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Macht (German Edition)

Macht (German Edition)

Titel: Macht (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bertrand Russell
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von der katholischen Kirche (24) . Die Moral des Gläubigers wurde modern und die Nichtbezahlung von Schulden eine schreckliche Sünde. Die Quäker schlossen praktisch, wenn auch nicht theoretisch, Bankrotteure bis vor kurzer Zeit aus ihren Reihen aus.
    Die Moral gegenüber Feinden hat zu verschiedenen Zeiten sehr verschieden ausgesehen, vor allem, weil die profitablen Nutzungsmöglichkeiten der Macht sich geändert haben. Zu diesem Thema wollen wir zuerst das Alte Testament hören.
    »Wenn der Herr euer Gott euch in das Land bringen soll, in das ihr hingeht, um es zu besitzen, und viele Völker vor euch ausgetrieben hat, die Hittiter und die Gargaschiter und die Amoriter und die Kanaaniter und die Periziter und die Hiviter und die Jebusiter, sieben Völker, größer und mächtiger als ihr.
    Und wenn der Herr euer Gott sie euch übergeben soll, so sollt ihr sie zerschmeißen und ganz zerstören; ihr sollt keinen Vertrag mit ihnen machen, noch milde zu ihnen sein.
    Noch sollt ihr euch mit ihnen vermählen; eure Töchter sollt ihr nicht seinen Söhnen geben, noch sollt ihr seine Töchter für eure Söhne nehmen.
    Denn sie werden eure Söhne abbringen von mir, auf dass sie mir nicht mehr folgen und anderen Göttern dienen: so wird der Zorn des Herrn gegen euch entflammen und euch jählings zerstören.«
    Wenn sie dies alles tun, »so soll weder Mann noch Weib unfruchtbar sein unter euch noch unter eurem Vieh« (25) .
    Was die sieben Völker angeht, so wird uns in einem späteren Kapitel noch ausführlicher erzählt:
    »Ihr sollt nichts am Leben lassen, was Odem hat ..., auf dass sie euch nicht lehren, das Abscheuliche zu tun, wie sie es getan haben.« (XX. 16,18)
    Aber gegenüber »Städten, die weit von euch entfernt sind und die nicht zu diesen Völkern gehören«, darf man mitleidiger verfahren:
    »Ihr sollt jeden Mann aus ihnen mit der Schärfe des Schwertes schlagen; aber die Weiber und die Kleinen und das Vieh und alles, was in der Stadt ist, selbst das Geringste sollt ihr zu euch nehmen.« (Ebenda, 13 bis 15)
    Man wird sich erinnern, dass Saul in Schwierigkeiten kam, als er die Amalekiter schlug, weil er nicht gründlich genug vorging:
    »Und er nahm Agag, den König der Amalekiter, lebendig und schlug alle seine Leute mit der Schärfe des Schwertes.
    Aber Saul und das Volk schonten Agag und die besten Schafe und Ochsen und jungen Schlachttiere und die Lämmer und alles, was gut war, und wollten sie nicht ganz vernichten; aber alles, was schlecht und widerspenstig war, das zerstörten sie gänzlich.
    Da kam das Wort des Herrn zu Samuel, und er sagte:
    Es reut mich, dass ich Saul zum König gemacht habe, denn er hat sich von mir abgewendet und meine Gebote nicht erfüllt. (26 ) «
    Es wird aus solchen Stellen klar, dass die Interessen der Kinder Israel völlig gewahrt bleiben sollten, wenn sie in Konflikt mit denen der Nichtjuden gerieten, dass aber unter ihnen selbst die Interessen der Religion, das heißt der Priester, das Übergewicht über die wirtschaftlichen Interessen der Laien hatten. Das Wort des Herrn kam zu Samuel, aber es war das Wort Samuels, das zu Saul kam, und das Wort lautete: »Was bedeutet denn das Blöken der Schafe in meinen Ohren und das Brüllen der Ochsen, das ich höre?« Worauf Saul nur seine Sünden bekennen konnte.
    Die Juden wurden durch ihren Hass gegen den Götzendienst dessen Ansteckungskeime offensichtlich selbst in Schafen und Kühen ihr Unwesen trieben – zu außergewöhnlicher Gründlichkeit in der Ausrottung der Besiegten getrieben. Aber keine Nation des Altertums anerkannte irgendwelche gesetzliche oder moralische Grenzen für die Behandlung besiegter Völkerschaften. Es war üblich, einige zu töten und den Rest in die Sklaverei zu verkaufen. Manche Griechen – zum Beispiel Euripides in den »Troerinnen« – versuchten, Stimmung gegen diese Praxis zu machen, aber ohne Erfolg. Die Besiegten hatten keinen Anspruch auf Mitleid, da sie keine Macht hatten. Dieser Standpunkt wurde nicht einmal in der Theorie aufgegeben, bis das Christentum kam.
    Pflicht gegenüber Feinden ist eine schwierige Vorstellung. Milde wurde im Altertum als Tugend anerkannt, aber nur dann, wenn sie Erfolg hatte, was besagen will, wenn sie aus Feinden Freunde machte; anderenfalls wurde sie als Schwäche verurteilt. Wenn man Furcht hatte, erwartete niemand Großmut: Die Römer zeigten keine gegenüber Hannibal oder den Anhängern des Spartakus. In den Tagen des Rittertums musste ein Ritter einem

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