Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Macht Musik schlau?

Macht Musik schlau?

Titel: Macht Musik schlau? Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lutz Jäncke
Vom Netzwerk:
auch Hinweise darauf, dass sich unser Gehirn infolge eines kognitiven Lernprozesses zum Beispiel im Zusammenhang mit der Vorbereitung auf eine akademische Prüfung oder im Zusammenhang mit dem Lernen von Sprachen anatomisch verändert?

    Abbildung 63: Darstellung des hinteren Hippokampus auf einem Mittsaggitalschnitt. Der hintere Hippokampus ist durch einen Kreis markiert. Dieser Hirnbereich war bei Londoner Taxifahrern größer und wies eine größere Dichte der grauen Substanz auf.

    Abbildung 64: Ergebnisse von Draganski und Kollegen (2004). Dargestellt sind Hirngebiete, in denen die Dichte der grauen Substanz infolge des Jongliertrainings zugenommen hat. Rechts neben dem Hirnbild ist auch die Veränderung der Dichte der grauen Substanz von der Ausgangslage bis nach dem Training dargestellt. Der dritte Balken zeigt die Rückbildung der Dichte der grauen Substanz ohne Training.
    Eine Regensburger Arbeitsgruppe um den Neurologen Bogdan Draganski hat Medizinstudenten während ihrer medizinischen Examina anatomisch untersucht (Draganski et al., 2006). Der Versuchsansatz, den diese Gruppe gewählt hat, ist relativ einfach, birgt aber insbesondere für den Laien eine interessante Note. Die Regensburger Kollegen haben insgesamt 32 Medizinstudenten innerhalb eines Zeitraumes von drei Monatenvor und nach ihren wichtigsten Prüfung untersucht. Dreiundzwanzig dieser Studenten nahmen auch an einer dritten Messung teil. Man muss sich diesen Versuchsablauf einmal etwas genauer vor seinem geistigen Auge vergegenwärtigen. Studenten sind ja in der Regel während der Prüfungen verständlicherweise eher genervt, gestresst, meistens sogar nervös und in großer Sorge darum, ihre Prüfungen zu bestehen. Deshalb ist es bemerkenswert, dass sich Medizinstudenten, die sich in einer solchen Lebensphase befinden, überhaupt für relativ aufwändige Versuche zur Verfügung gestellt haben. Vor allem wenn man bedenkt, das sie letztlich als anonymes «Untersuchungsgut» in den Akten verschwinden (bzw. aus Datenschutzgründen verschwinden müssen). Übrig bleiben lediglich Mittelwertbilder bzw. Durchschnittsgehirne. Der «Ruhm» geht an die Wissenschaftler. Man muss also auch den Versuchspersonen danken, die diese Untersuchung möglich gemacht haben, denn ohne sie wären wir nicht in der Lage, diese bemerkenswerten Daten hier zu besprechen und zu schätzen. Medizinische Examen sind bekanntlich sehr anspruchsvoll und erfordern unter anderem eine intensive Auseinandersetzung mit zwei- und dreidimensionalem Bildmaterial, das auf vielfältige Weise mit anderen Informationen gekoppelt wird. Im Verlaufe der Vorbereitung auf die Prüfung konnten die Autoren bei den Versuchspersonen eine Zunahme der grauen Substanz in Scheitellappen und im vorderen Hippokampus messen (s. Abb. 65 ). Der vordere Hippokampus ist wesentlich an der Überführung neu gelernter Information in das Langzeitgedächtnis beteiligt. Der Scheitellappen ist für viele Gedächtnisprozesse von besonderer Bedeutung, die im Zusammenhang mit dem Erwerb von visuellen Informationen stehen. Kurz gesagt, wir finden bei den Medizinstudenten, die sich auf ihre Examen vorbereiten, eine Zunahme der grauen Substanz in Hirngebieten, die zentral sind für das Lernen, das Speichern und das Abrufen des gelernten Materials. Das wichtigste Ergebnis der Studie von Draganski et al. (2006) ist die Erkenntnis, dass selbst anatomische Merkmale des menschlichen Gehirns sich im Zuge des Lernens verändern.

    Abbildung 65: Darstellung der Hirngebiete, in denen Draganski et al. (2006) eine veränderte Dichte der grauen Substanz als Folge des Lernens für ein wichtiges Medizinexamen maßen. Die jeweiligen Hirnstrukturen sind mit Ellipsen und/oder Kreisen gekennzeichnet. Es sind dies der Scheitellappen und Teile des Hinterhauptlappens. Im unteren Bild ist auch noch der Hippokampus beider Seiten dargestellt.
    10.6
    Zusammenfassung
    â–     Intensives musikalisches Training ist mit erheblichen makroskopischen Veränderungen in Hirnbereichen gekoppelt, die besonders stark an der Kontrolle des Musizierens beteiligt sind.
    â–     Diese anatomischen Veränderungen hängen offenbar von der Intensität und Häufigkeit des Musizieren ab. Je häufiger trainiert wird, desto ausgeprägter sind die Veränderungen.
    â–     Häufig handelt es sich bei diesen anatomischen Veränderungen

Weitere Kostenlose Bücher