Macht Musik schlau?
praktizierte Methode des schrittweisen Vorgehens eine besondere Lernatmosphäre herstellt, welche optimale emotionale Voraussetzungen für andere Lerninhalte bietet. Von Vorteil könnte auch sein, dass das Kind durch das in der Kodály-Methode praktizierte schrittweise Lernen einen emotional angenehmeren Zugang zum Lernen erhält und dies auf andere Lerninhalte übertragen kann. Insofern ist trotz der eindrücklichen Ergebnisse nicht eindeutig geklärt, ob der fördernde Effekt ausschlieÃlich durch die Musik oder durch die anderen Inhalte bedingt wird.
Die Autoren erklären die verbesserten Lese- und Rechenleistungen damit, dass die Kinder in den Versuchsklassen durch das Erleben der eigenen Kompetenz eine stärkere Motivation zum Lernen und eine positivere Einstellung zum Schulunterricht entwickelt hätten. Dies erklärt jedoch nicht, warum der Musikunterricht dazu führte, dass die Kinder gerade im mathematischen Bereich besonders gute Leistungen erzielten. Es ist durchaus auch möglich, dass die Verbesserungen in den Rechen- und Leseleistungen nicht durch spezifische Wirkungen des musikalischen Trainings zu Stande gekommen sind, sondern einfach durch diebesonders intensive Betreuung der Kinder mit dem Kodály-Unterricht begründet werden können. Leider haben die Autoren keine angemessene Kontrollgruppe verwendet, um diesen Effekt zu kontrollieren. Am besten wäre es gewesen, sie hätten eine Kontrollgruppe ohne Kodály-Unterricht aber mit gleich intensivem Betreuungsaufwand in den Versuchsplan aufgenommen. Insofern ist diese Arbeit auch nicht gänzlich geeignet, den positiven Effekt von Musiktraining auf andere kognitive Leistungen genau zu belegen und zu beschreiben.
In sieben weiteren Untersuchungen, welche im Ãbrigen in wissenschaftlich eher untergeordneten Zeitschriften erschienen sind, wurden ebenfalls im Rahmen von Längsschnittuntersuchungen zu überprüfen versucht, ob Musikunterricht einen fördernden Einfluss auf Nicht-Musikfächer ausüben würde. Diese sieben Arbeiten weisen allerdings eine Reihe von methodischen Mängeln auf, welche eine eindeutige Schlussfolgerung über die Ursachen der berichteten Effekte nicht zulassen. Im Folgenden sollen diese Arbeiten in Kürze dargestellt werden.
Die erste Arbeit dieser Gruppe wurde von Rauscher und Kollegen publiziert (Rauscher et al., 1997). Rauscher und Kollegen haben über einen Zeitraum von sechs bis acht Monaten mit vier Jahre alten Kindergartenkindern gearbeitet. Ziel war herauszufinden, ob ein Klaviertraining bei diesen jungen Kindern die räumlichen Verarbeitungsleistungen verbessern würde. Man erkennt hier gleich die inhaltliche Nähe zum in Kapitel 2 dargestellten Mozart-Effekt, der ja von den gleichen Autoren entdeckt wurde. Für diese Studie haben die Autoren zwei Versuchsgruppen gebildet, denen sie die Kinder per Zufall zuwiesen. Die Experimentalgruppe erhielt ein- oder zweimal pro Woche ein zehn Minuten dauerndes Klaviertraining, während die Kontrollgruppe ebenfalls ein- bis zweimal die Woche an einem kommerziellen Computerprogramm arbeitete. Diese Software diente dazu, den Kindern grundlegende Lese- und Rechenfertigkeiten zu vermitteln. Die Kinder, die das Klaviertraining absolvierten, schnitten in den Tests zur Messung räumlicher Funktionen (ähnliche Test, wie beim Mozart-Effekt) besser ab als jene Kinder, die an den Computerprogrammen gearbeitet hatten. Die Autoren interpretieren ihre Befunde im Zusammenhang mit dem von ihnen entdeckten Mozart-Effekt und argumentieren, dass das Klaviertraining gemäà ihren Modellvorstellungen insbesondere die räumlichen Orientierungsfunktionen günstig beeinflusse. Es gibt eine Reihe kritischer Anmerkungen zu dieser Studie, welche die Interpretation stark einschränken. So haben einige Autoren kritisch angemerkt, dass die Instruktion zur Benutzungder Software möglicherweise zu aufwändig gewesen ist (Schellenberg, 2001). In der Tat wird in der Publikation angemerkt, dass ein erwachsener Instruktor die Kinder angewiesen hat, das Programm sinnvoll zu bedienen. Insofern ist nicht auszuschlieÃen, dass diese besondere Instruktion einen Einfluss auf die kognitiven Leistungen gehabt haben könnte. Ein anderer kritischer Punkt dieser Untersuchung ist die Tatsache, dass die Trainingsintensität der einzelnen Kinder teilweise erheblich variierte. Einige Kinder kamen in den Genuss von etwa einem Drittel
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