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Macht und Rebel

Titel: Macht und Rebel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matias Faldbakken
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seinem Kok im Bordell gangbangte … Dank seinem Schmuggel mit Kopien von Markenschuhen, -kleidung und -Software ist Fatty seither immer nur fetter geworden. Seine Idee war natürlich, das Geschäft nicht um des Profits willen zu betreiben, sondern als »subversive politische Strategie«. Das Faustfick-Argument ritt er in der Startphase bis zur Erschöpfung tot. Weihnachten 1996 formulierte er das Ganze in berauschtem Zustand etwas differenzierter:
    »Ich werde bei der Jugend ein Bewusstsein dafür schaffen, dass es viiiel cooler ist, queer zu sein als straight, ja, verkehrt ist fetter [sic!] als richtig rum, es ist fresh, kritisch zu sein, ja, und es wird pupseinfach, hörst du, pupseinfach, junge Leute davon zu überzeugen, dass sie den Mainstream ficken, indem sie õFAKE BRANDSã kaufen. Kein Mensch findet die großen Konzerne cool, nicht wahr, allen geht es ums feeling, nicht wahr, und das feeling, das es den Leuten beschert, wenn sie die Konzännporpaganna gegen die Konzänne selber umdrehen, das feeling ist viel cooler als das Konsum- feeling, nicht wahr, du altes Aaschloch …«
    Und siehe da, Fattys Klamotten und Software und Schuhe gehen weg wie warme Semmeln. Kein Wunder. Fatty reist durch die Welt, Kok Bang gibt ihm die Tipps, wo er die Großdealer mit Fake-Waren findet, zuletzt also in Indonesien. Seit Mitte der 90er Jahre wechselt ein Deal-Sealing-Drink mit der nächsten Deal-Sealing-Drug – nebenbei bemerkt, hat Fatty dadurch ein derart relaxtes Verhältnis zu Alkohol und Drogen entwickelt, dass es »plötzlich« wieder furchtbar unrelaxt ist. Apropos unrelaxt: Es ist für Fatty keine geringe Anstrengung, die elfjährigen Huren zu ignorieren, die ihm dort im Fernen Osten jedes Mal zahlreich am Hemdzipfel hängen. Nicht unerwähnt sollte bleiben, dass der Untergrund wie schon seit jeher auf youngness, freshness, newness und actuality aus ist – wie alle anderen auch. Daher vielleicht auch das Interesse an »frischen Mädchen«, das mehrere Mitarbeiter von PUSH miteinander teilen.
     
    Mittlerweile ist es acht Uhr, Arolf bringt mich nach Hause, denn ich sage ihm, dass ich es nicht aushalte, bei ihm in seinem Loch bis morgen früh um sieben vor der Glotze zu sitzen.
    »Also bis morgen?«, fragt Arolf und schaut starr geradeaus, obwohl der Wagen steht. Ich bin am Aussteigen.
    »Da mach ich mit Fotti und ihren Problemkindern ein Picknick«, sage ich.
    »Häää?« Jetzt schaut er mich doch an.
    »Ja. Warum auch nicht? Problemkinder verfügen über eine aggressive Sexualität, sind von Natur aus subversiv und GARANTIERT netter als du und Fatty«, sage ich.
    Arolf bläst dicke Rauchwürste aus der Nase.
    »Und Samstag?«
    »Tja, da müssen wir wohl oder übel zu Fattys Fest, nehme ich an?«, sage ich und gehe ins Haus. So gegen zwei Minuten lang warte ich auf die scheißlangsame Schnecke von Fahrstuhl, ohne irgendwen zu hören oder zu sehen, aber als das Ding kommt, materialisiert sich aus dem Nichts mein verfickt anstrengender Nachbar, der KING OF ANALINGUS, und hält mir übertrieben höflich grinsend die Tür auf wie ein Butler. Ich verkrieche mich so weit hinten in der Kabine, wie es nur geht. Schon geht der Scheiß los:
    »Ich denke immer mehr über die Dynamik zwischen Eltern und Kindern nach, Rebel. Du nicht? Nicht wahr, das Generationsparadox, nicht wahr. Ein banaler, aber interessanter Mechanismus. Und zwar so: Wenn du auch nur einen Hauch von Integrität besitzt, wirst du das genaue Gegenteil deiner Eltern. Nicht wahr, früher wurden die Kinder von ignoranten und unpolitischen Rassisten zu politisch korrekten und bewussten und engagierten Menschen, nicht wahr. Und deren Kinder wieder – also wir – sind egoistische, kalte, zynische, schadenfrohe Scheißbälger. Nicht wahr, ich hab vorm Fernseher gesessen und mich über die Flieger im WTC kaputtgelacht, während Muttern barmte und weinte. Das ist ein Zeichen für geistige GESUNDHEIT, nicht wahr. Aber jetzt, wenn eine Generation zu lange bleibt, dann kommt das Generationsparadox zum Tragen. Heute besteht folglich die Herausforderung – zum ersten Mal in der Geschichte – darin, GEGEN DIE EIGENE GENERATION ZU sein!«
    Würde ich, sagen wir mal, im neunten Stock wohnen statt im vierzehnten, wären mir geschlagene fünf bis sieben Sekunden von dieser gequirlten Scheiße erspart geblieben. Mit anderen Worten, nach dem »Generationsparadox« wäre die Fahrt beendet gewesen, aber ich bekomme vom KING OF ANALINGUS jetzt noch folgendes Gedicht (!)

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