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Mach's falsch, und du machst es richtig

Mach's falsch, und du machst es richtig

Titel: Mach's falsch, und du machst es richtig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Ankowitsch
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Expertise»: Je größer die Spezialkenntnisse, desto
unzuverlässiger
geraten die Vorhersagen der Experten in ihrem Fachgebiet. Der Grund: Um plausible Prognosen erstellen zu können, müsse man sein schmales Fachgebiet in einem größeren Kontext betrachten, also die es umgebenden komplexen und dynamischen Verhältnisse mitdenken. Aber genau das würden Experten nicht tun. Was uns zu der überspitzten Feststellung veranlaßt: Je klüger wir auf einem Spezialgebiet werden, desto dümmer werden unsere Voraussagen. Angesichts der Ankündigung von Politikern, eine Expertenrunde zur Lösung unserer Probleme einzuberufen, dürfte man in helle Panik verfallen. Denn Experten sind nach Ansicht des Geheimdienstes nicht nur schlechte Prognostiker – sobald sie miteinander Probleme debattieren, produzieren sie
noch unbrauchbarere
Ratschläge. So hat eine bereits zitierte aktuelle Untersuchung gezeigt, wie Gruppendebatten dazu führen, daß wir unsere Meinungen einander angleichen und dadurch regelmäßig danebenliegen.
    Wer nun einwendet, dieses «Paradox der Expertise» sei zwar recht interessant, habe mit uns Laien aber nichts zu tun, der irrt. Wir sind nämlich gar keine Laien, sondern ebenfalls Experten. Wir mögen nicht die geringste Ahnung von den Forschungsgebieten der CIA haben, aber in einem anderen Bereich sind wir wahre Fachleute, und zwar darin, das eigene Leben zu bewältigen. Und nicht nur das: Wir verhalten uns auch genau so, wie das Experten gerne tun. Wir sammeln Erfahrungen, Fakten und Erkenntnisse, ordnen sie und bilden schließlich eine Theorie erfolgreichen Handelns daraus. Und erfolgreich – das sind wir ausnahmslos. Allein der Umstand, daß wir sind, wo wir sind, belegt das (aus evolutionärer Sicht) recht zweifelsfrei. Wir haben es bis auf den heutigen Tag geschafft, nicht nur am Leben zu bleiben, sondern uns sogar Bücher wie dieses vorzunehmen. Wie immer unser Regelwerk konkret aussehen mag – jeder von uns hat eines entwickelt (und mag es auch darin bestehen, daß es kein Regelwerk gibt). Wir alle sind Experten des eigenen Lebens. Genaugenommen: die einzigen Experten. Und so verfallen wir auch unseren eigenen Irrtümern.
    So wenig hilfreich unsere Routinen bisweilen sein mögen und so paradox ihre Ergebnisse – das ändert nichts an dem Faktum, daß sie einen deutlich größeren Einfluß auf unser Leben ausüben, als wir aufgrund unserer simplen Annahmen und Regeln glauben. Eine These, die unter vielen anderen von dem Neurologen Antonio R. Damasio bestätigt wird. So verweist er auf eines seiner bekannten Experimente [145] , in dem er Versuchspersonen darum bat, Spielkarten abzuheben; in einem Stapel befanden sich gute Karten, im anderen schlechte. Die naheliegende Aufgabe für die Probanden: Finde möglichst schnell heraus, welches der Stapel mit den guten ist. Im Laufe des Versuchs habe sich gezeigt, daß unser Gehirn sehr schnell «erkennt», welcher Stapel welche Qualität hat – und zwar ohne unser Bewußtsein damit zu befassen. Das äußerte sich darin, daß die Versuchspersonen bereits zu einem Zeitpunkt intuitiv nach dem Stapel mit den guten Karten griffen, als sie noch keine bewußte Entscheidung gefällt hatten, es zu tun. Damasios Schlußfolgerungen sind weitreichend: Die Experimente zeigten, «dass zahlreiche Entscheidungen, die am Ende durch Rückgriff auf einschlägige Kenntnis und Logik getroffen werden, durch nichtbewusste Einflüsse gebahnt werden können, bevor Wissen und Logik richtig zum Tragen kommen. Es zeigt weiterhin, dass Emotionen eine wichtige Rolle für die nichtbewussten Signale spielen».
    Sind wir also bloße Marionetten unbewußt ablaufender Prozesse, zu wenig mehr in der Lage, als uns ein paar simple Theorien über die eigene Person zusammenzureimen? Wohl kaum. Vielmehr haben wir im ersten Kapitel gesehen, daß unsere einfachen Annahmen dazu führen können, daß die Dinge manchmal auf eine beängstigende Art und Weise
genau so
kommen, wie wir uns das in unserer ganzen Naivität vorgestellt haben. Erinnern Sie sich nur an die Placebos, die aufgrund der simplen Annahme wirken, kleine weiße Pillen seien machtvolle Mittel gegen unsere Kopfschmerzen. Die Sie vielleicht gleich brauchen werden, denn jetzt wird es noch ein wenig komplizierter.

Wir eignen uns die Welt mit Hilfe einfacher Regeln an. Gleichzeitig verstrickt uns die Welt in ihre komplizierten Verhältnisse. Eine verwirrende Lage – übersichtlich zu einer kleinen Liste zusammengestellt.
    «Ja, was

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