Macht Musik schlau?
von dem Lehrer Waldemar Weber initiiert wurde (Weber, Spychiger und Patry, 1993). Es folgt dann die Darstellung der
Berliner Grundschulstudie
von Hans Günther Bastian und Mitarbeitern (Bastian, Kormann und Hafen, 2000).
3.3.1
Das Schweizer Schulprojekt
In den Jahren 1988â1992 hat der Schweizer Lehrer Ernst Waldemar Weber einen groà angelegten Schulversuch in verschiedenen Schweizer Kantonen ins Leben gerufen, um die Wirkung des Musikunterrichts auf Schulleistungen zu untersuchen. Für diese Untersuchungen konnte er den Feldforscher Jean-Luc Patry und die Pädagogin Maria Spychiger gewinnen. Auch diese Studie ist (nur) in Buchform erschienen und hat leider nie den Weg in eine begutachtete wissenschaftliche Zeitschrift gefunden (Weber, Spychiger und Patry, 1993). Zu dieser Studie existiert noch eine detaillierte Ergebnisbeschreibung für den Schweizerischen Nationalfonds (Patry, Weber und Spychiger, 1993) und eine kritische Bewertung von Maria Spychiger (2003) in einem Sammelband zu musikpädagogischen Themen. An diesem Projekt nahmen insgesamt 1200 Schüler (!) der Unter-, Mittel- und Oberstufe teil. Untersucht wurden 17 Musikklassen und deren Kontrollklassen. Jeder Musikklasse wurde eine Kontrollklasse zugeordnet, um später die Schulleistungen zwischen diesen Klassen zu vergleichen. Die Klassen waren im Hinblick auf das Alter und den soziökonomischen Status ähnlich. Während die Schüler in der Kontrollgruppe normalen Schulunterricht erhielten, genossen die Schüler in der Versuchsgruppe zusätzlich Musikunterricht, wobei allerdings der Unterricht in jedem Hauptfach um eine Stunde reduziert wurde. Konkret wurde wegen des Musikunterrichts weniger Mathematik oder Deutsch unterrichtet. Die Autoren bemerken ausdrücklich, dass in den Kontrollklassen auch erfahrene ja sogar gute Lehrer tätig waren. Die Autoren berichten auch, dass sie versuchten, der Gefahr zu begegnen, dass die Lehrer der Musikklassen den fehlenden Unterrichtmit zusätzlichen Hausaufgaben wettmachen würden. Deshalb erhielten die Lehrer der Musikklassen ausdrücklich die Weisung, keine zusätzlichen Hausaufgaben zu verteilen. Allerdings konnte nicht kontrolliert werden, ob die Schüler der Musikklassen quasi selbstmotiviert zu Hause mehr lernten. Bevor ich mit der Ergebnisdarstellung beginne, darf ich schon anmerken, dass es bemerkenswert ist, dass sich eine verantwortliche Bildungsdirektion auf diesen groà angelegten Schulversuch eingelassen hat. Ich kann mir sehr gut vorstellen, dass viele Eltern und Lehrer reflexartig eher ablehnend auf ein solches Projekt reagieren würden. De facto wird ja in bestimmten Inhaltsfächern weniger unterrichtet.
Die Autoren haben sich groÃe Mühe gemacht, um die Schulleistung möglichst objektiv zu erfassen. Die in diesem Projekt genutzten Schulleistungstests wurden von einer methodisch gebildeten Lehrperson speziell erstellt und bezogen sich auf den jeweiligen Schulstoff in den Fächern Deutsch, Mathematik und Französisch, der in den letzten drei Monaten vor der Messung in beiden Klassen durchgenommen wurde. Zum Gruppenvergleich haben die Autoren die Schulleistungen in den oben kurz skizzierten Schulleistungstests zwischen den Klassen mit und ohne Musikunterricht verglichen. Bevor ich auf die detaillierte Befunddarstellung eingehe, muss noch erwähnt werden, dass die Autoren insgesamt 32 Gruppenvergleiche durchgeführt haben (16 für das Fach Mathematik, 13 für Deutsch und 3 für Französisch). Die Gruppenvergleiche werden im Folgenden als EffektgröÃen (d) besprochen. Diesen statistischen Kennwert haben wir im Rahmen dieses Buches schon mehrfach verwendet, weil sich damit statistische Gruppenunterschiede mittels eines Wertes darstellen lassen. Berechnet wird dieser Kennwert, indem die mittlere Schulleistung der Kontrollgruppe von der mittleren Schulleistung der Experimentalgruppe abgezogen wird. Diese Differenz wird dann noch durch die Standardabweichung geteilt. Betrachtet man die in diesem Projekt erzielten EffektgröÃen getrennt für die Unter-, Mittel- und Oberstufe, erhält man im Hinblick auf die Mathematikleistungen sehr unterschiedliche Ergebnisse. Im Durchschnitt schneiden die Kinder in der Unterstufe (Klassen 1 bis 3) in beiden Gruppen in etwa gleich gut ab. Das ist schon ein bemerkenswertes Ergebnis, bedenkt man, dass die Kinder mit Musikunterricht eine Stunde weniger Mathematikunterricht pro Woche genossen
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