Macht: Thriller (German Edition)
Schritten war er bei der Kunststofftruhe, zerbrach die Verriegelung und verteilte die Liegestuhlpolster über den Fliesenboden. Er fand zwei Kissen, drückte sie mit der Pistolenmündung gegen die Glasscheibe neben dem Türriegel und drückte ab. Das Glas zerbarst wie geplant. Szombathy trat das Feuer an den Kissen aus, nahm eines als Schutz und zerschlug mit der Faust den Rest der Scheibe. Er öffnete die Türverriegelung, hob die Waffe und rückte nach Vorschrift in das Einsatzgebiet vor.
Nach wenigen Minuten war die Wohnung gesichert. Außer Szombathy und dem Körper war niemand in den Räumen. Von Josi und dem Mädchen fehlte jede Spur. »Leck mich!« Gernot zeigte den Moritzporträts den Mittelfinger und steckte sich eine Smart an. Er testete die Hüllentemperatur der Glock und verstaute sie im Hosenbund. Er kniete sich neben Udo und drückte Zeige- und Mittelfinger gegen die Halsschlagader. Kernreiter hatte noch Puls. »Na, da schau her!« Gernot schüttelte den Regungslosen. Nach einer Ohrfeige flatterten Udos Augenlider, er kam wieder zu Bewusstsein.
Kernreiter röchelte, setzte sich auf und hustete. »Was hab ich bloß für ein beschissenes Karma, dass mir das immer wieder passiert …«
»Das wirst du mir hoffentlich gleich erzählen«, sagte Gernot und neigte den Kopf zur Seite.
Udo zuckte vor der Chimäre hinter dem Tränenfilm zusammen. Er robbte rückwärts, kniff die Augen zusammen und erkannte Szombathy. »Hahaha! – Du bist es, Gernot. Bin ich froh dich zu sehen …«
»Die Freude ist ganz auf deiner Seite!« Gernot packte Kernreiter am Schlafittchen, stellte ihn auf die Füße und bugsierte ihn ins Wohnzimmer. Er stieß ihn auf das Sofa und setzte sich vis-à-vis auf einen Stuhl. »Was ist passiert? Wo sind Josi und Lilly?«
»Glaub mir, ich hab gekämpft wie ein Löwe!« Udo rang die Hände.
»Ich nehme eher an, du hast gequiekt wie ein Ferkel.« Szombathy senkte den Blick und stuppte die Zigarettenasche auf den Teppichboden.
Udo krächzte. Das Schlimmste war, dass es stimmte. Er hatte gebettelt und gewinselt. Er war vor Moritz Heinemann auf die Knie gefallen, hatte an seinem Mantelsaum gezerrt. Aber sein Flehen wurde abgewiesen, der Orden wollte ihn nicht haben. Nach all der Mühsal, die er auf sich geladen hatte, um in seine Nähe zu gelangen und auf sich aufmerksam zu machen. Die wollten Josi und das behinderte Mädchen haben. Bitte, sollten sie doch. Was ging ihn das noch an? Kernreiter verschränkte die Arme vor der Brust und schaute beim Fenster hinaus.
»So, du willst nicht reden?« Szombathy knackte mit den Fingerknöcheln.
Kernreiter wurde heiß und kalt. Er nagte an seinem Daumennagel. »Hahaha! Du wirst mir nichts tun. – Oder?« Er lugte zur Wohnzimmertür und wog seine Chancen ab. Er saß in der Falle, gegen Szombathy hatte er keinen Meter. Sogar dieser Gnom hatte ihn vorhin ausgeknockt. »Er hat sie mitgenommen. Dieser Moritz Heinemann. Er hat mir eine verpasst. Ich konnte nichts tun.«
»Heinemann?« Gernot lachte auf und stützte sich auf die Oberschenkel. »Was hat der Schnösel damit zu tun? Ich kapiere langsam gar nichts mehr.«
»Er hat Josi gefragt, ob sie Mitglied werden möchte. Sie hat abgelehnt.« Udo zuckte mit den Schultern und kaute weiter an den Fingernägeln. »Da hat er gesagt: OK, wenn nicht im Guten, dann eben im Bösen. Ja, und da bin ich dann dazwischen gegangen und Zack. Mehr weiß ich nicht, tut mir leid.«
»Du verarscht mich doch?« Szombathy blickte Udo fest ins Gesicht.
»Schön wäre es.« Udo hielt stand und richtete sich auf.
Gernot nickte und dachte nach. »Wir verschwinden hier! Pack ein, was du brauchst, alles Unnötige lassen wir hier. Es ist nur Zeug.«
»Hahaha! – Was?« Kernreiter dachte nicht im Traum daran, seine Habseligkeiten einem ungewissen Schicksal zu überlassen.
»Was ist? Denkst du etwa anders darüber?« Szombathy stand auf und legte Udo die Hand auf die Schulter. »Was ist mit Boom-Chakra-Chakra und der Entsagung jedes weltlichen Besitzes?«
»Hmpf!« Udo machte ein säuerliches Gesicht. »Was soll ich denn für eine Hilfe sein, bitte? Ich bin völlig überflüssig. Meine ganze Existenz ist völlig unnötig. Ich reinkarniere bestimmt als Plattwurm.«
»Red keinen Scheiß, Udo. Du bist gestraft genug«, schmunzelte Gernot und verpasste Kernreiter einen Klaps auf den Hinterkopf. Er packte Udo an beiden Schultern und blickte ihm tief in die Augen. »Du lässt dich nicht abwimmeln oder vertrösten und besorgst mir
Weitere Kostenlose Bücher