Macht nichts, Darling
getroffen?« fragte Sally und hoffte, das Schicksal hätte vielleicht freundlicherweise ohne ihr Zutun Simon des Weges geschickt.
»Ja, einen Farmer, der sehr niedergeschlagen über die schlechten Schweinepreise war«, berichtete Caroline arglos, »und zwei Sektierer, die mir ihre Traktätchen aufgedrängt haben. Ach ja, und dann noch einen sehr netten jungen Mann, der mir alles über seine Ferkel erzählt hat. Sie haben Würmer.«
Sally seufzte. Na, es machte fast gar nichts; heute abend lernten sich Simon und Caroline auf jeden Fall kennen, und sie würde schon für eine Gegeneinladung nach Luthens sorgen. Diesmal würde sie es so raffiniert anstellen, daß Simon nicht das geringste merkte, weder vorher noch nachher. Letztes Mal hatte er es ihr schlecht gedankt.
Am Nachmittag trafen die Mädchen in fröhlicher Eintracht alle Vorbereitungen für die Party, und schließlich betrachtete Sally entzückt ihr altes, großes Wohnzimmer, das sie in einen wahren Festsaal verwandelt hatten. Nur eins beunruhigte sie: Archie war noch nicht da. Und da es Samstag war und er sich im Laufe der Zeit mit vielen Leuten angefreundet hatte, war zu befürchten, daß er in der Dorfkneipe schon ausgiebig Abschied gefeiert hatte. »Archie ist eine Seele von Mensch«, erklärte sie Caroline, »aber er hebt gerne einen, und wenn er angebläut ist, wird er ein bißchen albern. Es wäre schade, wenn er den Leuten zum Schluß einen schlechten Eindruck machte. Hugh und Simon waren sowieso immer etwas kritisch gegen ihn eingestellt. Hoffentlich kommt er bald, damit wir ihm noch schnell etwas Kompaktes zu essen geben können.«
Auch Matthew wanderte sorgenvoll hin und her. Er hatte Archie allmählich richtig ins Herz geschlossen und wünschte ihm alles andere als einen unrühmlichen Abgang. »Jeden Moment können die Gäste kommen«, murmelte er vor sich hin, »und Arch ist bestimmt sternhagelvoll, und alle sagen: >Seht ihr, das kommt davon<... Na endlich! Das Geknatter kann nur sein Moped sein... Herrje, wie er sich durch die Kühe schlängelt... Die eine hätte er jetzt fast zur Strecke gebracht!... Arch ist wieder mal angesäuselt, das läßt sich nicht verheimlichen...«
»Angesäuselt« war eine sanfte Untertreibung. Archie war zum erstenmal sinnlos betrunken und schwebte auf den Wogen wundervoll gesteigerten Selbstgefühls. Das angebotene solide Essen lehnte er mit einer fürstlichen Handbewegung ab. »Essen vor einer P-Party verdirbt die Sch-timmung«, verkündete er weise, und als Matthew trotzdem darauf drang, wurde er wütend.
»Sie brauchen nichts zu essen, was Sie nicht wollen, Archie«, griff Sally hastig ein, »nur... ich habe extra für Sie Apfelpudding gemacht, den Sie doch so gern mögen... und nun bin ich natürlich ein bißchen enttäuscht.«
Das genügte zu Archies Besänftigung. Es war sogar zuviel, denn Sallys Güte rührte den einsamen Seemann zu Tränen. »Womit hab’ ich das verdient?« schluchzte er pathetisch. »Dies ist die Frau, die mir ein Heim geboten hat, und ich... ich...«
Es war furchtbar. Sally tauschte einen ratlosen Blick mit Matthew und sagte eilig: »Schon gut, Archie. Ihr Besuch war eine riesige Freude für uns, und wir werden Sie sehr vermissen.«
Aber der wohlgemeinte Trost zerriß sein Herz vollends, und sein lautes Weinen endete erst mit einem höchst unfeinen Rülpser, worauf er erklärte, Sally sei seine liebe alte Dame, und er würde sie nie vergessen. Dann raffte er sich vom Stuhl auf und sagte mit großer Würde, nur die bevorstehende Party hätte ihn etwas aufgeregt. Glücklicherweise hörte er Matthews Randbemerkung über die Abschiedsfeier in der Dorfkneipe nicht mehr, denn er zog sich ins Badezimmer zurück, »um seine Bewegung zu verbergen« und, wie Sally hoffte, den Kopf längere Zeit unter kaltes Wasser zu halten.
Die Tür hatte sich kaum hinter ihm geschlossen, als draußen zwei Wagen vorfuhren und Hugh, Simon und Tante Dorothy fast gleichzeitig eintraten. Caroline mußte ihren ganzen natürlichen Charme einsetzen, um über den ersten verlegenen Moment hinwegzuhelfen, denn Sallys Aufmerksamkeit war sichtlich von den Gästen abgelenkt. Mit einem Ohr horchte sie nach dem Badezimmer, aus dem kein Laut mehr kam, mit dem andern auf die Straße, wo ein drittes Auto herannahte. Wenig später kamen Judith und Jan herein und taten, wiewohl nicht sehr überzeugend, als hätten sie sich erst am Gartentor getroffen. Als letzte erschienen die Moores mit Alister, durch dessen Anwesenheit das
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