Macht Musik schlau?
hatten. Für die Mittelstufenklassen (Klassen 4 bis 6) zeigt sich jedoch, dass die Kinder ohne Musikunterricht im Durchschnitt bessere Mathematikleistungen erbrachten. In den Oberstufenklassen (Klassen 7 bis 9) sind im Durchschnitt die Mathematikleistungender Schüler mit Musikunterricht besser als für jene Schüler, die keinen Musikunterricht erhalten hatten. Für die Leistungen im Deutschunterricht ergibt sich ein ähnliches Bild. In der Unterstufe ergibt sich kein Gruppenunterschied, während in der Mittelstufe die Leistungen der Schüler mit Musikunterricht etwa eine halbe Standardabweichung schlechter sind als bei den Kindern ohne Musikunterricht. Die Oberstufenschüler scheinen offenbar im Hinblick auf die Deutschleistung vom Musikunterricht zu profitieren, denn die Deutschleistungen der Schüler mit Musikunterricht sind deutlich besser als die der Schüler ohne Musikunterricht (d = 0,83). Einen möglichen Einfluss des Musikunterrichts auf die Leistung im Fach Französisch wurde nur für drei Oberstufenklassen überprüft. Hier ergab sich, dass sich beide Gruppen in der Französischleistung im Durchschnitt nicht voneinander unterschieden. Zusammengefasst könnte man diese Ergebnisse vorsichtig wie folgt beschreiben:
â    In der Unterstufe hat der vermehrte Musikunterricht auf Kosten des regulären Unterrichts keinen negativen Einfluss .
â    In der Mittelstufe hat der vermehrte Musikunterricht auf Kosten des regulären Unterrichts einen negativen Einfluss .
â Â Â Â In der Oberstufe sind die Leistungen der Musikklassen deutlich besser.
Bislang habe ich die durchschnittlichen Effekte jeweils für die Unter-, Mittel- und Oberstufe dargestellt. Betrachtet man die Unterschiede zwischen den Musikklassen nicht zusammengefasst für die einzelnen Klassenstufen (Unter-, Mittel- und Oberstufe), sondern getrennt für jedes einzelne Klassenpaar innerhalb der Klassenstufen, so kommt man zu differenzierten Ergebnissen. Auf dieser Betrachtungsebene fällt auf, dass die Unterschiede selbst innerhalb einer Klassenstufe erheblich schwanken. In der Unterstufe findet man Klassenpaare, wo die Kinder mit Musikunterricht erheblich schlechter (z.B. Klasse 4) oder sogar erheblich besser abschneiden (z.B. Klasse 3) als die Kontrollgruppe (hier für den Mathematikunterricht). Ãhnliche heterogene Ergebnisse ergeben sich für alle Schulstufen und geprüften Schulfächer. Mit etwas Vorsicht kann man einen Trend erkennen, dass in den Oberstufenklassen der Musikunterricht eher günstigere Einflüsse auf die Schulleistungen (insbesondere Mathematik und Deutsch) ausübt. Von den sechs Oberstufen-Klassenpaaren, für die der Einfluss des Musikunterrichts aufMathematikleistungen gemessen wurden, ergaben sich bei drei Klassenpaaren erhebliche Verbesserungen im Hinblick auf die Mathematikleistungen (Effektmasse: 1,64; 0,87; 0.98). Insgesamt ergibt sich ein eher heterogenes Bild. Warum sollte eine Klasse innerhalb einer Stufe hinsichtlich der Schulleistungen vom Musikunterricht profitieren eine andere aber nicht? Warum scheinen einige Klassen unter dem Musikunterricht zu «leiden» und im Vergleich zur Kontrollgruppe schlechtere Schulleistungen erbringen? Antworten auf diese Fragen können die Autoren nicht geben. Sie betonen allerdings explizit, dass anhand dieses Schulversuches nicht eindeutig entschieden werden kann, ob Musik einen direkten förderlichen Einfluss auf bestimmte Schulleistungen ausübt oder ob andere Faktoren ebenso ihre Wirkung entfalten. Maria Spychiger erwähnt ihn ihrer Nachbetrachtung zu dieser Studie (Spychiger 2003), dass sie und ihre Kollegen den Eindruck hatten, «dass die Lehrpersonen sehr verantwortungsvoll mit der Zeitreduktion umgingen und didaktisch kreativ wurden, um mögliche Defizite aufzufangen». Ferner erwähnt Maria Spychiger explizit, dass die Experimentalklassen durch gute Motivation und ein gutes Unterrichtsklima auffielen und vermutet, dass sich dies im «positiven Sinne vermittelnd auf die Schulleistungen ausgewirkt haben dürfte». Sie führt des Weiteren noch aus, dass die «Effekte im Sozialbereich mit der Steigerung des Hörens und des Einander-Zuhörens, die beim gemeinsamen Musizieren und Singen unerlässlich sind und beim Musizieren direkt gefördert werden, zusammenhängen».
Insgesamt erbrachte die Studie also keinen eindeutigen Beleg dafür,
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