Macht des Schicksals - Spindler, E: Macht des Schicksals
nicht , wollte Sal sagen. Mein einziges Enkelkind wurde mir vor einunddreißig Jahren entrissen. Doch bevor der Hass wieder an die Oberfläche kommen konnte, verdrängte er ihn und konzentrierte sich auf Harold. Die Tatsache, dass der frühere Detective sich so schnell nach dem Anruf seines Privatdetektivs meldete, weckte in ihm die Hoffnung, dass Joe Kelsey tatsächlich Recht gehabt hatte. Alyssa lebte. Und Harold Mertz rief an, um das zu bestätigen.
„Der Grund für meinen Anruf“, fuhr Mertz fort, „ist der, dass ich heute Besuch hatte von einem Mann namens Gregory Shaw.“
Sal schürzte die Lippen und bemühte sein Gedächtnis. „Noch nie gehört.“
„Er ist Privatdetektiv und hat eine Agentur, die Unternehmen und Manager ausspioniert.“
„Das hat er Ihnen alles erzählt?“
„Natürlich nicht. Über sich hat er gar nichts gesagt. Ich habe ihn über die Dienststelle durchleuchten lassen“, fügte Harold stolz an.
Sal nahm wieder einen Schluck Sherry. Wer hätte das gedacht, der alte Mertz war doch nicht so dumm, wie er aussah. „Was wollte er?“
„Informationen.“ Mertz machte eine kurze Pause, die zu seiner leicht dramatischen Ader passte. „Über Alyssa.“
Sal stockte der Atem. Einunddreißig Jahre lang hatte sich außer ihm niemand auch nur im Mindesten darum gekümmert, Alyssa zu finden. Und jetzt schien sich mit einem Mal jeder für die Vergangenheit zu interessieren. „Woher wusste er, dass er sich an Sie wenden muss?“
„Er hatte einige Zeitungen aus der Zeit der Untersuchungen gelesen.“
„Was haben Sie ihm gesagt?“
„Die Wahrheit. Dass Alyssa tot ist und er seine Zeit verschwendet.“
Ja, das denken sie alle, ging es Sal geringschätzig durch den Kopf. Und sie alle waren im Irrtum. „Hat er Ihnen gesagt, für wen er arbeitet?“
„Ich habe gefragt, aber er wollte nicht mit der Sprache rausrücken.“
Sal stellte das Glas neben sich auf den Tisch und begann, es langsam zu drehen. Einen Moment lang überlegte er, ob er Mertz bitten sollte, mehr über diesen Gregory Shaw in Erfahrung zu bringen. Immerhin hatte er diesem dämlichen Cop nach der Ermordung seines Sohnes Mario ein kleines Vermögen gezahlt, damit er nach Alyssa Ausschau hielt. Da Mertz noch immer nichts entdeckt hatte, war er ihm im Grunde noch etwas schuldig. Aber nach ein paar Sekunden änderte er seine Meinung. Er brauchte dafür jemanden mit mehr Geschick und größerer Mobilität. Jemanden wie Joe Kelsey.
„Würden Sie mir die Adresse und Telefonnummer von diesem Shaw geben?“ fragte Sal, während er nach einem Notizblock auf dem Tisch neben ihm griff.
„Sicher, Mr. Dassante.“
Nachdem er alles notiert hatte, steckte Sal das Blatt in seine Tasche und machte sich eine geistige Notiz, später Kelsey anzurufen. „Sie halten Augen und Ohren offen, ja, Harold? Wenn Sie etwas erfahren, melden Sie sich bei mir.“
„Werde ich tun.“ Wieder machte er eine kurze Pause. „Was ist eigentlich los, Mr. Dassante? Warum sucht dieser Shaw nach Ihrer Schwiegertochter?“
Sal war der Ansicht, dass er ihm weitersagen konnte, was er von Kelsey erfahren hatte. Die ganze verdammte Stadt würde es über kurz oder lang ohnehin wissen. „Mein Detektiv hat herausgefunden, dass sie noch lebt.“
„Heilige Scheiße“, platzte es aus Mertz heraus. „Das ist ja unglaublich. Und wo zum Teufel steckt sie?“
„Das weiß ich noch nicht.“
„Sie werden das doch dem Chief sagen, oder?“ fragte Mertz.
„Natürlich werde ich ihm das erzählen. Ich werde ihn mit seiner gottverdammten Nase darauf stoßen. Bis dahin lassen Sie mich wissen, falls Shaw sich noch mal bei Ihnen meldet.“ Er machte eine kurze Pause. „Natürlich sollen Sie das nicht kostenlos für mich machen.“ Er hatte ihn schon bezahlt, aber was machte es schon aus. Es konnte nicht schaden, einen Cop auf seiner Seite zu haben, auch wenn es nur ein Excop war.
„Danke, Mr. Dassante, Sie können auf mich zählen.“
„Das weiß ich.“ Nachdem er die Verbindung unterbrochen hatte, ging Sal zum Fenster und sah, wie die Wanderarbeiter langsam, viel zu langsam auf den Walnusshain zugingen, der sich über sein riesiges Grundstück erstreckte.
So wie der Wechsel in den Ruhestand vor zwei Jahren Sals innere Uhr nicht aus dem Takt gebracht hatte – er stand noch immer im Morgengrauen auf –, hatte sich auch sein Vergnügen nicht verändert, das er empfand, wenn er den Pflückern zusah, wie sie die Walnüsse ernteten, die ihn reich gemacht
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