Macht Musik schlau?
Fertigkeiten abhängt, besteht auch ein Zusammenhang zwischen dem Musizieren und verschiedenen Rechenleistungen. Einige Untersuchungen unterstützen die Hypothese, dass Musizieren und Musikbegabung die Rechenleistung fördern.
â    Bevor allerdings ein enger Zusammenhang zwischen Rechenleistungen und Musizieren allzu vehement konstatiert wird, muss erst noch herausgearbeitet werden, welche genauen Einflüsse für die besseren Rechenleistungen bei Musikern verantwortlich sind. Sind es spezifische oder unspezifische Effekte?
â    Durch das Musizieren erwerben Musiker auÃerordentliche motorische Fähigkeiten. Sie können insbesondere einfache Fingerbewegungen sehr effizient und schnell durchführen. Besonders die subdominante Hand hat an Leistungsfähigkeit gewonnen. Das führt dazu,dass die Leistungsasymmetrie zwischen beiden Händen bei Musikern wesentlich geringer ist. Die Asymmetrie hängt vom Alter zu Beginn des Musiktrainings ab. Je früher sie mit dem Training beginnen, desto geringer ist die Asymmetrie. Auffallend ist allerdings, dass die besseren motorischen Leistungen sich vorwiegend bei motorischen Aufgaben zeigen, die im Zusammenhang mit dem Spielen des jeweiligen Instrumentes stehen. Ein Transfer auf andere motorische Leistungen ist bislang noch nicht nachgewiesen worden. Wahrscheinlich muss man von einer funktionellen Spezialisierung für bestimmte motorische Programme ausgehen.
â    Musiker und Musikgeschulte sind auf allen Ebenen der Musikwahrnehmung Nichtmusikern überlegen. Diese Ãberlegenheit äuÃert sich auch in der bei Musikern veränderten Art und Weise, wie die beteiligten Hirnstrukturen die Musikreize verarbeiten. Selbst innerhalb der Musikergruppe können Spezialisierungen festgestellt werden. Insgesamt kann man festhalten, dass das auditorische System der Musiker erfahrungsabhängig verändert wird.
â    Ein besonders interessanter Bereich ist das absolute Gehör. Das absolute Gehör. Diese recht seltene Fähigkeit wird offenbar vor dem 9. Lebensjahr entwickelt und scheint auf eine Kombination von genetischen Einflussfaktoren und Musikerfahrung zurückzuführen sein. Die Ausbildung des absoluten Gehörs hängt mit anatomischen Veränderungen innerhalb des Hörkortex zusammen. Ãberdies scheinen absolut hörende Menschen auch andere Verarbeitungsmodule bei der Tonwahrnehmung einzusetzen als Nichtabsoluthörer.
5 Lernen und passives Musikhören
In den letzten Jahren habe ich recht viele Vorträge zum Thema «Musik und Lernen» gehalten. Eine der häufigsten Fragen, die mir nach den Vorträgen gestellt wurden, war, ob man während des Lernens Musik hören sollte, um seine Lernleistungen zu verbessern. Insbesondere besorgte Eltern haben immer wieder diese Frage gestellt, offenbar weil sie ständig im Konflikt mit ihren Kindern sind, die während des Lernens Musik hören oder hören wollen. Ich kann mich an eine Begebenheit erinnern, welche eine solche Mutter-Sohn-Dynamik zutage förderte. Mutter und Sohn haben meinem Vortrag beigewohnt, und nach dem Vortrag stellte mir die Mutter die unvermeidliche Frage, ob sie ihrem Sohn verbieten solle, während der Hausaufgaben Musik zu hören. Ich versuchte diese Frage vorsichtig und differenziert zu beantworten, wobei ich die Erkenntnisse der Gedächtnispsychologie als wesentliche Grundlage meiner Erklärung wählte. Ich erläuterte, wie unser Gedächtnis prinzipiell funktioniert und welchen Einfluss zusätzliche Reize während des Lernens und Abrufens von Informationen ausüben. Auf der Grundlage dieser Ãberlegungen kann ich nicht grundsätzlich empfehlen, während des Lernens und Arbeitens Musik zu hören, sondern nur unter bestimmten Bedingungen. Nach meinen Ausführungen meldete sich der pubertierende Sohn etwas irritiert, aber sehr kampfeslustig zu Wort und erklärte, dass er der Meinung sei, er könne mit Musikbegleitung besser lernen und er würde auf keinen Fall darauf verzichten wollen. Seine Mutter schien in mir einen geeigneten Kooperationspartner gefunden zu haben und wies vor dem gesamten Auditorium ihren Sohn an, meine Ratschläge zu beachten. Er allerdings blieb hartnäckig und war nicht zu überzeugen. In gewisser Weise spiegelt diese Dynamik durchaus das wieder, was wir in der wissenschaftlichen Literatur antreffen; nämlich sehr
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