahren und holte sie ab. Danach dachte er oft an das Mädchen, wie sie auf der Schwelle seiner Wohnung gestanden hatte. Ein graues schwedisches T-Shirt mit einem Elch drauf. Hellblaue Jeans. Lederschuhe von TJ, die er ihr in Moskau gekauft hatte ...
    Die Menschen können wohl nicht anders, sie müssen schreien und sich voneinander erholen, aber wieso muss man sich deshalb für immer trennen? Sie hatten sich ein ausgefeiltes Versöhnungssystem ausgedacht. Manchmal verabredeten sie sogar im Voraus, wer nach dem nächsten Streit als Erster wieder anrufen sollte.
    Sie rief erst nach einiger Zeit an. Und zwar, um zu sagen, dass sie ans Schwarze Meer fahre. Bulgarien, Griechenland, Istanbul ... Er presste die Stirn an die kalte Wand: Warum fährst du weg?! Wir sind gerade erst aus Skandinavien zurück, hast du nicht genug Erholung gehabt?! Sie sagte, sie käme in drei Wochen wieder und sie würde schreiben. Piratenboote jagten die Moika hinunter. Auf dem Marsfeld saßen alte Männer und fächelten sich mit Zeitungen Luft zu. Die Kinder fütterten Enten und Schwäne. Er wachte auf, trank schwarzen, sehr süßen Kaffee, aß Müsli. Auf dem Weg zur Arbeit kaufte er etwas Obst, abends trank er Bier. Er ging irgendwohin, unterhielt sich mit irgendwem. Aber in Wirklichkeit wartete er.
    Mit ihrer jüdischen Mama wollte er nicht sprechen, und am Tag ihrer Ankunft mochte er nicht anrufen. Sie rief auch nicht an, und am nächsten Morgen lief er zum Verlag. Unterwegs traf er einen verkaterten, schwitzenden Kollegen, der Pepsi aus der Dose trank. Aus purer Langeweile fragte er den Kollegen, wo er gestern Abend gewesen sei, und der Kollege sagte, er sei gestern mit ihr zusammen gewesen – mit ihr, auf die er wartete. Sie seien mit der ganzen Clique in den »Korsar« gegangen und hätten Billard gespielt. Alle hätten sich gründlich betrunken, und sie sei mit irgendeinem Cowboy weggefahren ...
    Er kehrte langsam nach Hause zurück. Duschte, ging in seine Redaktion. In

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