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Macht (German Edition)

Macht (German Edition)

Titel: Macht (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bertrand Russell
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gewöhnlich von einem Zentrum aus und verringert sich, je weiter sie sich vom Zentrum entfernt. Infolgedessen ist in größerer oder kleinerer Entfernung von der Mitte seine Macht im Gleichgewicht mit der eines anderen Staates, und dort werden die Grenzen liegen, sofern nicht die Macht der Tradition eingreift.
    Was gerade gesagt wurde, ist zu abstrakt, um ohne Modifizierung wahr zu sein. Kleine Staaten existieren nicht durch eigene Macht, sondern durch die Eifersucht der großen; Belgien zum Beispiel besteht, weil seine Existenz für England und Frankreich günstig ist. Portugal besitzt große Kolonien, weil die Großmächte sich über ihre Aufteilung nicht einig werden können. Da Krieg eine ernste Sache ist, kann ein Staat für ziemlich lange Zeit ein Gebiet halten, das er verlieren würde, wenn es irgendeinem starken Staat einfallen würde, es zu nehmen. Aber diese Erwägungen besagen nichts gegen unsren allgemeinen Grundsatz; sie bringen nur Reibungen ins Spiel, die das Wirken der reinen Macht verzögern.
    Man könnte die Behauptung aufstellen, dass die Vereinigten Staaten eine Ausnahme bei dem Grundsatz, ein Staat erobere, was er erobern könne, bildeten. Offenbar würde die Eroberung Mexikos und sogar ganz Lateinamerikas keine ernsten Schwierigkeiten machen, wenn die Vereinigten Staaten wirklich an diese Aufgabe herangehen wollten. Die gewöhnlichen Triebkräfte für politische Eroberung werden jedoch in diesem Fall gegenwärtig von verschiedenen Gegenkräften ausgeglichen. Vor dem Bürgerkrieg hatten die Südstaaten imperialistische Tendenzen, die im mexikanischen Krieg ein Ventil fanden und zur Annexion eines riesigen Gebietes führten. Nach dem Bürgerkrieg stellten die Ansiedlung und die wirtschaftliche Entwicklung des Westens eine Aufgabe dar, die die Energien selbst der energischsten Nation absorbieren musste. Sobald diese Aufgabe zu einem gewissen Abschluss gelangt war, gab der spanisch-amerikanische Krieg von 1898 dem Imperialismus neuen Auftrieb. Aber Gebietsannexion begegnet unter der amerikanischen Verfassung Schwierigkeiten: Sie bedeutet die Zulassung neuer Wähler, die unerwünscht sein können, und – was noch wichtiger ist – sie erweitert den Raum des inneren Freihandels und schädigt auf diese Weise bedeutende wirtschaftliche Interessen. Die Monroedoktrin, die ein tatsächliches Protektorat über Lateinamerika einschließt, dient daher den herrschenden Interessen mehr als die Annexion. Wenn politische Eroberung von wirtschaftlichem Vorteil wäre, würde sie zweifellos bald Wirklichkeit werden.
    Immer ist Machtkonzentration in der politischen Sphäre von den Herrschenden angestrebt und nicht immer von den Beherrschten bekämpft worden. Dem Namen nach war sie in den großen Reichen des Altertums vollkommener als selbst im am meisten diktatorischen der modernen Regime, in der Praxis aber wurde sie von dem eingeschränkt, was technisch möglich war. Das für die antiken Monarchen dringendste Problem war Beweglichkeit. In Ägypten und Babylonien wurde es durch die großen Ströme erleichtert; die persische Herrschaft dagegen hing von den Straßen ab. Herodot beschreibt die große königliche Straße von Sardis nach Susa über eine Entfernung von etwa 1500 englischen Meilen, auf der in Friedenszeiten die Boten des Königs eilten und im Kriege seine Armeen. »Der wahrhaftige Bericht über die betreffende Straße«, sagt er, »lautet folgendermaßen: Königliche Stationen und vorzügliche Karawansereien sind über ihre ganze Länge hin verteilt; und überall durchquert sie unbewohnte Gegenden und ist frei von Gefahren ... Wo sie Phrygien verlässt, muss der Halys überschritten werden; und hier befinden sich Tore, durch die du gehen musst, bevor du den Strom überqueren kannst. Eine starke Streitmacht bewacht diesen Posten ... Die Grenze zwischen Cilicien und Armenien wird vom Euphratfluss gebildet, über den man in Booten setzen muss. Die Zahl der Ruheplätze in Armenien beläuft sich auf fünfzehn, und die Entfernung beträgt 56 und eine halbe Parasange (etwa 180 Meilen). Dort gibt es einen Platz, wo eine Wache aufgestellt ist. Vier breite Ströme durchschneiden dieses Gebiet, die alle mit Booten überquert werden müssen ... Die Gesamtanzahl der Stationen ist auf 111 erhöht worden; so viele Ruheplätze findet man nämlich zwischen Sardis und Susa.« Er erklärt weiter, dass, »wenn man neunzehn Meilen am Tage zurücklegt« (was etwa der Leistung eines Heeres entspricht), »man genau neunzig Tage

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