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Macht der Toten

Macht der Toten

Titel: Macht der Toten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcel Feige
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hustete. »Du hast sie gefunden?«
    »Also warst du es tatsächlich?«
    »Natürlich, wer sonst?«
    »Und warum?«
    »Ich wollte dich warnen.«
    Also hatte sein Gefühl Philip nicht betrogen.
    »Ich wollte dir signalisieren, dass da etwas auf dich zukommt, was nur schwer zu begreifen ist.«
    »Davon habe ich die letzten Tage genug erlebt.«
    »Ich weiß«, stellte der andere fest.
    »Du wolltest mich darauf vorbereiten, dass wir beide uns gegenüberstehen werden«, mutmaßte Philip.
    »Ja.«
    Philip entsann sich der albernen Wortgefechte, die er sich mit seinem Kumpel Ken in dessen Wohnzimmer geliefert hatte. »Sorry, ich könnte mir vorstellen, dass es einfachere Methoden gibt, mit jemandem in Kontakt zu treten, als mit einem Geldstück.«
    »Nun, so richtig geglückt ist dir das aber nicht.«
    Der andere trat einen Schritt vor. Er dämpfte seine Stimme, als wäre es von ungeheurer Wichtigkeit, was er nun sagte. »Was weiß ich… als du… ich… ach, wer auch immer… man hat mich ebenfalls auf diese Weise auf die Begegnung vorbereitet. Ich gebe zu, damals fand ich’s ebenso hirnrissig. Aber heute fiel mir leider auch nichts Besseres ein.«
    »Die Geschichte wiederholt sich«, sagte Philip.
    »Du lernst schnell.«
    »Habe ich eine andere Wahl?«
    Der andere schüttelte den Kopf. Jetzt wirkte er erschöpft und niedergeschlagen. »Nein, das haben wir nicht.«
    »Wir?«
    »Du und ich und…« Er hustete. Seine Lunge rasselte. Es war nicht gut um seine Gesundheit bestellt. Mit einem Keuchen stieß er hervor: »… unsere Familie.«
    »Meine Familie?« Philip sinnierte kurz. Das Pack ist tot, hatte sein Vater ihm all die Jahre eingebläut. Aber die letzten Tage hatten das Gegenteil bewiesen. Es würde ihn nicht wundern, wenn noch einige Überraschungen auf ihn warteten. »Was ist mit meiner Familie?«
    »Ich möchte, dass du verstehst, bevor…« Der andere verstummte abrupt, kam noch einen Schritt näher. Aber er scheute den Körperkontakt. Was würde geschehen, wenn sie sich berührten? Philip widerstand der unerwartet starken Verlockung, mit seiner Hand den Abstand zwischen ihnen zu überwinden.
    Bevor was?
    Der andere schaute nach links, nach rechts. Außer vereinzelten Schneeflocken, die durch die Luft wirbelten, war nichts zu erkennen. »Wir haben nicht mehr viel Zeit, bevor…«
    »Erzähl!«, unterbrach ihn Philip unwirsch. Er wollte gar nicht mehr wissen, was passieren würde. Es genügte, wenn der andere es wusste. Ebenso wie er wissen würde, was dann zu tun war. Deshalb war er schließlich gekommen.
    »Piss die Wand an«, knurrte Philip. »Erzähl schon!«
     
     
    Berlin
     
    Die schwere Metalltür fiel zurück in den Rahmen, und ein dumpfes, abgründiges Grollen erschütterte die Kammer. Putz bröckelte von den Wänden, rieselte wie Schnee auf Beatrice herab. Der Staub kitzelte auf ihrer Nase. Sie widerstand dem Impuls zu niesen. Für Sekunden hielt sie den Blick auf die Tür gerichtet. In dem ausklingenden Grummeln hörte sie, wie der Priester die Pforte von außen verriegelte. Das Klicken des Schlosses klang in ihren Ohren bedrohlich endgültig.
    Ob er nicht mehr zurückkehrte? Sie elendig in diesem heruntergekommenen Loch verhungern und verdursten ließ? Sie hatte von Menschen gehört, die in Gefängnissen gefoltert wurden, indem man sie ihre eigenen Exkremente essen und trinken ließ, weil es über Wochen nichts anderes gab. Eine ekelhafte Vorstellung.
    Angewidert lauschte sie in die Stille, die einkehrte. Sie vernahm keine Schritte jenseits der Tür. Allerdings hörte sie seine Stimme. Das machte ihr Mut: Ganz sicher kam er wieder und holte sie raus. Er brauchte sie noch, weil sie die Einzige war, die ihm und seinen skrupellosen Hintermännern helfen konnte.
    Dieser Gedanke war wie eine Alarmsirene hinter ihren Schläfen. Sie durfte nicht mehr länger tatenlos herumsitzen, wollte sie den Vorteil, über den sie verfügte, nicht verlieren. Sie beugte sich zu ihren Beinen herab und begann die Fesseln zu lösen. Das erwies sich als schwieriges Unterfangen, denn ihr Peiniger hatte die Stricke mit einem Mehrfachknoten um ihre Knöchel geschnürt: ohne Anfang und Ende.
    Sie hörte, wie vor der Tür seine Stimme anschwoll. Sie presste ihre Lippen aufeinander, verdoppelte die Anstrengungen. Irgendwo musste doch ein loses Ende zu finden sein. Doch egal, woran sie zog, das Seil gab nicht nach. Schweiß gerann auf ihrer Stirn, tropfte in ihre Augen. Sie blinzelte die brennende Flüssigkeit weg.
    Waren da

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