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Macht und Rebel

Titel: Macht und Rebel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matias Faldbakken
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man so will.
    In Fattys Organigramm zeichnet Sören Martinsen für Logistik und Propaganda verantwortlich. Ob es um vorzubereitende Feste geht oder um Aktionen, jeder hat bei PUSH mehr oder weniger seinen festen Platz. Martinsen ist immer noch sauer wegen Remmy Bleckner; er hat schon öfter Bleckner und Fatty geschworen, sie könnten sich seinetwegen gegenseitig faustficken, bevor er wieder einen Job für PUSH übernehmen würde. Aber wie alle cheapen Kulturuntergrundarbeiter ist auch Martinsen todgeil auf Anerkennung und Status; er lässt kein Angebot ungenutzt an sich vorübergehen.
    »Ja hallo, hier ist Sören«, meldet er sich mit seiner cheapen Umstimme.
    »Frank. Ich ruf nur überall mal durch«, sagt Fatty.
    »Hier ist alles klaro«, sagt Sören Martinsen in einem Versuch, ähnlich street-wise zu klingen wie Pat Riot.
    »Cool«, stöhnt Fatty. »No bad feelings for Remmy?«
    »Don't remind me about him«, sagt Martinsen mit seinem lausigen pseudobritischen Akzent und legt auf. Fattys Englisch seinerseits klingt, als käme er aus Zimbabwe, aber Sören Martinsens unbegreiflicher, übelkeiterregender Brit-Akzent ist und bleibt unschlagbar.
     
    Hacker-Cato – nicht gerade das umwerfendste Genie – ackert wie ein Verrückter, um den Job zu erledigen, den Fatty ihm aufgetragen hat. Recht betrachtet, steht er seit jenem Tag in Fattys Schuld, an dem Fatty wegen des elektronischen Eindringens in das Datenarchiv der Zentralbank festgenommen wurde. Cato sollte die Mittel beschaffen, um Fatty aus der Haft auszulösen. Und wie ging er vor? Nicht etwa, dass er sich in irgendwelche Konten eingehackt hätte, wie jeder im Kopf einigermaßen helle Hacker es getan hätte. Oh nein. Von plötzlichen Zweifeln gegenüber seinem eigenen »Fach« befallen, meinte Cato, ein Postraub sei einfacher, als sich etwas Cash zu erhacken. Also gut: Postraub. Eine einzige Sache bedachte Cato genauer, bevor er zur Tat schritt, und zwar, wie er am Schalter Geld verlangen konnte, ohne allzu viel Aufsehen zu erregen. Er meinte, es werde am unverdächtigsten wirken, wenn er einen BRIEF hinlegte. So also sah der Umschlag aus, den er der Dame am Schalter hinhielt:

     
    Die außergewöhnlich intelligente Postangestellte erkannte tatsächlich, dass sie »Geld her« geben und es »sofort in Tüte legen« sollte, so dass – um eine lange, idiotische Geschichte rasch zu erzählen – Cato das Geld dankend (ja, er bedankte sich freundlichst) entgegennahm, aus der Post rannte und ihm draußen vor der Tür zunächst klar wurde, dass er sich die Mühe beim Erdichten dieser pseudoungarischen Adresse hätte sparen können, denn erstens hatte er keinen Fluchtwagen, zweitens keinen Fluchtweg im Kopf, drittens war er nämlich seit Jahren nicht mehr im Stadtzentrum gewesen, so dass er sich hier viertens kaum auskannte, fünftens war er außerstande, draußen im »wirklichen Leben« rasch etwas Konstruktives zu improvisieren, sechstens erkannte er, dass er dank seiner sitzenden Lebensweise ziemlich steife Beine hatte (der junge Mann war da gerade mal 28), was ihn daran hinderte, kurzerhand wegzuflitzen, siebtens nötigte ihn das, sich in seinen Hackerschädel zu verkriechen, weshalb er achtens nur noch zu heulen anfing, worauf neuntens ein älterer Herr auf ihn zukam, um ihm ein paar Münzen zuzustecken, was Cato zehntens erkennen ließ, dass er aussah wie ein Junkie, nicht wie ein Posträuber oder Hacker, was seinen bereits völlig überlasteten Hackergeist vollends ausrasten ließ, so dass er elftens dem hilfsbereiten Menschen die Tüte mit dem Geld über den Schädel zog, exakt in dem Moment, da zwölftens die Polizei um die Ecke bog und Cato wegen dieses Angriffs in Gewahrsam nahm, woran sich dreizehntens umgehend eine Anklage wegen schweren Raubes anschloss.
    So musste am Ende Fatty Cato mit einer Kaution aus dem Knast holen statt umgekehrt – Remmy Bleckner musste zunächst Fatty auslösen. Und Fatty war darüber nicht amused, es bescherte ihm einen drei Tage längeren Aufenthalt auf Staatskosten und rund sechzig Spitznamen seitens seiner Mitgefangenen, also zusätzlich zu den achtzig, neunzig, die er schon hatte. Nur ein paar Beispiele: Fettsau, Fettarsch, Fettbacke, Schweinebacke,
    Monsterbacke, Monstertitte, Speckmonster, Speck auf Beinen, Schmalztopf, Schmalzbottich, Schmalzfass, Speckkönig, Specknutte, Fleischaffe, Fleischkloß, fetter Hund, fetter Affe, Fettsack, Fettkönig, Speckprinzessin, Butterkloß, Speckschwarte, Schwartenpriester, Wabbelsack,

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