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Machos weinen nicht

Machos weinen nicht

Titel: Machos weinen nicht Kostenlos Bücher Online Lesen
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durchspielen – wohin kann ich gehen? – was soll ich trinken? – in welchem Verhältnis soll ich die Getränke mischen? – und schon im Voraus schämt man sich ein wenig für das, was man den Mädchen sagen wird. Die Zukunft ist mit einer Chinesischen Mauer von der Gegenwart getrennt. Morgen musst du auslöffeln, was du dir eingebrockt hast, aber sobald du nur ein bisschen getrunken hast, begreifst du überhaupt nicht mehr: Wie konnten dich solche Bagatellen ernsthaft beunruhigen?
    Damit heute alles glatt geht, belügst du deinen Freund, lässt die im Stich, die sich auf dich verlassen, schummelst und windest dich. Sich Geld zu leihen, besonders ohne die Absicht, es zurückzugeben, ist eine große Kunst. Vor Freude wiehernd läufst du damit zum nächsten Café. Du willst nichts überstürzen, du begreifst, dass du gar nicht besonders viel Geld ergattert hast, es reicht nicht mal für den ganzen Abend, man muss es so ausgeben, dass man den maximalen Genuss rausholt. Aber trotzdem trinkst du das erste Glas in einem Zug aus – ex! Erst danach beginnt das Wichtigste – das Wirkliche ...
    Sie trafen sich zwei Frühlinge und drei Herbste. Dieser Herbst war der letzte. Jetzt verbrachte er selten Zeit mit ihr. Manchmal ergab es sich von selbst so. Jemand kam vorbei und holte ihn ab, er rief an und sagte, er käme in einer halben Stunde. Abends rief er noch mal an, sagte, er sei noch nicht zu Hause – und dann rief er nicht mehr an. Manchmal zankte er sich absichtlich mit ihr. Nahm irgendeine lächerliche Kleinigkeit zum Anlass, machte eine Szene, ging fort und freute sich, dass er nicht in ihr angeekelt verzogenes Gesicht schauen musste.
    Eine Zeit lang dachte er noch an sie. Er stellte sich vor, wie sie beide in dreißig Jahren, alt geworden, zu Hause sitzen würden. Er in Pantoffeln und mit einem teuren Brillengestell. Sie gealtert, mit großem Busen, der mehrere russisch-jüdische Kinder, kräftig wie erigierte Glieder, genährt hatte. Ja-a-a! Er nahm einen Schluck aus dem schlecht gespülten Glas und warf sich eine Scheibe von dem ekelhaften Zeug in den Mund, das einem die Gastwirte als kalt geräucherte Makrelen andrehen wollen.
    Aber dann begann die Nacht, und er brauchte keine virtuelle SIE mehr. Er wollte einen lebendigen, warmen Menschen rieben sich spüren. Er drehte lange die Telefonwählscheibe, rannte flüsternd irgendwohin, bestand hartnäckig auf etwas und trottete am nächsten Morgen mit dummem Gefühl betrunken und schlecht riechend nach Hause. Er konnte die morgendlichen Züge der Metro nicht ausstehen. Für eine Zeitung mit Witzen reicht das Geld nicht mehr, auf den endlosen Streckenabschnitten wird man durchgerüttelt und weiß absolut nicht, wie man sich die Zeit vertreiben soll.
    Elftes Rezept – Schawerma
    H aben Sie bemerkt, dass es die Kleidung ist, die bestimmt, wie man sich anderen Leuten gegenüber verhält? Es erregte ihn, die Sachen des Mädchens aufzuknöpfen, auszuziehen, auf den Boden zu werfen. Ihm gefiel diese Abhängigkeit von den Sachen nicht, aber derartige Empfindungen saugen einen auf. Die Sachen, die das Mädchen sich kaufte, standen ihr immer gut. Besonders gern kaufte sie Unterwäsche, Silberschmuck und Pflegemittel für den Körper. Mehrere Regale mit BHs, Slips, Strumpfgürteln, geheimnisvollen weißen, roten, schwarzen und fliederfarbenen Spitzen. Jede Woche ein duftender Badezusatz für mindestens sechzehn Dollar. Sachen sind so was Ähnliches wie Gonorrhö, Diarrhö oder Radio hören.
    Sie trug zum Beispiel keine Strumpfhosen – nur Strümpfe. Einmal zog sie ihm im Bett die Strümpfe an. Der Kontakt des synthetischen Materials mit der Haut war unangenehm, und er zog die Strümpfe wieder aus. Ihm gefiel, wie sie sich anzog, ihre Aufmachung dagegen gefiel dem jungen Mann gar nicht. Schon mit fünfzehn hatte er beschlossen, keine Hemden, sondern T-Shirts zu tragen, keine Modellschuhe, sondern Turnschuhe, keine Stricksachen, sondern nur hundertprozentige Baumwolle. Es hatte eine Zeit gegeben, in der er diese Grundsätze nicht beachtet hatte. Als er mit seiner Frau zusammenlebte, schaffte er sich mehrere Jacketts an, kaufte bei Little Wood Seidenkrawatten. Aber dann kam er davon wieder ab und kehrte zu seinen Anfängen zurück.
    Hemden hatte er in jenem Herbst nur noch zwei. Dafür jede Menge T-Shirts. Eins in Tarnfarben, wie es die Guerilleros in Kolumbien tragen. Ein schwarzes mit Werbung für das Tattoo-Studio, wo er sich seine Tätowierung auf der Schulter hatte machen

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