Macht nichts, Darling
Dame. Mag ja sein, daß sie nochmal eine Art Aufgabe für einen alten Knacker sind, der sonst zu nichts mehr gut ist.«
»Nun werden Sie deprimiert, und das kommt davon, weil Sie müde sind. Ich schicke Ihnen jetzt Archie, damit er Ihnen beim Ausziehen hilft, und dann bekommen Sie etwas zu essen, und dann schlafen Sie. Über Enkel können wir morgen weiterreden.« Sally setzte eine drollige Vorgesetztenmiene auf, und der alte Herr ließ es sich zu ihrem größten Erstaunen gefallen, wenn auch nicht gerade mit Wonne.
Archie war gleich zu Hilfsdiensten jeder Art bereit, aber Matthew benahm sich widerborstig.
»Fällt mir nicht ein. Ich bin keine Amme! Zum Teufel, wozu hast du den Kerl hergeschleppt? Jeden Tag was andres — gestern schnarcht Arch in der Badewanne wie eine besoffene Robbe, und heute bedienst du schon wieder einen alten Schnorrer von hinten und vorn, wo wir den letzten gerade glücklich los sind!«
»Ich wundere mich über dich, Matt. Mein Leben lang hast du mir zur Seite gestanden, und nun auf einmal. ..«
Wenn sie diese Saite aufzog, konnte er nie widerstehen. Er verteidigte sich hastig: »Ich schimpfe doch bloß, weil du dich mit all diesen Leuten aufreibst. Wenn wir beide doch endlich mal in aller Ruhe allein wären...«
»Ja, es wird herrlich sein, wenn’s soweit ist. Aber vorläufig ist es furchtbar wichtig, daß ich mich mit Mr. Fraser anfreunde. Komm mit ’raus in den Schuppen, dann erkläre ich dir alles.«
Und sie erzählte ihm die ganze Geschichte von Judiths und Jans heimlicher Ehe.
»Geschieht dem alten Ekel recht, daß er gar nicht weiß, was für eine nette Schwiegertochter er hat«, lautete Matthews Kommentar. »Also das steckt dahinter! Du kümmerst dich um die Angelegenheiten anderer Leute, wie gewöhnlich. Na schön. Dann geh’ ich ihm eben auch um den Bart und hole seinen verdammten Koffer aus dem Wagen und...« Murrend, aber resigniert fügte sich Matthew in seine Rolle.
Archie war umsichtig und taktvoll wie ein gelernter Sanitäter, und als der Kranke gemütlich im Bett lag, brachte Caroline, die sich unterdessen in der Küche nützlich gemacht hatte, eine leichte, appetitliche Mahlzeit nach allen Regeln der modernen Diätlehre. Leider rührte Mr. Fraser sie trotzdem kaum an und entschuldigte sich nachher deswegen bei Sally. »Ich bin ein richtiger alter Nöckergreis, Miss Sally, aber ich hasse nun mal Schwäche. Es macht keinen Spaß, abzudanken und um fremde Hilfe zu betteln. Mag sein, daß es ungebührlicher Stolz ist, aber...«
»Stolz ist ganz normal, nur dem eigenen Sohn gegenüber sollte er nicht übertrieben werden. Ich setze mich jetzt noch ein bißchen zu Ihnen, unter der Bedingung, daß Sie Carols herrliche Omelette aufessen. Jan wird sehr erschüttert sein, daß Sie krank sind, und wird nun selber nach Hause kommen wollen, denn er liebt Sie doch.«
»So? Ich bin nicht ganz so sicher. Ich war ein ziemlich strenger Vater, und wir sind im Zorn auseinandergegangen. Vielleicht habe ich ihm etwas zuviel Vorschriften machen wollen, nur zu seinem Besten natürlich.«
»Väter sind eben so. Meiner war eine Seele von Mensch, aber er hat Schulden gemacht, um mir eine Berufsausbildung zu ermöglichen, die mich gar nicht lockte; ich wäre von vornherein viel lieber bei ihm und Matt geblieben. Jan wird glücklich sein, daß Sie ihn brauchen und es auch endlich zugeben.«
Fraser erwiderte längere Zeit nichts, aß aber zu Sallys stiller Genugtuung langsam seinen Teller leer. Dann fragte er: »Kennen Sie Jan näher? Ich meine — sind Sie befreundet?«
»Das wäre zuviel gesagt. Ich kenne ihn erst, seit Simon auf Luthens Verwalter ist. Aber er war mir auf den ersten Blick sympathisch, und er hat mir erzählt, wo er herstammt.«
»Hat er Ihnen auch erzählt, was für ein alter Tyrann sein Vater ist?«
»Nein. Er sagte, Sie hätten gewisse Vorurteile — aber die hat er wahrscheinlich auch. Ich glaube, er ist sehr nach Ihnen geraten.«
Joseph Fraser lächelte wieder auf seine grimmige Art. »Vielleicht liegt da der Hase im Pfeffer. Ein alter Mann kann sich irren. Die Zeiten haben sich geändert. Heutzutage heiraten die Leute allgemein früher, und manchmal geht’s ja ganz gut.«
»Aber natürlich, die Teenagerehen ausgenommen — die sind weiterhin problematisch. Leute, die heiraten, sollten zwar eine gewisse Reife haben, aber noch jung genug sein, um sich aneinander zu gewöhnen. Die Jugend ist... wie sagt man noch schnell... anpassungsfähiger. Und es ist auch
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