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Macht nichts, Darling

Macht nichts, Darling

Titel: Macht nichts, Darling Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Scott
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seiner Nichte bleiben, bis er seinen Forschungsauftrag ausgeführt und die Existenz des »kleinen Volks« fotografisch bewiesen hätte. Da dessen Angehörige begreiflicherweise sehr scheu seien, gehörten dazu natürlich Ausdauer und Geduld. »Und da es gar keine gibt«, fügte Sally in Gedanken hinzu, »wird er ewig bleiben...«
    Das war ein Schlag. Ihre Phantasie schauderte davor zurück, sich das künftige Zusammenleben von Onkel Aloysius und Matthew auszumalen. An Archie hatte sich Matt gewöhnt, was bei einem so selbstlosen und spendablen Gast ja auch nicht weiter schwerfiel. Außerdem war seine Gesellschaft aufmunternd, und selbst wenn er abends mal »einen über den Durst getrunken« hatte, wie er es nannte, und sein Moped im Zickzackkurs heimlenkte, war er höchstens noch ein bißchen redseliger als sonst, wurde aber nie aufdringlich.
    Mit Onkel Aloysius war es eine andere Sache. Sally konnte kaum fassen, daß dieser unfreundliche alte Mann ein naher Blutsverwandter ihres Vaters war, der unendlich viel Herzenswärme, Charme, Humor und sehr wenig Rechentalent besessen hatte. Onkel Aloysius war das genaue Gegenstück. Er hatte Rechentalent und ließ unbekümmert durchblicken, daß er seine Großnichte nach Kräften auszunutzen und selbst so wenig wie möglich zu geben gedachte.
    Dies ärgerte Sally endlich genügend, um ihm einen kleinen Dämpfer zu verpassen. »Ich bin froh, daß du jetzt gekommen bist, Onkel Aloysius«, sagte sie, »denn in ein paar Wochen wäre es wahrscheinlich zu spät gewesen.«
    Er warf ihr einen nervösen Seitenblick zu und rutschte von ihr weg — offenbar glaubte er, sie litte an einer lebensbedrohenden und womöglich ansteckenden Krankheit. »Warum zu spät?« fragte er, und in seiner Stimme bebte Furcht — nicht etwa um Sally, sondern natürlich nur um die eigene Person und um das »kleine Volk«. (Feen und Elfen sind zwar gegen Ansteckung immun, wie Sally Matthew später erklärte, aber er hätte krankheitshalber vielleicht das Land verlassen müssen, ohne sie gesehen zu haben.)
    »Weil die Farm zum Verkauf steht und jeden Moment ein Käufer kommen kann«, antwortete sie kurz. »Wir müssen mit einer vierzehntägigen Räumungsfrist rechnen, was leider auch deinen Besuch abkürzen würde.« (Das wäre das einzig Gute daran, dachte sie.)
    Onkel Aloysius interessierte sich nicht für ihre Sorgen. Er sagte, daß er selbst nichts Eiligeres zu tun hätte, als zu seiner australischen Gesellschaft heimzueilen, sobald er unwiderlegliche Beweise für die Anwesenheit des »kleinen Volkes« in Neuseeland vorlegen könnte. Sally schöpfte daraus wenig Trost. Wo und wie sollte der verdrehte Alte eine Elfe erwischen?
    Sie war regelrecht nervös, als sie Matthew und ihren neugefundenen Großonkel einander vorstellte. Archie machte ihr keine Sorge, der lachte bloß harmlos und ließ jeden gelten; aber Matthew ging nicht so duldsam mit Verrückten um. Wenn wenigstens eine entfernte äußerliche Ähnlichkeit mit ihrem Vater bestanden hätte! Aber da dem nicht so war, lautete Matthews Urteil nach einem einzigen forschenden Blick: »Verwandtschaft allein bedeutet gar nichts. Nur der Mensch zählt.« Und daß Onkel Aloysius für ihn nicht zählte, wurde schrecklich klar, als der Elfenforscher bei Tisch unheimliche Mengen in sich hineinschlang und dabei einen langatmigen Vortrag über die »allgegenwärtige Geisterwelt um uns« hielt, bis Matthew plötzlich aufstand, seinen Teller zurückschob und rundheraus erklärte, ihm drehe sich der Magen um, wenn er beim Essen einen so gottverdammten Blödsinn mitanhören müsse.
    Sally machte ihm später sanfte Vorwürfe deswegen. »Du darfst nicht vergessen, daß er trotz allem unser Gast ist«, sagte sie.
    »Ich hab’ ihn nicht eingeladen!« war die grobe Antwort. »Will der Kerl etwa lange bleiben?«
    »Oh, nicht lange«, versicherte Sally mit krampfhaftem Optimismus. »Wenn er ein paar Elfen geknipst hat, fliegt er wieder ab.«
    Matthews Gesicht verdüsterte sich noch mehr. »Und wenn er keine vor die Linse kriegt?«
    »Wir haben ja immer noch die Hoffnung, daß wir bald verkaufen, und dann muß er gehen«, seufzte Sally und schämte sich ein bißchen, daß sie keine verwandtschaftlichen Gefühle für den alten Sonderling aufbrachte.
    Die Atmosphäre wurde ausgesprochen ungemütlich. Matthew verschleierte sein Mißfallen in keiner Weise, und als Onkel Aloysius am nächsten Tag auf Elfenpirsch gegangen war, brach er in laute Klagen aus: »Dieses Haus ist

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