Macht (German Edition)
christlichen Kaiser waren Arianer, und die Periode der orthodoxen Kaiser im Westen war sehr kurz infolge der Einfälle der arianischen Goten und Vandalen. Später, als die Zugehörigkeit der östlichen Kaiser zum katholischen Glauben nicht mehr in Frage gestellt werden konnte, war Ägypten monophysitisch und ein großer Teil von Westasien nestorianisch. Die Ketzer in diesen Ländern hießen die Jünger des Propheten willkommen, da sie von ihnen weniger verfolgt wurden als von der byzantinischen Regierung. Wie aus dem Streit mit dem christlichen Staat ging die Kirche aus diesen vielen Kämpfen überall siegreich hervor; nur die neue Religion des Islam gab dem Staate Macht über die Kirche.
Das Wesen des Konfliktes zwischen der Kirche und dem arianischen Reich des späten vierten Jahrhunderts wird durch den Kampf zwischen der Kaiserin Justina und dem heiligen Ambrosius, dem Erzbischof von Mailand, im Jahre 385 beleuchtet. Ihr Sohn Valentinian war minderjährig, und sie herrschte als Regent; beide waren Arianer. Als sie während der Karwoche in Mailand weilte, überzeugte man die Kaiserin davon, »dass ein römischer Kaiser in seinem Bereich die öffentliche Ausübung der Religion für sich beanspruchen dürfe; und sie schlug dem Erzbischof als gemäßigte und vernünftige Konzession die Abtretung einer einzigen Kirche in der Stadt oder in der Umgebung von Mailand vor. Aber das Verhalten des Ambrosius war von ganz anderen Grundsätzen bestimmt. Die Paläste der Erde mögen in der Tat dem Kaiser gehören; aber die Kirche war das Haus Gottes; und in den Grenzen seiner Diözese war er als der gesetzliche Nachfolger der Apostel der alleinige Vertreter Gottes. Die zeitlichen und geistigen Privilegien des Christentums waren den wahrhaft Gläubigen vorbehalten; und Ambrosius war davon überzeugt, dass seine eigenen theologischen Meinungen als Maß der Wahrheit und Glaubenstreue galten. Der Erzbischof weigerte sich, mit den Werkzeugen des Teufels zu verhandeln, und erklärte mit bescheidener Festigkeit, er sei entschlossen, eher als Märtyrer zu sterben, als den gottlosen Frevel zuzulassen.« (12)
Es wurde allerdings bald klar, dass er keine Ursache hatte, den Märtyrertod zu fürchten. Als er vor den Rat geladen wurde, folgte ihm eine riesige, wütende Menge von Anhängern, die drohten, den Palast zu stürmen und sogar die Kaiserin und ihren Sohn zu töten. Die gotischen Söldner waren zwar Arianer, zögerten aber, gegen einen so heiligen Mann vorzugehen, und um eine Revolution zu vermeiden, war die Kaiserin gezwungen, nachzugehen. »Die Mutter des Valentinian konnte niemals den Triumph des Ambrosius vergessen; und der königliche Knabe rief leidenschaftlich aus, seine eigenen Diener wären bereit, ihn der Hand eines frechen Priesters zu überliefern« (ibidem).
Im folgenden Jahre (386) versuchte die Kaiserin abermals, mit dem Heiligen fertig zu werden. Ein Verbannungsedikt wurde gegen ihn ausgesprochen. Aber er suchte Zuflucht in der Kathedrale, wo ihm Tag und Nacht die Hilfe der Gläubigen und der Empfänger kirchlicher Mildtätigkeit zuteil wurde. Um sie wach zu halten, »führte er in die Kirche von Mailand die nützliche Einrichtung lauten und ständigen Psalmensingens ein«. Der Eifer seiner Jünger wurde außerdem durch Wunder angefeuert, und schließlich »sah der schwächliche Souverän Italiens ein, dass er mit dem Günstling des Himmels nicht streiten konnte«.
Derartige Kämpfe, die zahlreich waren, schufen die unabhängige Macht der Kirche. Ihr Sieg war teilweise dem Geben von Almosen, teilweise der Organisation, hauptsächlich aber der Tatsache zuzuschreiben, dass kein kraftvoller Glaube oder kein Gefühl ihr gegenübertrat. Als Rom noch Eroberungen betrieb, konnte ein Römer noch stark für den Ruhm des Staates empfinden, weil dieser seinen imperialen Stolz befriedigte; aber im vierten Jahrhundert war dieses Gefühl seit langem erloschen. Staatsbegeisterung lebte als mit der Religion vergleichbare Kraft erst mit dem Anstieg des Nationalismus in der Moderne wieder auf.
Jede erfolgreiche Revolution erschüttert die Autorität und erschwert den gesellschaftlichen Zusammenhalt. So war es auch mit der Revolution, die der Kirche Macht gab. Sie schwächte nicht allein in beträchtlichem Maße den Staat, sondern stellte auch ein Beispiel für nachfolgende Revolutionen auf. Dazu blieb der Individualismus, der ein wichtiger Bestandteil christlicher Lehre in ihrer Frühzeit gewesen war, eine gefährliche Quelle
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