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Macht Musik schlau?

Macht Musik schlau?

Titel: Macht Musik schlau? Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lutz Jäncke
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dürfte darauf zurückzuführen sein, dass im linksseitigen Stirnhirn neuronale Prozesse ablaufen, die zur Erzeugung angenehmer Empfindungen beitragen. Hohe Aktivität in diesem Hirngebiet trägt zur Erzeugung angenehmer Empfindungen bei. Dies kann man auch sehr eindrücklich (allerdings in unerwünschter Form) bei depressiven Patienten erkennen. Sie fallen vor allem durch reduzierte Stirnhirnaktivität linksseitig auf. Die Arbeit von Altenmüller und Kollegen zeigt sehr deutlich, dass neben den Aktivierungen im Verstärkungssystem, die durch die oben beschriebenen Verfahren (PET und fMRT) gemessen werden konnten, auch Hirnaktivierungen festzustellen sind, die wahrscheinlich außerhalb dieses Systems entstehen. Das Stirnhirn ist insofern wichtig, es intensiv in die gelernte Bewertung von Reizen sowie in das Lernen neuer und den Abruf alter Reize eingebunden ist.

    Abbildung 49: Zusammengefasste Darstellung der Hirngebiete, die beim Hören sehr angenehmer Musik stärker durchblutet sind. (1): Orbitofrontalkortex (OFC) – dehnt sich seitlich aus zum ventralen Striatum (Nucleus accumbens), (2): anteriores Cingulum (AC), (3): supplementärmotorisches Areal (SMA), (4): Thalamus, (5): Insel.
    Im Rahmen einer neueren Studie der Arbeitsgruppe von Stefan Koelsch wurde eine neue Auswertungsmethode des EEGs verwendet (Sammler, Grigutsch, Fritz und Koelsch, 2007). Hierbei werden EEG-Wellen (in der Fachsprache Oszillationen genannt) im Hinblick auf ihre Frequenzanteile analysiert. Es interessierte insbesondere der sogenannte Theta-Frequenzbereich, also das Frequenzband von 4–8 Hz. Beim Hören angenehmer Musik ergab sich eine Zunahme der EEG-Aktivität in diesem Frequenzbereich besonders über dem mittleren Stirnhirn. Diese Aktivitätszunahme wird mit einer nach innen gerichteten Aufmerksamkeit interpretiert und soll durch das anteriore Cingulum bedingt werden. Das anteriore Cingulum ist dafür bekannt, dass es enge Verbindungen zum limbischen System aufweist und für verschiedene Kontrollprozesse (Kontrolle von Emotionen und Aufmerksamkeit) vom Bedeutung ist.
    Oft hören wir Musik nicht isoliert. Wie bereits dargestellt, hören wir Musik im Alltag häufig als Begleitmusik, während wir unterschiedliche Tätigkeiten ausüben. Eine besondere Bedeutung erhält die Musik allerdings bei Filmen, wo sie unterstützend und verstärkend bewegte Bilder begleitet. Durch geschickte Wahl der begleitenden Filmmusik können die filmischen Effekte auf bemerkenswerte Art und Weise verstärkt werden. Um sich der Bedeutung dieser unterstützenden bzw. verstärkenden Funktionen von Musik gewahr zu werden, sollte man einmal beim Betrachten eines Videos den Ton ausschalten. Man wird sofort feststellen, dass der emotionale Charakter entweder völlig verschwunden oder zumindest sehr stark abgeschwächt ist. Vielleicht können Sie sich an Filme wie «Psycho» erinnern. Dort werden gefährliche und gruselige Szenen mittels geeigneter Musik (z.B. langsam lauter werdende Musik, oder Musik, die durchgängig laut ist) untermalt. Häufig werden auch bestimmte unangenehme oder angenehme Szenen durch ganz bestimmte Musikstücke eingeleitet und begleitet. Wir haben den Zusammenhang zwischen Musik und emotionalen Bildern in eigenen Experimenten untersucht. Hierbei haben wir feststellen können, dass bei kongruenter Darbietung von Musik und Bildern (also Musik und Bilder, welche die gleiche Emotion stimulieren) die emotionalen Reaktionen besonders stark ausgeprägt sind (Baumgartner, Esslen und Jäncke, 2006; Baumgartner, Lutz, Schmidt und Jäncke, 2006).
    Offenbar erkennen wir den emotionalen Inhalt von Tönen automatisch und sehr schnell (Goydke, Altenmüller, Möller und Münte, 2004). In dieser Untersuchung wurden den Versuchspersonen verschiedene Instrumentenklänge dargeboten. Diese Klänge unterschieden sich hinsichtlich verschiedener physikalischer Parameter, jedoch auch hinsichtlich der mit diesen Klängen assoziierten Gefühle. Mit anderen Worten: Es gab traurig und fröhlich klingende Geigentöne. Bereits 140 Millisekunden nach der Präsentation von solchen Tönen «erkennt» dasGehirn 43 die unterschiedlichen Emotionen, die mit den jeweiligen Klängen assoziiert sind.
    Zusammenfassend ist festzuhalten, dass angenehme und unangenehme Musik charakteristische Netzwerke von Nervenzellen aktiviert. Diese Netzwerke spielen auch in

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