Machos weinen nicht
Zigarette an der bis zum Filter heruntergebrannten vierten an und beobachtete, wie seine Finger zitterten.
In diesem zweiten Herbst zankten sie sich ohne Ende. Wahrscheinlich war er unerträglich. Nicht lange vor Weihnachten zerstritten sie sich ernsthaft. Er wartete darauf, dass das Mädchen anrief, aber sie rief nicht an. Beim letzten Neujahr hatten sie Wein getrunken, Kokain geschnupft, waren mit Freunden ins »Cleo« gefahren und hatten morgens vorbeifahrende Autos aus einer Pumpgun beschossen. Er hoffte, dass auch diesmal alles so toll sein würde. Aber sie rief nicht an, und am 31. Dezember rief er an. Sie sagte, er könne zu ihr ins Büro kommen. Der junge Mann zog sich an und lief los.
Schon eine Woche zuvor hatte er Geschenke für sie gekauft. Einen riesigen rosaroten Plüschpanther und ihr Lieblingsparfüm. Aber dann hatte er alles verkauft und sich für das Geld Alkohol besorgt. Deshalb rannte er jetzt hastig zum Juwelier und suchte für sie einen goldenen Ring mit einem Brillanten aus. Die Bürgersteige waren vereist, unter dem Eis schimmerte schwarz der Asphalt.
Zu dieser Zeit arbeitete sie bereits für ihren Politiker. Ihr Büro befand sich in einem luxuriösen Regierungsgebäude. Er hielt ein Auto an. Am Steuer saß ein Schwarzer, ein echter Afrikaner. Der junge Mann musste ihm mit dem Finger den Weg zeigen. Wie fand er sich bloß zurecht, wenn er keine Passagiere im Auto hatte? Zwanzig Minuten später hielt er sie schon fest umarmt, presste ihre große Brust und ihre zerbrechlichen Schultern stürmisch an sich. Das Kleid des Mädchens hatte am Bauch ein Brandloch von einer Zigarette. Wer war mit einer Zigarette zwischen den Zähnen an ihrem Bauch gewesen? Noch im Gebäude, das vermutlich mit Wanzen und versteckten Kameras vollgestopft war, zog er sie unter die Treppe, setzte sie auf einen Vorsprung an der Wand, hob ihr verbranntes Kleid hoch, schob ihr Höschen etwas zur Seite ...
Auf den Finger steckte er ihr den Ring. Seltsam, die Größe hatte er auf den Millimeter genau getroffen. Sie sagte, Neujahr würden sie zusammen sein. Sie würde ihn ihrer Freundin Jana vorstellen, die auch hier im Regierungsgebäude arbeitete, und sie würden zusammen zu dieser Freundin fahren. Er hörte es und fühlte sich leicht, schwerelos, glücklich. Rief einen Freund an und ging mit ihm ins »Lissabon« trinken.
In dem kleinen Lokal ging es ziemlich brutal zu. Eine Massenschlägerei hatte er hier zwar nur einmal gesehen, aber das Design der Bar machte einem sofort Lust, jemandem in die Schnauze zu hauen. Jedes Mal, wenn er die Hand mit dem Glas zum Mund hob, spürte er den Geruch, der dem Aroma von Saziwi ähnelte, und dann kam ihm der Alkohol wie Wasser vor. Der klebrige, feuchte, urtümliche, alles verschlingende Geruch der begehrten eigenen Frau. Allerdings hatte sie gesagt, dass vielleicht schon kurz nach Mitternacht der Politiker zu Jana in die Wohnung kommen würde und er dann vielleicht in irgendeinem Club warten müsse, aber das werde nicht lange dauern. Der Freund hatte keine Pläne für Neujahr, und er lud ihn ein, mit zu Jana zu gehen. Um halb elf saßen sie bereits alle vier am Tisch. Ab und zu führte er das Mädchen in das hintere Zimmer und drehte sie schon gleich auf der Schwelle mit dem Rücken zu sich. Er sagte, dies sei jetzt der letzte Sex im alten Jahr – und dies der erste im neuen – und dies der zweite ... Schwer atmend setzte sie sich auf den Rand des Bettes, zog sich die Strümpfe an und sagte, der junge Mann solle herkommen, sie wolle ihn küssen, weil er ein so su-u-u-pertoller Lover sei. Am Rande des Weltalls lief der Fernseher ... Aber dann kam der Politiker.
Oder nein, genauer gesagt, rief er zuerst an. Der Politiker sagte, er fahre jetzt los, und das Mädchen wurde ganz hektisch, schrieb dem jungen Mann die Telefonnummer von Jana auf, die er anrufen solle, fragte, wo er sein werde, wartete seine Antwort nicht ab, lief in die Küche, um etwas zu holen, fragte wieder, schob ihn aus der Tür und sagte, er solle aber nicht auftauchen, ohne vorher anzurufen. »Wer kommt denn da zu denen?«, fragte der Freund, der hinter ihm hergeschubst wurde. Der junge Mann nannte den Namen des Politikers, und der Freund sagte: »Nicht schlecht!« Als sie im Taxi losfuhren, konnten sie noch sehen, wie ein Wagen mit Blaulicht auf dem Dach vor dem Hauseingang hielt.
Die Wartezeit beschlossen sie bei ein paar Mädchen aus ihrer Bekanntschaft zu verbringen. Dort begann er sich rasch zu langweilen.
Weitere Kostenlose Bücher