Macht nichts, Darling
Auge auf einen schlichten Farmer zu werfen.
Am Sonntag fuhren die Freundinnen bei strahlendem Herbstsonnenschein los, holten Judith in Queensville ab und ließen sie auf Luthens gleich wieder aussteigen, denn Jan wußte natürlich Bescheid und drückte sich schon wartend in der Nähe herum. Tante Dorothy empfing sie herzlich. Caroline hatte offensichtlich den besten Eindruck auf sie gemacht — Sallys einsamer Seemann übrigens nicht minder.
»Ein ganz reizender Junge; du wirst ihn schmerzlich vermissen. Es war nur schade, daß er so spät kam und uns nicht noch viel mehr von seinen drolligen Geschichten erzählen konnte. Seeleute sind immer so erfrischend.«
Simon fügte mit einem Seitenblick auf Sally hinzu, daß Archie sich auch im Dorf sehr beliebt gemacht habe und die vielen neuen Freunde wahrscheinlich an seinem späten Nachhausekommen schuld gewesen seien. Sally stimmte dieser Erklärung lebhaft zu. Im übrigen saß sie wie angeleimt bei Tante Dorothy und rührte sich nicht, als Simon später erwähnte, einer seiner Untergebenen hätte ein Pferd zu verkaufen — ob sie es sich nicht mal zusammen ansehen wollten? »Ein guter Springer, braucht nur noch ordentliches Training. Haben Sie schon viel Reiterfahrung, Caroline?«
Sally begann sofort ein Loblied auf die Reitkünste ihrer Freundin und schloß mit den Worten: »Sieh dir das Pferd mal unverbindlich an, Caroline, aber nimm’s mir nicht übel, wenn ich nicht mitkomme. Beim Anblick von Pferden werde ich zu neidisch. Bei mir ist’s aus mit dem Reiten, wenn sich an meinem künftigen Wohnort nicht gerade eine ganz unwahrscheinliche Gelegenheit ergibt.«
»Wo ziehst du denn eigentlich hin, Sally?« warf Tante Dorothy ein. »Von Simon habe ich bis jetzt nur gehört, daß er deine Pläne für grundverkehrt hält.«
»Ja, weil für ihn das Paradies natürlich nur hier liegt«, erwiderte Sally etwas scharf. »Ich bin noch nicht entschieden, aber ich habe von einer kleinen Farm gehört, die ungefähr das ist, was ich suche: zehn Morgen Obstgarten und genug Weideland für sechs Kühe und ein Pferd. Wir könnten etwas Milch und Sahne an die Meierei verkaufen, und Matt kann außerdem noch Gemüse ziehen, das ich dann in der Stadt verhökere. Ich seh’ mich schon mit einem Karren herumziehen...«
Caroline lachte, Tante Dorothy schnalzte bedauernd mit der Zunge, und Simon fragte, wie die nächste Stadt hieße. Nachdem Sally den Namen genannt hatte, rief er entsetzt: »Aber das ist ja zweihundert Meilen weit weg!«
»Macht nichts, Darling. Das Klima und der Boden sollen gut sein. Matt und ich müssen jetzt praktisch denken.«
Simon stand unvermittelt auf und sagte zu Caroline: »Ja, wenn Sie sich noch das Pferd ansehen wollen .. worauf sie beide hinausgingen.
Sally fand den Nachmittag sehr gelungen und zögerte den Aufbruch so lange wie möglich hinaus. Viele Besuche auf Luthens waren ihr vermutlich nicht mehr beschieden. Simon und Caroline schienen sich draußen vorzüglich zu unterhalten, denn sie kamen geraume Zeit nicht wieder, und Judith blieb gänzlich unsichtbar. Es wurde fünf — die frühe Herbstdämmerung brach schon herein — , bis Sally sie vor ihrer Bibliothek absetzte und mit Caroline heimfuhr.
Unterwegs sagte Caroline plötzlich: »Dein Simon gefällt mir, Sally. Ein gerader, ehrlicher Charakter und offensichtlich sehr tüchtig in seinem Fach.«
»Ja, er ist ein Prachtkerl. Ich kenne ihn ja von Kindheit an.«
Eine kleine Pause entstand. Dann begann Caroline in entschlossenem Ton: »Sally, wir haben immer offen und ehrlich miteinander geredet. Darum findest du mich hoffentlich nicht zudringlich, wenn ich dir eine direkte Frage stelle.«
»Bestimmt nicht. Schieß los.«
»Ist dieser Simon... sozusagen dein Eigentum?«
»Mein Eigentum? Lieber Himmel, nein! Wie kommst du darauf?«
»Na ja, ihr kennt euch doch so gut, und er nimmt so starken Anteil an deinen Sorgen.«
»Das kommt daher, weil er auch meinen Vater schon gekannt hat. Er ist sich immer wie so eine Art großer Bruder vorgekommen, und das haftet ihm jetzt noch an. Das ist alles, Carol. Ich gebe dir mein Wort darauf.«
»Dann darf ich vielleicht noch eine indiskrete Frage anschließen. Wer ist denn nun dein spezieller Herzensfreund? Irgendeinen mußt du doch haben. Du bist viel zu anziehend, als daß du in diesen drei Jahren ohne Verehrer geblieben sein könntest.«
Sally lachte. »Oh, natürlich sind ein paar aufgetaucht, aber etwas Ernsthaftes ist nie daraus geworden. Tut mir
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