Macht des Schicksals - Spindler, E: Macht des Schicksals
erfüllen können.
Er sah seinen Sohn an und wartete, bis der auch Platz genommen hatte. Mit langsamen, wohl überlegten Bewegungen öffnete er eine kleine Kiste und wählte eine Zigarre aus.
„Pa“, sagte Nico vorwurfsvoll. „Du weißt, was der Arzt gesagt hat: eine Zigarre am Tag. Nach dem Abendessen.“
„Und weißt du auch, was ich sage? Pfeif auf den Arzt.“ Er nahm ein Feuerzeug vom Tisch und hielt die Flamme an die Zigarrenspitze, während er einige Male paffte. Beim vierten Zug hielt er den Rauch einige Sekunden lang im Mund zurück, um ihn dann langsam entweichen zu lassen. Er hatte die Spannung lange genug ausgekostet und lehnte sich zurück. „Alyssa lebt.“ Er sprach langsam und genoss jede einzelne Silbe.
Die Nachricht hatte genau den Effekt, den er erwartet hatte. Erica rang nach Luft und hielt sich die Hände vor den Mund, während sich Nico in seinen Sessel fallen ließ. Sein Gesicht zeigte völligen Unglauben. „Das kann nicht sein“, sagte er schließlich.
„Es ist wahr.“ Wieder zog Sal an der Zigarre. Er genoss das Entsetzen der beiden. Beide hatten so verdammt schnell die Polizeiberichte als die absolute Wahrheit angenommen und Alyssa für tot gehalten. Es bereitete ihm ein unglaubliches Vergnügen, sie alle endlich widerlegt zu haben.
„Woher weißt du das?“ fragte Erica, die die Hände mittlerweile gegen ihre Brust gedrückt hielt. „Ich dachte, du hättest vor Jahren die Suche aufgegeben, nachdem der letzte Privatdetektiv dir gesagt hatte, er würde es drangeben.“
Sal betrachtete von allen Seiten seine Zigarre, als würde er sie untersuchen. „Ich habe aber nicht aufgegeben, Cara. Ich habe mir einfach einen neuen Schnüffler gesucht.“
Nico legte die Stirn in Falten. „Davon hast du uns nie etwas gesagt.“
„Weil ich keine Lust hatte, mir von dir anzuhören, ich würde mein Geld verschwenden.“
Nico machte ein finsteres Gesicht. „Und wo ist sie?“
„ Das weiß ich nicht.“ Sal erzählte beiden, was er von Kelsey und Mertz erfahren hatte.
Gerade wollte Nico etwas sagen, da hob Erica ihre Hand. „Sal“, fragte sie ruhig, „wie kannst du so sicher sein, dass diese Frau Alyssa ist?“
„Mein Gefühl sagt mir, dass es Alyssa ist.“ Er sah von ihr zu Nico, der ihn mit ausdruckslosem Blick anstarrte. „Habt ihr mir überhaupt zugehört?“ fragte er, verärgert darüber, dass sie sich so dumm anstellten. „Sie benutzte den Namen Virginia Potter. Virginia“, wiederholte er, „war der Name ihrer Mutter. Und laut diesem Fälscher hatte sie eine Menge Geld bei sich. Das allein ist doch offensichtlich genug. Ich hatte mich immer gefragt, was mit dem Rest des Geldes geschehen war, das sie uns gestohlen hatte. Dieses Miststück hatte mehr Grips, als wir gedacht hatten. Sie ließ achttausend im Wagen, damit die Polizei das Geld finden konnte, die übrigen zweitausend hatte sie behalten.“
Als Nico noch immer skeptisch wirkte, fügte Sal hinzu: „Und nicht mal eine Woche nach Kelseys Anruf taucht dieser feine Detektiv hier in Winters auf und beginnt, Fragen zu stellen.“ Er deutete auf Nico. „Erkennst du nicht diesen Zusammenhang?“
Nico sah zu seiner Frau, die hilflos mit den Schultern zuckte. „Für wen arbeitet dieser Gregory Shaw?“ fragte er.
„Was sollen diese Fragen?“ explodierte Sal. „Was bin ich? Ein verdammter Hellseher? Ich weiß nicht, für wen er arbeitet, aber ich weiß, dass ich Alyssa vor ihm finden werde.“
„Ach, Pa!“ Nico sprang auf. „Nicht schon wieder!“
„Schon wieder? Was soll denn das heißen?“ rief Sal wütend. „Die Frau hat meinen Sohn umgebracht, oder hast du das vergessen?“
„Ich habe es nicht vergessen. Aber verdammt, Pa! Mario ist vor einunddreißig Jahren gestorben. Das ist lange her. Lass es endlich hinter dir.“
„Den Teufel werde ich tun.“ Sal schlug mit der Faust auf die Armlehne. „Sie hat mir meinen Sohn genommen. Meinen Erstgeborenen. Und als wäre das nicht genug, hat sie mir auch meine Enkelin genommen und in einem Kloster gelassen, wo sie ums Leben kam.“ Er schüttelte den Kopf. „Damit kommt bei mir niemand durch.“
„Geht es dir nur darum?“ Nicos Stimme zitterte, während er zur gut sortierten Hausbar ging und sich einen Bourbon einschenkte. „Musst du wirklich Marios Tod rächen? Kannst du nicht mit dem glücklich sein, was du hast? Mich, Erica, ein gut gehendes Geschäft?“
Sal atmete tief ein und bemühte sich, Ruhe zu bewahren. Er war nicht überrascht über Nicos
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