Macht (German Edition)
Windsor spazierte, dass der Prinz von Wales zum Derby ging, dass man kleinen Dingen zuviel Gedanken widme und zuviel Wichtigkeit beimesse. Aber sie irrten sich; und es ist hübsch aufzuzeichnen, wie die Handlungen einer zurückgezogen lebenden Witwe und eines beschäftigungslosen Jünglings eine solche Bedeutung bekamen.
Der beste Grund für die Tatsache, dass die Monarchie eine starke Regierung ist, liegt darin, dass sie eine verständliche Regierung ist. Die Masse der Menschheit versteht sie, und sie versteht kaum irgendwo in der Welt irgendeine andere. Man hat oft gesagt, dass die Menschen von ihren Vorstellungen beherrscht werden; aber es wäre richtiger zu sagen, dass sie von der Schwäche ihrer Vorstellungen beherrscht werden.«
Beides ist wahr und wichtig. Die Monarchie erleichtert die gesellschaftliche Kohäsion, weil es erstens leichter ist, Ergebenheit einer Person als einer Abstraktion gegenüber zu empfinden, und weil zweitens das Königtum in seiner langen Geschichte Gefühle der Verehrung aufgespeichert hat, die keine neue Einrichtung eingeben kann. Wo die erbliche Monarchie abgeschafft wurde, folgte ihr in der Regel nach längerer oder kürzerer Zeit eine andere Form der EinMann-Herrschaft• die Tyrannei in Griechenland, das Imperium in Rom, Cromwell in England, die Napoleons in Frankreich, Stalin und Hitler in unserer Zeit. Solche Männer erben einen Teil der Gefühle, die man früher dem Königtum entgegenbrachte. Es ist erheiternd, in den Geständnissen der Angeklagten in russischen Prozessen eine Anerkennung der Moral der Unterwerfung gegenüber dem Herrscher festzustellen, die in den ältesten und traditionellsten Monarchien angebracht gewesen wäre. Aber wenn er nicht ein ganz außergewöhnlicher Mensch ist, kann ein neuer Diktator kaum die gleiche religiöse Ehrfurcht einflößen, deren sich in der Vergangenheit die erblichen Monarchen erfreuten.
Im Falle des Königtums ist das religiöse Element, wie wir gesehen haben, oft so bedeutsam geworden, dass es zum Eingriff in die Macht wurde. Selbst dann hat es allerdings dazu beigetragen, einem Gesellschaftssystem Stabilität zu verleihen, dessen Symbol der König ist. Das ist in vielen halbzivilisierten Ländern geschehen sowie in Japan und in England. In England ist die kehre, dass der König kein Unrecht tun könne, als Waffe benutzt worden, um ihm die Macht zu nehmen, sie hat aber seine Minister befähigt, mehr Macht zu haben, als sie haben würden, wenn er nicht existierte. Wo immer auch eine traditionelle Monarchie am Ruder ist, bedeutet Aufstand gegen die Regierung eine Beleidigung des Königs und wird von den Orthodoxen als Sünde und Gottlosigkeit angesehen. Das Königtum wirkt daher, kurz gesagt, als eine Kraft im Sinne des Status quo, wo immer es auch sein mag. Geschichtlich gesehen besteht seine nützlichste Funktion in der Schaffung eines weit verbreiteten Fühlens, das der gesellschaftlichen Kohäsion zuträglich ist. Die Menschen halten von Natur aus so wenig zusammen, dass die Anarchie eine ständige Gefahr ist, und das Königtum hat viel getan, um diese zu bannen. Diesem Verdienst muss allerdings der Nachteil gegenübergestellt werden, dass es hergebrachte Übel verewigt und die einem wünschbaren Wechsel entgegenstehenden Kräfte verstärkt. Dieser Nachteil hat in neuen Zeiten dazu geführt, dass die Monarchie auf dem größeren Teil der Erdoberfläche verschwunden ist.
Priesterliche Macht ist offensichtlicher mit Ethik verbunden als irgendeine andere Machtform. In christlichen Ländern bedeutet Tugend Gehorsam gegenüber dem göttlichen Willen, und es sind die Priester, die wissen, was Gottes Wille verlangt. Die Vorschrift, dass wir Gott eher als den Menschen gehorchen müssen, kann, wie wir sahen, leicht revolutionär wirken, und zwar in zwei Arten von Umständen, einmal, wenn der Staat zur Kirche in Opposition steht, und dann, wenn angenommen wird, dass Gott direkt zum Gewissen jedes einzelnen spricht. Der erste Zustand bestand vor Konstantin, der zweite unter den Widertäufern und Unabhängigen. Jedoch in nichtrevolutionären Perioden wird, wenn es eine fest gegründete und traditionelle Kirche gibt, diese von der positiven Moral als Mittler zwischen Gott und dem persönlichen Gewissen anerkannt. Solange diese Anerkennung dauert, ist ihre Macht sehr groß, und Empörung gegen die Kirche gilt als das schlimmste Verbrechen. Die Kirche ist nichtsdestoweniger in Schwierigkeiten, denn wenn sie von ihrer Macht zu offen Gebrauch
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