Macht des Schicksals - Spindler, E: Macht des Schicksals
sollten, weil sie ihren Opfern auch sämtliche Rechte genommen hatten. Als Verteidiger hatte sich Milton nachdrücklich gegen diese Haltung ausgesprochen.
Gregory konzentrierte sich völlig auf Rachel und bemühte jedes Quäntchen Diplomatie, das in ihm steckte. „Nicht, wenn der Gerechtigkeit damit gedient wird. Im Fall von Freddy glaube ich, dass das der Fall war.“
Miltons Augen verengten sich, und es schien so, als wäre da die Andeutung eines Lächelns in diesen blauen Augen. Aber es war nur eine kurzlebige Illusion.
Milton legte seine Hände flach auf den Tisch. „Ich sage dir was. Ruf Rachel an und sag ihr, dass ich den Fall übernehme. Danach rede ich mit Mr. und Mrs. Laperousse.“ Er reichte Gregory sein schnurloses Telefon.
Sonn- und Feiertage im Napa Valley waren ein Chaos, dem sich die Anwohner nicht entziehen konnten. Besucher aus San Francisco und anderen Gebieten in der Umgebung kamen in Scharen ins Tal, stürmten die Geschäfte und Weingüter, machten am Straßenrand Picknick und sorgten auf der Route 29 für gewaltige Staus. Valley Week – die „Woche des Tals“ –, die am Wochenende zuvor begonnen hatte und bis zum nächsten durchgehen würde, stellte keine Ausnahme dar.
Von der Terrasse an Rachels Bungalow, in den sie sich zurückgezogen hatten, um ein paar ruhige Stunden zu verbringen, sah Gregory auf das endlose Band aus Autos, das sich in Richtung Süden vorkämpfte. Auf dem Tisch standen die Reste eines Mittagessens, das er und Rachel für Hubert und Ginnie zubereitet hatten, um die Tatsache zu feiern, dass sie wie von Milton versprochen an diesem Morgen auf Kaution aus dem Gefängnis entlassen worden war.
„Hier.“
Gregory wandte seinen Blick von dem stockenden Verkehr auf der Straße weit unter ihnen ab und sah zu Rachel, die ihm ein in blaue Folie verpacktes Paket auf den Tisch gestellt hatte. „Was ist das?“
Sie stellte die Teller zusammen. „Ein kleines Zeichen meiner Dankbarkeit. Ich glaube, ich habe dir für alles, was du bislang getan hast, noch nicht genügend gedankt.“
„Du musst dich nicht bedanken.“
„Nein, aber ich will es. Es kann nicht einfach für dich gewesen sein, dich an deinen Vater zu wenden. Das werde ich dir nie vergessen.“
Gregory spielte mit dem gekräuselten Band, zog aber nicht daran. „So wild war es nicht. Das Ganze war sogar seltsam schmerzfrei.“
Sie klopfte ihm leicht auf die Schulter. „Ich nehme das Geschenk nicht zurück, also hör auf, so starrsinnig zu sein, und mach das verdammte Paket auf.“
Grinsend zog er das Band auf und riss die Verpackung ab, zum Vorschein kam eine weiße Schachtel. Er hob den Deckel an und begann zu lachen. Im Paket befand sich ein Radarwarngerät. „Willst du mir damit irgendetwas sagen?“
„Nun, du hast neulich einen Strafzettel bekommen, weil du zu schnell gefahren bist. Und da du in letzter Zeit sehr viel meinetwegen unterwegs bist, wäre es mir lieber, wenn du mit diesem Ding da unterwegs bist. Es ist sehr nützlich.“
Er sah auf. „Ach, ja? Und woher weißt du das?“
Sie grinste und sah zu ihrem Cherokee, den sie gerade erst aus der Werkstatt abgeholt hatte. „Ich habe auch eines.“
„Verstehe.“ Er legte das Warngerät zurück in die Schachtel. „Danke, Rachel, das ist sehr nett von dir.“
Das Aufheulen eines Motors ließ sie beide aufblicken. Eine Augenbraue hochgezogen, sah Gregory ein leuchtend rotes Corvette-Cabrio die Straße heraufkommen, das zwischen Rachels Jeep und Gregorys Jaguar zum Stehen kam.
Preston Farley stieg aus dem Wagen aus, jedes einzelne seiner blonden Haare war da, wo er es hatte haben wollen. In seinem blassen Leinenjackett und der makellos geschnittenen Hose sah er cool und geschniegelt aus, und es schien ihm nichts auszumachen, dass Rachel nicht allein war.
Als sei er noch immer ein gern gesehener Gast, lief er die Treppe hinauf und nahm zwei Stufen auf einmal. „Dein Assistent hat mir gesagt, dass du dir den Nachmittag frei genommen hast.“ Er beugte sich vor, um Rachel auf die Wange zu küssen, und sah enttäuscht aus, als sie ihren Kopf wegdrehte, um jeden Kontakt zu vermeiden.
„Was willst du denn hier?“ fragte sie.
Ohne sich an ihrem schneidenden Tonfall zu stören, setzte sich Preston. „Ich muss mit dir reden.“ Er sah zu Gregory, dann wieder zu Rachel. „Unter vier Augen.“
„Du hattest vor drei Wochen die Gelegenheit, mit mir zu reden.“ Sie klang kühl und distanziert. „Du hattest keine Zeit, erinnerst du
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