Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Machos weinen nicht

Machos weinen nicht

Titel: Machos weinen nicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren:
Vom Netzwerk:
gefallen. Wo sonst, sagen Sie selbst, sieht man an einem Tisch für zwei Personen einen dickwanstigen Banditen, einen langhaarigen Studenten, einen Rockabilly mit Stiefeln, spitznasig wie Skier, und einen Zigeuner mit Goldzähnen, einer von denen, die die Besucher im Apraxin Dwor beklauen? Vorher war er noch ins Casino gegangen und hatte sogar irgendwas mit dem Chef vereinbart. Weiß der Teufel, was.
    Gegen Abend tranken Popow und er verschnittenen Wein, dann wieder Bier. Dann saßen sie mit ein paar flüchtig bekannten Taschendieben zusammen. Einer von ihnen schlief ein, fiel vom Stuhl und schlug sich das Gesicht auf. Popow hielt ein Taxi an, zerrte den Fahrer aus dem Wagen und begann ihn mitten auf der Straße zu verprügeln. Dann waren sie bei irgendwem zu Besuch, und der junge Mann zerbrach ein Fenster in der Wohnung, als er den schweren Aschenbecher durch die Luft schleuderte. Am Morgen war auch noch ein Mädchen da, aber woher sie gekommen war und wohin sie verschwand, wusste er später nicht mehr.
    Übrigens, die Stelle im Casino bekam er. Die Arbeit dort war leicht und interessant. Er sah, wie ein rothaariger Mann mit dem Gesicht eines Magenkranken an einem Abend achtzigtausend Dollar verspielte, er stand nur einen Meter von der Bühne entfernt, auf der der Keyboarder der Gruppe Druschba mitten während eines Auftritts an einem Infarkt starb. Man bezahlte ihm für die Arbeit im Casino nicht viel, aber immer pünktlich. Ehrlich gesagt, war der junge Mann habgierig, wenngleich auch nicht von Natur, sondern aus Armut. Und trotzdem ... Sie müssen das verstehen.
    Vor vielen Jahren hatte der junge Mann zusammen mit seinen Freunden, fünfzehnjährigen Rüden aus Kuptschino, ein Mädchen, das ihnen zufällig über den Weg gelaufen war, überredet, ihnen für Geld einen zu blasen. Er hatte die Absicht, sich aus dem Staub zu machen, ohne zu bezahlen. Aber das Mädchen nannte eine so lächerlich kleine Summe, dass er in seinen Taschen wühlte und ihr doch etwas Geld gab. Das Mädchen setzte sich in den Haupteingang eines neunstöckigen Hauses. Einer von ihnen ging hinein, und sobald er wieder rauskam, ging der nächste rein. Der junge Mann ging dreimal hinein und schaffte es sogar, zwischendurch nach Hause zu laufen und eine Kleinigkeit zu essen. Gegen Abend schlich sich noch ein entfernter Bekannter, ein fünfzigjähriger Krimineller, in ihre Gesellschaft ein. Als das Mädchen aus dem Hauseingang kam, war es schon dunkel. Der um ihren Hals gewickelte Schal war mit verkrustetem Schleim befleckt. Sie wischte sich die müden Lippen ab: »Na, möchte noch wer?«
    Die paar Wochen, die er im Casino arbeitete, hatte er ständig Lust, diese Frage zu stellen: »Na, möchte noch wer?« Um es kurz zu machen, Anfang Oktober kündigte er im Casino. Hätte er nicht selbst gekündigt, wäre er gefeuert worden. Aber Geld brauchte er trotzdem: Er musste IHR Niveau halten. Niveau ist eine verflucht wichtige Sache. Er hatte Bekannte, bei denen in der Garage ein Ford Escort oder etwas in der Art stand, die aber ihr schickes Auto nicht fuhren, weil sie kein Geld für Benzin hatten. Als er wissen wollte, warum sie den Wagen nicht verkauften, zogen die Bekannten die Augenbrauen hoch und verstanden die Frage nicht.
    Es begannen schwierige Zeiten. Er entwickelte eine große Fertigkeit darin, sich in die Metro zu schmuggeln, ohne zu bezahlen. Wenn er Bier trank, warf er die leeren Flaschen nicht mehr weg. Er ging nicht mehr in die kostenpflichtigen Toiletten wie früher, sondern in die der Fastfood-Ketten. Er wusste, wo es problemlos möglich war und wo die Wachleute einen rausjagten. Ein Trost war, dass es manchen anderen noch schlechter ging. Sein ehemaliger stellvertretender Chef arbeitete als Garderobier in einem Club. Als der junge Mann ihn bemitleiden wollte, erklärte er, er sei zufrieden: Zehn bis fünfzehn Dollar pro Nacht sprängen heraus. Auf seine verwunderte Frage erfuhr der junge Mann, dass der ehemalige Stellvertreter des Chefredakteurs nun in die Taschen der teuren Mäntel griff.
    Er wusste, dass er eine neue Arbeit suchen musste, aber Stattdessen zog er Abend für Abend mit seinen Freunden los, Bier trinken. Jeden Morgen beschloss er, er werde mit der Arbeitssuche am Morgen – am nächsten Morgen beginnen.
    Kennen Sie diesen Zustand? Diese Starre bei dem Gedanken, dass sich alles schon fügen wird und Sie bald Alkohol trinken werden? Wenn im Innern festliche Leere herrscht und Sie fieberhaft verschiedene Möglichkeiten

Weitere Kostenlose Bücher