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Macht des Schicksals - Spindler, E: Macht des Schicksals

Macht des Schicksals - Spindler, E: Macht des Schicksals

Titel: Macht des Schicksals - Spindler, E: Macht des Schicksals Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Erica Spindler
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Reaktion. Sein jüngerer Sohn hatte nie verstanden, wie Männer in der alten Heimat mit Frauen wie Alyssa umgingen. Nico war nur drei Jahre jünger als Mario, und doch hatte er die typisch amerikanische Mentalität des Vergebens und Vergessens übernommen. Die Traditionen der alten Heimat, die Sal in den Jungs zu verankern versucht hatte, waren von ihm stets verspottet worden. Mario war anders gewesen, ein echter italienischer Sohn mit einem Sinn für Stolz, jener Art von Stolz, für die die Dassantes bekannt waren. Und er hatte Mut gehabt, so wie sein Vater.
    „Sie hat meinen Sohn umgebracht“, wiederholte Sal verbohrt.
    Nico drehte sich um, in einer Hand hielt er das Glas, in seinen dunklen Augen war die Ablehnung nicht zu übersehen. „Wäre es dir lieber gewesen, wenn ich gestorben wäre, Pa? Hätte dich das glücklich gemacht?“
    „Nico!“ Erica sah ihren Mann entsetzt an. „Wie kannst du so was sagen?“
    „Kannst du mir das verübeln?“ fragte er seine Frau, während sein Blick auf Sal ruhte. „Nach einunddreißig Jahren stehen wir immer noch da, wo alles angefangen hat. Wir reden immer noch über Mario und darüber, wie sein Tod gerächt werden kann, als wäre das das Einzige, was zählt. Es ist nicht ein Tag vergangen, an dem der Name meines Bruders mal nicht erwähnt wurde. Weißt du, was das für mich bedeutet, Pa?“ fragte er und blieb vor Sal stehen. „Für mich heißt das, dass ich immer noch die zweite Geige spiele und dass ich dir nichts recht machen kann.“
    „Das ist nicht wahr, Nico“, erwiderte Sal gereizt. „Würde ich dich sonst mein Unternehmen führen lassen?“
    „Ich weiß es nicht, Pa.“ Nicos Worte bekamen einen sarkastischen Unterton. „Vielleicht lässt du mich das ja nur machen, weil sonst niemand da ist.“
    „Das ist Unfug!“
    „Wirklich?“ Nicos Augen verengten sich. „Nehmen wir mal an, Alyssa lebt wirklich noch und du findest sie. Was wird dann geschehen? Bringst du sie zur nächsten Polizeiwache, damit die Gerechtigkeit ihren Lauf nimmt? Oder nimmst du das Gesetz selbst in die Hand und legst sie persönlich um? So wie du es vor einunddreißig Jahren angekündigt hast?“
    Sal paffte weiter an seiner Zigarre und betrachtete Nico durch den sich kräuselnden Rauch.
    „Du kannst mir nicht darauf antworten, stimmts? Weil wir beide die Antwort kennen. Du wirst erst zufrieden sein, wenn du sie eigenhändig umgebracht hast. Es interessiert dich nicht, ob die Familie daran zugrunde gehen wird und ob du den Rest deines Lebens hinter Gittern verbringen musst. Es geht nur darum, Mario zu rächen. Es dreht sich immer nur alles um Mario.“
    „Bist du fertig?“ fragte Sal mit eisiger Stimme.
    Nico trank einen letzten Schluck. „Ja, ich bin fertig.“
    Sal drückte langsam seine Zigarre im Aschenbecher auf dem Tisch neben ihm aus. „Ich dachte, du würdest dich für mich freuen“, sagte er. „Ich dachte, du würdest verstehen, wie es für mich all die Jahre gewesen ist.“ Er schüttelte den Kopf. „Ma capisci niente.“
    „Du irrst dich, Pa. Ich verstehe alles. Aber ich werde nicht so tun, als wäre ich glücklich darüber, dass Alyssa lebt. Denn das bin ich nicht.“
    „Du willst sie ungeschoren davonkommen lassen?“
    „Ich möchte, dass in dieser Familie Frieden herrscht, Pa. Sonst nichts.“ Etwas leiser sprach er dann weiter: „Ich habe auch um meinen Bruder getrauert, aber ich habe es hinter mich gebracht. Ich habe mich nicht so davon auffressen lassen wie du.“
    Erica, die nur selten gegen Sal das Wort erhob, legte ihre Hand auf seinen Arm. „Er hat Recht, das weißt du“, sagte sie sanft. „Dein Wunsch, Mario zu rächen, hat dich aufgefressen. Sieh dich an. Du solltest jeden Tag mit deinen Freunden unterwegs sein, die Sonne genießen, lange Spaziergänge machen. Stattdessen bleibst du die meiste Zeit zu Hause und wirst immer verbitterter. Ich mache dir einen Vorschlag“, fügte sie mit ihrem hübschen Lächeln an. „Warum kommst du nicht am Sonntag mit mir zur Messe? Ich mache dich mit der Witwe Cartelana bekannt.“ Sie gab seinem Ellbogen einen sanften Stoß. „Ich glaube, sie hat was für dich übrig.“
    Sal blickte zu seiner Schwiegertochter und fühlte sich versucht, sie daran zu erinnern, dass sie keine Predigten zu halten, sondern nur zuzuhören hatte. Aber heute war er viel zu guter Laune, um sie sich durch irgendetwas verderben zu lassen. Also nahm er die Predigt hin und behielt seine Bemerkung für sich.
    „Die Witwe Cartelana hat

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