Macht: Geschichten von Erfolg und Scheitern (German Edition)
Hartmut Mehdorn gewesen ist.«
Er spricht mit Hochachtung von diesen Raritäten, die zu den bleibendsten Eindrücken der Zusammenarbeit gehören. Seinen Vorgesetzten habe er immer geschätzt für das hohe Maß an Verlässlichkeit und Loyalität. Angerufen hat Hartmut Mehdorn ihn, als er bei der Bahn gehen musste, und noch einige Male seither, um zu hören, ob alles in Ordnung ist. »Wir hatten wirklich ein enges Vertrauensverhältnis, aber eine Nähe, um sagen zu können, wie es ihm jetzt gerade geht, hat er nie zugelassen.«
Nachtrag: Hartmut Mehdorn hat den Vorstandsvorsitz inzwischen abgegeben und ist in den Aufsichtsrat zurückgekehrt.
Den Rücktritt von Horst Köhler hat sie als Bestätigung empfunden, das sagt Gesine Schwan ganz frei heraus. Die fehlende Begeisterung für den vorvorletzten Bundespräsidenten hat sie nicht nur mit ihrer zweiten Kandidatur, sondern auch mit unmissverständlichen Worten deutlich gemacht. »Gegen einen großen Bundespräsidenten wäre ich nicht angetreten.« Zur darauffolgenden Posse um Christian Wulff, mit all den begleitenden Scharmützeln, verdreht sie wortreich die Augen. Inzwischen ärgert sie sich nicht mehr über die Entwürdigungen des Bundespräsidentenamtes. Vielleicht noch manchmal über die fehlenden Impulse, die man mit diesem Amt einer reformbedürftigen Gesellschaft zu geben imstande wäre. Sie versucht mit ihrer privaten Schule, der Viadrina School of Governance, eine Instanz zu schaffen, die gesellschaftliche Themen setzt und Lösungen anbietet. Gerade organisiert sie einen Trialog zum Thema Energiewende und erneuerbare Energien. Dass sie manchmal keine Termine bekommt bei den großen »Playern« aus Wirtschaft und Politik, kann ihr die Laune verderben. Ansonsten, glaubt sie, haben ihr die beiden Kandidaturen geholfen, Bekanntheit für sich und damit ihre Initiativen zu erreichen. »Auch wenn es zwischendurch sehr weh getan hat, dafür war es jeden Tag wert.«
Die Termine und Auftritte sind kaum weniger geworden seit der heißen Phase der Kandidatur, aber drum herum geht alles jetzt ein bisschen ruhiger zu. Sie genießt die Zeit mit ihrem Mann Peter Eigen, wenn er denn mal da ist, er strotzt wie sie vor Energie. Gerade initiiert er in Kenia für Transparency International ein großes Antikorruptionsprojekt. Das hätte er auch gemacht, wenn sie Bundespräsidentin geworden wäre, so hatten sie sich das vorgestellt. Jetzt ist es anders. Und auch gut. Die klassischen Insignien der Bedeutung spielten für sie ohnehin keine Rolle: »Ich fahre am liebsten mit der Bahn und schwimme gern ohne Personenschützer am Morgen meine Runden im Schlachtensee.«
Ole von Beust ist häufig im Bus anzutreffen. Gut, dass er sich als Bürgermeister für den Ausbau des Nahverkehrs stark gemacht hat. Dann sitzt er da, oft in die Kommunikation mit seinem Mobiltelefon versunken. Ob er auch so viele SMS schreibt wie die Kanzlerin, die als Virtuosin der Kurzzeichenpolitik gilt und Rekorde setzt in Schnelligkeit und Versendungsanzahl? »Nein«, grinst er und reicht zum Beweis sein Handy, das aus der ersten Generation mobiler Telekommunikation zu stammen scheint. Er weiß gar nicht, was man damit so alles machen kann, außer telefonieren. Kurznachrichten, ja, die könne er inzwischen auch. Von der Kanzlerin allerdings hat er lange keine bekommen. Auch nicht, nachdem sie ihren Umweltminister Norbert Röttgen rausgeschmissen hat und damit von Beusts Lieblingsministerium frei wurde. Er mag nicht darauf gewartet haben, dazu hat er zu viel Spaß an seinem neuen Leben. Er reist viel, vor allem für die Lampenfirma, die er mit zwei Freunden aufgebaut hat. Um Aufträge an Land zu ziehen, das macht ihm Freude. Hier ist er wieder Zauberer und kann Menschen überzeugen. Und so richtig Geld verdienen, das gefällt ihm an der Wirtschaft. In der Stadt ist es ruhig um ihn geworden, er ist noch in der Zwischenphase. Der aktuelle Amtsinhaber genießt bislang den wohlgesonnenen Kredit des Anfangs, und die Rolle des Elder Statesman ist in Hamburg mit dem umtriebigen Altbundeskanzler Helmut Schmidt unantastbar besetzt. Ole von Beust hat sich keine Illusionen gemacht: »Wer raus ist, ist raus«, sagt er ungerührt. Und: »Ich habe nie gedacht: einmal Bürgermeister, immer Bürgermeister.« Ganz ohne Wehmut gehe er am Rathaus vorbei oder freue sich daran, über den schmucken Jungfernstieg zu schlendern. Und den Neuen Wall, die rausgeputzte Einkaufsstraße der Stadt. Darauf ist er stolz. Das sah früher alles
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