Macht und Rebel
serviert, das er selbst geschrieben hat; es geht darum, dass »die wirkliche Welt, die echten Größen, im Kopf drinne sind und nicht außen«. Hier kommt's. Alles anschnallen:
Aus meinem unendlich großen Gehirn
Blicke ich durch meine gigantischen Augen
Durch ein mittelgroßes Fenster
Hinaus auf die winzig kleine Welt.
Das Einzige, was hier stimmt, ist die Stelle mit den Augen. Dem KING OF ANALINGUS seine Kucker sind verdammt noch mal so groß, dass ich fürchte, sie wachsen bald in der Mitte zusammen.
Oben gehe ich als Erstes aufs Klo, um zu kotzen, aber nach einer kleinen, erfolglosen Weile auf Knien vor der Kloschüssel beschließe ich, den Fernseher anzumachen, ach nein, lieber rasiere ich mich. Ich mache mich oben herum frei und schmiere mich mit Gillette-Rasierschaum ein, wobei ich an eine Idealistengeschichte denke, die Fatty mal ganz begeistert erzählt hat, über den Rasiererkönig King Camp Gillette und seine »Metropolis«, die er bei den Niagarafällen bauen wollte; eine utopische Stadt, ein einziges, wahnsinnig großes, allein mit Wasserkraft betriebenes Gebäude mit Platz für 60 – in Worten: sechzig – Millionen Menschen. 60 Millionen. Idiot. Das wäre ganz sicher die Rettung der Welt gewesen. Der »Metropolis«-Plan ging aber den Bach runter, zugunsten des Gillette-Rasierers. Ausgezeichnet. Ab in den Schrank mit dem Idealismus, verkauf lieber was!
KAPITEL 2
FATTYS UNDERGROUNDPARTY – VORBEREITUNGEN
Fatty wählt eine Musik auf seinem Laptop aus, das mit einem potenten Sub-Woofer unter seinem Computertisch verbunden ist. Was für Musik er hört? Wenn keiner zusieht, tanzt Fatty öfter hands-over-head zu … ja, ob man's glaubt oder nicht: zu Moby. Jetzt aber tanzt er nicht, denn er hat sein Handy gezückt und fummelt im Adressbuch verzweifelt nach Pat Riot. Seine fetten Finger aber lassen die Namensliste im Display immer wieder am gewünschten Namen vorbeilaufen. An die falsche Adresse versandte Mails und SMS werden allmählich zu Fattys Markenzeichen. Mehrmals pro Woche passiert ihm das. Kürzlich zum Beispiel hatte er gerade eine wilde erotische Geschichte mit einem Araber-Teenie-Mädchen namens Fatima, dem er eine zutiefst romantische SMS schrieb, wonach er haarscharf an »FATIMA« vorbeitippte und bei »FATTYS VATER« auf »SEND« drückte, so dass Fritz Leiderstam, sein Erzeuger, eine Nachricht des folgenden Inhalts zu lesen bekam: »Oh you sexy BEAST, I wanna lick your butthole NOW, you hear me?« In der Sekunde, als die Nachricht abgeschickt wurde, entdeckte Fatty seinen Fehler, den er verzweifelt zu beheben versuchte, indem er »ÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄ« schrie und sein Handy an die Wand schmiss, wo es in tausend Stücke zerbarst, eine Reaktion, die sozusagen von einer Generation auf die andere übersprang, denn in eben derselben Sekunde schrie Vater Fritz ebenfalls »ÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄ« und warf seinen Apparat voller Abscheu an die Wand, wo er zerschellte. Seither hat der ärmste Fatty mit »Fattys Vater« nicht mehr gesprochen …
Stöhnend nimmt Pat Riot das Gespräch an, und Fatty fragt ihn, ob er sich eine Strategie hat einfallen lassen für die Rekrutierung und Organisation der Teilnehmer an der PUSH-Party Nr. 5. NATÜRLICH hat Pat Riot das getan. In Sachen Einfälle für Selbstorganisation kann Fatty Pat Riot blind vertrauen. Riot ist Fattys ältester, straightester und seriösester Mitarbeiter, vielleicht der einzige mit einer echten Ausbildung und ganz sicher der einzige, der eine geregelte Arbeit ausübte, bevor er beschloss, unter die Aktivisten zu gehen. Fatty nennt ihn oft ein »selbstorganisatorisches Genie«, so sehr Pat Riots zutiefst unterentwickelte sprachliche Artikulationsfähigkeit daran auch zweifeln lassen mag. Es stimmt aber auch, dass Pat Riot einigen Einblick in Selbstorganisationsformen hat. Bis 1997, dem Jahr, in dem er Frau und Kinder verließ, um sich gänzlich dem politischen Aktivismus zu widmen, saß er im Committee of United Nations Taliban Specialists – CUNTS – als Experte für politische Strategien islamischer Fundamentalisten. Pat Riot (ursprünglich Patrick Rimmelföt) meint, die afghanischen Taliban seien womöglich noch heute das weltweit beste selbstorganisierte oder sozusagen »alternative« System. Und er hat in seine eigenen Theorien bezüglich Rebellionsstrategien und Rekrutierungsmöglichkeiten viel von der talibanischen Bereitschaft zum Dissens übernommen. Seine wichtigste Erkenntnis (und sein oberstes Gebot) ist, dass man per def
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