Macht des Schicksals - Spindler, E: Macht des Schicksals
einunddreißig Jahre alte Haftbefehl irgendwo verloren gegangen, so dass es einige Zeit dauern würde, ehe ein neuer ausgestellt werden konnte. Folglich würde man Ginnie wegen des Mordes an Sal zuerst anklagen. Was danach geschehen würde, hing in hohem Maße vom Ergebnis der Vorverhandlung in der kommenden Woche ab.
Gregory blickte von seinen Notizen auf. „Hast du dich noch mal mit Marios Vermutungen beschäftigt, Nico habe Geld von der Farm veruntreut? Ich weiß, dass wir uns mit dem Mord an Sal befassen, aber was wäre, wenn die beiden Morde miteinander in Zusammenhang stehen? Was, wenn Sal festgestellt hatte, dass Geld fehlte, und begann, zwei und zwei zusammenzuzählen?“
Milton warf ihm einen nachdenklichen Blick zu. „Dann hätte Nico ein Motiv, um seinen Vater zu töten.“ Er nickte. „Ich habe daran gedacht, aber leider kann sich Ginnie an dieses Thema kaum erinnern. Ich könnte die Steuerunterlagen anfordern und mit den Firmenbüchern vergleichen, aber das würde viel Zeit in Anspruch nehmen, vor allem, wenn die alten Bücher versteckt oder vernichtet wurden. Nico ist nicht so dumm, wie ich zuerst gedacht hatte. Wenn er der Mörder ist, dann hat er seine Spuren sehr gut verwischt.“
„Es muss doch irgendwo einen Beweis geben, Dad. Vielleicht sollte ich ...“
Milton hob die Hand. „Wenn du denkst, was ich denke, dann sag nichts. Ich will es nicht wissen.“
„Woher willst du wissen, was ich gerade gedacht habe?“
Wieder blitzte ein flüchtiges Lächeln in Miltons Augen auf. „Ich kenne dich besser, als du glaubst.“ Er schob ihm ein Blatt Papier über den Schreibtisch zu.
„Was ist das?“ fragte Gregory.
„Eine Kopie von Sals Telefonaten an dem besagten Tag. Die Polizei hatte sie angefordert. Die unterstrichene Nummer ganz oben ist der Anschluss der Laperousses. Sal hat sie am letzten Sonntag um 9:17 Uhr angerufen.“
„Hilft uns das weiter?“
Milton zuckte mit den Schultern. „Nicht sehr. Es beweist nur, dass Ginnie die Wahrheit gesagt hat. Sal hat sie angerufen, nicht umgekehrt.“
Milton machte sich Notizen, während er sprach. Gregory konnte nicht anders, er musste einfach diese unglaubliche Fähigkeit seines Vaters bewundern, verschiedene Dinge gleichzeitig zu tun, ohne auch nur einmal den Faden zu verlieren.
„Ich möchte, dass du dich noch mal mit dem Priester unterhältst, der das Kennzeichen von Ginnies Wagen notiert hatte“, fuhr Milton fort. „Ich weiß, dass er bei der Polizei bereits eine Aussage gemacht hat, er habe nur die Fahrzeuge von Ginnie und von Sal vor der Kirche gesehen. Aber sieh doch mal, ob du seiner Erinnerung nicht ein wenig auf die Sprünge helfen kannst.“
Gregory schrieb den Namen Father Genardi auf seinen Block. „Sonst noch etwas?“ fragte er. „Soll ich auch noch mal mit Harold Mertz sprechen, vielleicht hat er ja Mario umgebracht.“
„Glaubst du immer noch, dass der Detective es auf Alyssa abgesehen hatte?“
„Ich habe nicht den leisesten Zweifel.“
„Gregory, sie kann sich nicht mal an ihn erinnern.“
„Und? Vielleicht hat Mario ihn erwischt, wie er ihr nachsah, und hat ihm gedroht. Mertz war darüber so sauer, dass er Mario getötet hat. Wäre doch denkbar, oder? Ich meine, wir haben nicht gerade viel, womit wir arbeiten können.“
Milton schürzte die Lippen, dann nickte er. „Du hast Recht. Wir sollten der Möglichkeit nachgehen. Aber diesmal nehme ich ihn mir vor, okay? Ein anderer Ansatz könnte Mertz ein wenig aus dem Gleichgewicht bringen. Beschäftige du dich mit dem Geistlichen.“
Er lehnte sich in seinem Sessel zurück. „Irgendwelche neuen Hinweise darauf, wer versucht hat, Rachel umzubringen?“
Gregory schüttelte den Kopf. Er war Detective Crowley in der Sache so sehr auf die Nerven gegangen, dass der ihn schließlich regelrecht angefaucht hatte. Aber seine Beharrlichkeit hatte nichts ergeben. Der Fall trat auf der Stelle.
„Der Hauptverdächtige ist weiterhin Joe Brock“, sagte Gregory. „Der ehemalige Spaulding-Angestellte, der immer noch untergetaucht sein soll.“
Milton sah Gregory einen Moment lang an. „Um Rachel musst du dir aber keine Sorgen machen, oder? Sie wohnt bei ihren Freunden?“
„Zur Zeit ja“, sagte er grimmig und dachte daran, wie oft sie gesagt hatte, die Gefahr sei vorüber und sie könne in ihr Haus zurückkehren.
„Kannst du ihr klarmachen, dass es in ihrem Interesse ist, wenn sie weiter bei den Hughes wohnt?“
„Ich habe ein kleines Detail vergessen, als ich
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