Macht des Schicksals - Spindler, E: Macht des Schicksals
Rahmen einer einvernehmlichen Einigung mit Lindsay.
Er griff nach seiner Kaffeetasse. „Sie braucht dich?“
„Mh-hm. Mein Unfall war für sie der totale Horror.“
Gregory lächelte. „Kocht sie immer noch wie eine Wahnsinnige?“
Noelle saugte kräftig an dem Strohhalm in ihrem Erdbeer-Shake. „Und sie kommt um fünf Uhr nach Hause, manchmal sogar noch früher. Vor kurzem hat sie sogar ein Video ausgeliehen und es mit mir angesehen.“
„Aha.“
„Sie gibt sich wirklich Mühe, Dad. Wenn ich ihr sage, dass ich bei dir leben möchte, dann würde sie bestimmt zusammenbrechen.“
Er fragte sich, ob Lindsay irgendeine Ahnung davon hatte, dass ihre zwölf Jahre alte Tochter sie so völlig durchschaut hatte. „Ja“, sagte er, während er Noelle nachdenklich ansah. „Ich glaube, das würde sie.“
„Zoe und ich haben uns unterhalten“, sagte sie in dem gleichen ernsten Tonfall. „Wir sind zu dem Schluss gekommen, dass du eine Freundin brauchst.“
Gregory verschluckte sich an seinem Kaffee. „Du sprichst mit Zoe über mein Privatleben?“
Noelle lächelte ihn fürsorglich an. „Nur, weil ich dich lieb habe, Daddy. Und weil ich mir Sorgen um dich mache.“
„Du musst dir keine Sorgen um mich machen, mir geht es gut.“
„Ich weiß. Ich will nur nicht, dass du für den Rest deines Lebens alleine bleibst.“
„Das habe ich auch nicht vor.“
„Oh? Gibt es da was, das du mir erzählen möchtest, Daddy?“
„Nein, beim besten Willen nicht“, antwortete er lachend, erkannte aber, dass Noelle ihm nicht glaubte.
„Du bist jemandem begegnet, stimmts?“ Das Funkeln in ihren Augen hätte es mit jedem Feuerwerk aufnehmen können. „Zoe hatte Recht. Sie hat gesagt, dass du viel zu gut aussiehst, um keine Freundin zu haben.“
„Ich muss mal ein ernstes Wort mit Zoe reden.“
Noelle ließ sich nicht ablenken. Sie schob ihr Glas zur Seite und stemmte die Ellbogen auf den Tisch. „Du kannst es mir sofort sagen, Daddy. Wir gehen sowieso nicht, bevor du es mir nicht verraten hast.“
„Weißt du wirklich, was du da machst?“ flüsterte Rachel.
Während sie sprach, sah sie sich wieder besorgt um. Die Produktionshalle der Dassantes lag in Finsternis und zum Glück weit genug vom Haus entfernt, als dass jemand auf ihren nächtlichen Besuch hätte aufmerksam werden können. Es sei denn, jemand stand in dem Moment am Fenster und sah zu ihnen herüber.
„Natürlich weiß ich das“, erwiderte Gregory ebenfalls im Flüsterton. „Ich bin Privatdetektiv, weißt du noch?“
„Wann hast du denn zum letzten Mal ein Schloss geknackt?“
Er hielt den Kopf über seine Arbeit gebeugt. „Mach dir keine Gedanken, halt lieber die Taschenlampe ruhig. Du leuchtest in alle möglichen Richtungen.“
Vielleicht hatte die Tatsache, dass sie Todesängste ausstand, etwas mit ihrem Zittern zu tun, aber sie sagte nichts davon. Er war ohnehin schon nicht davon begeistert gewesen, sie mitzunehmen, so dass jedes Wort von ihr ein vollauf berechtigtes „Ich habe es dir ja gesagt“ nach sich gezogen hätte.
Seine Entscheidung, Nicos Büro zu durchsuchen, hatte ihr eine Panikattacke beschert. „Warum du?“ hatte sie wissen wollen. „Warum kannst du nicht einen von deinen Leuten schicken?“
„Weil das hier eine Privatangelegenheit ist“, hatte er erwidert und ihren Einwand mit einem Kuss auf ihre Nase verworfen. „Und das möchte ich lieber selbst erledigen.“
Ein leises Klicken des Schlosses ließ sie erleichtert aufatmen. Gregorys Hand lag schon auf dem Türknauf, als sie ihn stoppte. „Was ist, wenn es eine Alarmanlage gibt?“
„Warum musst du so negativ sein?“
„Warum beantwortest du nicht meine Frage?“
„Es gibt keine Alarmanlage“, sagte er und öffnete die Tür. „Diese Leute sind viel zu knauserig. Außerdem habe ich mich hier schon umgesehen, alles ist clean.“
„Umgesehen? Wann hast du das denn gemacht?“
„Heute Morgen. Ich habe mich als Walnussgroßhändler aus dem Osten ausgegeben und den Leiter der Anlage dazu gebracht, mich herumzuführen.“
„Mein Gott!“ japste Rachel. „Bist du verrückt? Hat Nico dich gesehen?“
„Er war nicht da.“
„Und wenn er da gewesen wäre?“
Gregory antwortete nicht, sondern nahm ihr die Taschenlampe aus der Hand, um vor ihr durch ein höhlenartiges Lagergebäude zu gehen, in dessen Mitte sich zwei Förderbänder befanden, an die verschiedene Maschinen angeschlossen waren. An den Wänden türmten sich Holzkisten voll mit Walnüssen,
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